architektur.aktuell 04/1999

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architektur.aktuell

International

Boris Podrecca: Die neue Räumlichkeit um einen historischen Bau/New Spaces Around a Historic Building

Von/by Vera Grimmer
Um und Zubau Schloss Stakorovec, Bozjakovina/Kroatien

Bei der Renovierung eines kleinen Landschlosses unweit der kroatischen Hauptstadt Zagreb hat Boris Podrecca eine klare Entscheidung getroffen, die sich von einer exakten denkmalpflegerischen Restaurierung eindeutig abhebt. Durch seine Intervention wurde der alten Substanz – ohne sie wirklich zu verletzen – mit zeitgenössischen Mitteln neues Leben eingehaucht. Das kleine Schloss, bestehend aus einem Herrenhaus und einem angebauten Verteidigungsturm, liegt in einer pastoralen, hügeligen Landschaft und gehörte einst zum Besitz des kroatischen Grafen Draskovic. Vor einigen Jahren hat der kosmopolitische Geschäftsmann Moralic das Schloss zusammen mit der dazugehörigen Landwirtschaft erworben. Die Landwirtschaft wird auf ökologischer Basis weitergeführt, während das Schloss dem Hausherren und seiner Familie als zauberhaftes Landrefugium dient.(…)

Heinz Müller: Mit Eleganz der Sonne entgegen/Elegantly Moving Towards the Sun

Von/by Kay von Westersheimb
Haus in Pfäffikon bei Zürich, Schweiz

Zu seinen Kunden zählen die weltbesten Modehäuser wie Bogner, Calvin Klein oder Esprit. Dieselbe Klarheit und Leichtigkeit, die das Interieur dieser Geschäfte auszeichnen, erreicht der Architekt Heinz Müller auch in seiner Architektur.
Für die vierköpfige Arztfamilie Lemberger baute er in der Nähe von Zürich hoch über dem Pfäffikersee ein mediterranes Haus: Ein rechteckiges, gegen Süden gerichtetes Gebäude, das als Querriegel zur Quartierstraße ganz an der nördlichen Grundstückgrenze steht und dort fast die gesamte Breite besetzt. So, wie die bis auf ein Manschettenoberlicht mit vorgesetztem Zargenfenster gänzlich geschlossene Nordfassade der Abschottung dient, präsentiert sich die durchwegs verglaste Südseite als unbegrenzte Lichtquelle, die jeden Winkel der fließenden Raumfolge belebt. Ein besonderes Merkmal dieser Gartenfront ist das weit ausladende, auf weiße Metallsäulen abgestützte Vordach. Seine Decke durchzieht ein verglaster Schlitz, der einen zusätzlichen “Lichtvorhang” vor die Fassade zaubert. Wie bei mediterranen Häusern üblich, bildet ein Schwimmbad den festen Bestandteil der aufwendigen Gartenanlage. Diese Freizeitzone, am südlichsten Rand des Grundstücks gelegen, beinhaltet ein würfelförmiges Poolhaus und ein 4 mal 11 Meter großes Becken aus rohem Beton.(…)

Léon Wohlhage Wernik: Kantig einfach und dennoch komplex/With Simple Sharp Edges and Yet Complex

Von/by Claus Käpplinger
Erweiterung eines Oberstufenzentrums in Berlin-Oberschönweide, Deutschland

Kantig und aufs Einfachste reduziert – so präsentiert sich das neue Gebäude der Berliner Architekten Hilde Léon, Konrad Wohlhage und Siegfried Wernik. Die minimalistisch anmutende Zurückhaltung verblüfft sowohl an ihrem Ort als auch in Hinblick auf die eigenwilligen Raumobjekte, die das Architektenteam bisher realisierte. Die völlig auf sich selbst bezogene Schachtel scheint nun nichts mehr mit jenen dynamischen Körpern zu verbinden, mit denen die Architekten bisher so erfolgreich “reparierend” in die Stadt eingegriffen haben. Noch vor wenigen Jahren hatten sie provozierend offen zur Auseinandersetzung mit Berlins zahlreichen in Raum und Erinnerung geborgenen Brüchen aufgefordert und – wider alle Erwartung an eine festgefügte Stadt – stets urbane Inseln in Bewegung geschaffen. Wie statisch, ja mächtig und verschlossen wirkt dazu im Vergleich der neue Baukörper, der als Erweiterung eines wilhelminischen Schulgebäudes eine befremdend große Distanz zu seiner Umgebung wahrt. Doch ganz so fremd und unvertraut ist seine Sprache nicht. Seine seltsame Maßstäblichkeit, Kubatur und Binnenform erweisen sich rasch als luzide Umsetzung eines sehr speziellen Raumprogramms in einer äußerst zerissenen stadträumlichen Situation.(…)

Essay

Stadtkultur versus Kulturstadt/City of Culture against Urban Culture

Von/by Reinhard Seiß
Urbanistische und gesellschaftliche Beobachtungen aus der Europäischen Kulturhauptstadt Weimar

(…)
1999 ist Weimar die Kulturhauptstadt Europas. Das hieß in den letzten Jahren – nüchtern betrachtet – viel Geld aus Brüssel, viel Geld aus Bonn, viel Geld aus Erfurt. Nicht nur für das Kulturprogramm selbst. Ein Vielfaches des Kulturbudgets umfassen die Subventionen für die Sanierung und den Umbau der Stadt. Schließlich wollten die Bundesregierung und das Land Thüringen den erwarteten sechs Millionen Besuchern sowie der medialen Öffentlichkeit keinen ostdeutschen Krisenstandort präsentieren. Zum dritten Mal in diesem Jahrhundert erhielt die heute 60.000 Einwohner zählende Stadt somit die Chance auf eine zukunftsweisende Entwicklung.
Allerdings gedenkt Weimar im Kulturstadtjahr nur zweitrangig jenen potentiellen Wendepunkten in seiner jüngeren Geschichte. 80 Jahre Bauhaus und 10 Jahre politische Wende stehen im Schatten des Goethe-Jahres. Der große Dichterfürst, Staatsmann und Wissenschaftler kam vor 250 Jahren zwar in Frankfurt zur Welt, doch verbrachte er 57 Jahre seines Lebens in Weimar. Goethe-Nationalmuseum, Goetheplatz, Goethe- und Schiller-Denkmal, Goethes Gartenhaus oder auch der Goethepark legen ein nachhaltiges Zeugnis davon ab.(…)

Österreich

Elke Delugan-Meissl & Roman Delugan: Reduktion und Spiel/Reduction and Interplay

Von/by Robert Temel
Wohnbau Grundäcker in Wien-Oberlaa

Der Wohnbau von Delugan-Meissl entstand im Rahmen eines städtebaulichen Leitkonzeptes von Gert Mayr-Keber. Die beteiligten Architekten wurden in einem Bauträger-Wettbewerb ausgewählt. Die anderen Bauteile – erst teilweise fertiggestellt – stammen von Helmut Richter, Otto Häuselmayer, Albert Wimmer sowie vom Verfasser des Leitkonzeptes.
Diese wenigen Daten markieren die besonderen Bedingungen, unter denen das Projekt entstanden ist: Einerseits war die städtebauliche Konfiguration in Form eines nach Westen geöffneten Wohnhofes vorgegeben, andererseits waren vom Bauträger beim Wettbewerb Errichtungskosten in der Höhe von 10.800,- öS pro Quadratmeter garantiert worden. Und diese Voraussetzungen bilden auch die Basis des Konzeptes: nämlich einerseits den Wohnhof zu öffnen, mit der Umgebung zu vernetzen und so die ausgrenzende Geschlossenheit eines Innenhofes zu vermeiden, und andereseits aufgrund des selbst für sozialen Wohnbau extrem niedrigen Budgets auf weitgehende Reduktion und Vereinfachung zu setzen. Dadurch konnte ein relativ großer Anteil für gut angelegte und ausgestattete Wohnungen aufgewendet werden. Trotz dieser Reduktion auf ein Minimum sollte der Bau großzügig wirken, sollte Platz bleiben für ein Spiel der Räume und Fassaden, sollte Einfachheit mit sinnlichen Qualitäten in Einklang stehen.(…)

Friedrich Kurrent: Brüche und Kontinuitäten/Breach and Continuity

Von/by Friedrich Achleitner
St. Laurentius-Kirche in Kirchham, Oberösterreich

Die neue St.Laurentius-Kirche im oberösterreichischen Kirchham korrespondiert mit der alten, kleineren in mehrfacher Hinsicht: dem Langhaus der spätgotischen Hallenkirche als “Breithaus” (13, 5 mal 18 Meter) zur Seite gestellt, ist sie – wie schon die alte Kirche – genau geostet. Dem hangseitigen, lichtdurchfluteten Ostchor des Bestands antwortet der Neubau mit einer geschlossenen, konchenartigen Apsis.
Die neue Pfarrkirche fügt sich maßstäblich und formal mit beinahe provozierender Unauffälligkeit in den Rahmen der umgebenden Dorfbebauung. Das außen verputzte, innen roh belassene Mauerwerk des Erweiterungsbaus setzt mit seiner Stärke von 75 Zentimetern zum gotischen Bestand (mit dem mächtigen Turm) ein würdiges, aber unprätentiöses Gegengewicht. Ganz ohne jede Schwere, durch ein dünnes Lichtband von den Umfassungsmauern abgehoben, wird die Kirche von einem schlichten Zeltdach in Leimbinderkonstruktion überspannt. Die Lichtführung erfolgt über zwölf hochliegende Fenster sowie über eine dreizehnte Öffnung in der Dach-Laterne, die die Kuppel der naheliegenden Wallfahrtskirche Stadl-Paura in Erinnerung ruft. (…)

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