architektur.aktuell 05/2006

architektur.aktuell 05/2006

big & easy

Foster and Partners: Hearst Tower, Manhattan, New York

Photos: Michael Ficeto/The Hearst Corp., Foster and Partners; Text: Robert Temel
New York im Aufbruch

1911 übersiedelte der Wiener Architekt Joseph Urban in die USA und ließ einige finanzielle Unregelmäßigkeiten hinter sich, die ein Jahr später zur Ausstellung eines Steckbriefes gegen ihn führten. Bereits in Wien galt er als eklektizistischer Architekt, dessen Arbeit von märchenhaften Buchillustrationen und Geschäftseinrichtungen bis zur modernistischen Villa Redlich in Döbling reichte. Auch in den USA behielt er diese Ambivalenz bei: Er plante üppige Bühnenbilder für die Bostoner Oper sowie die Met und die Disneyartige Villa Mar-a-Lago in Palm Beach ebenso wie die New School for Social Research von 1930, die als eines der ersten modernistischen Gebäude überhaupt in New York gilt. Eines seiner wichtigsten Werke in dieser Stadt wurde nun von Norman Foster umgebaut. 


Itten+Brechbühl/Baumschlager Eberle: Terminal 1A, Geräteinstellhalle und Infrastrukturgebäude am Flughafen Wien-Schwechat | Terminal 1A, vehicle garage, infrastructure building, Vienna International Airport

Photos: Roman Bönsch; Text: Andrea Nussbaum
Testbetrieb für den Skylink

Der Wiener Flughafen – so wie er sich heute den Reisenden präsentiert – ist eine bauliche Katastrophe. Der einst elegante Ingenieurbau aus 1960 wurde durch zahllose Umbauten zu einem unübersichtlichen Labyrinth: Konzeptlos wurde durch angestrebte Kapazitätssteigerungen dazugebaut und dabei eine Vielzahl an Oberflächenmaterialen verwendet, die noch stärker zu diesem heillos verwirrenden Stil- und Formen-Chaos beitrugen. Mit dem nun in Bau befindlichen neuen Skylink soll sich das ändern. Drei neue Gebäude der Projektgemeinschaft Itten+Brechbühl/Baumschlager Eberle, die auch den Flughafen-Masterplan erstellten, lassen ahnen, dass es – architektonisch gesehen – endlich besser wird.


Andreas Treusch: Air Cargo Center, Handling Center West am Flughafen Wien-Schwechat | at Vienna International Airport

Photos: Rupert Steiner; Text: Robert Temel
Visuelles Rückgrat 

Der Wiener Flughafen befindet sich seit mehreren Jahren im Dauerumbau – die explosiven Wachstumsraten nach der Ostöffnung erfordern Neubauten im Rekordtempo. Andrea Treusch ist Spezialist für das große Format er war die richtige Wahl für die Schaffung eines visuellen und funktionalen Rückgrats für den Flugbetrieb inmitten der Großbaustelle.


Essay

Größe hat Methode – die Architekturinstitutionen Frankreichs | Grandeur has its Methods – The Architecture Institutions of France

Text: Susanne Stacher
Die zahlreichen Architekturinstitutionen Frankreichs ermöglichen eine breit gefächerte öffentliche Auseinandersetzung mit Architektur. Sie haben die Aufgabe zu präsentieren und zu repräsentieren, denn in Frankreich trägt die Architektur einen wichtigen Beitrag zum Renomée der “Grande Nation” bei. Vor allem aber wird die Baukunst von den Staatspräsidenten zum Prestigeobjekt gemacht; jeder Präsident errichtet mindestens ein Monument, das an seine Amtsära erinnert. Das “Centre Pompidou” zum Beispiel ist nach dem ehemaligen gleichnamigen Präsidenten benannt; die Pyramide im Louvre wurde sogar im Direktauftrag von François Mitterand an I.M. Pei vergeben. Jacques Chiracs Prestigeobjekt, das Museum “Quai Branly” von Jean Nouvel, wird dieses Jahr eröffnet. 

Architects Bates Maher: “Poustinia” – Eremitagen, Glencomeragh House of Prayer, Kilsheelan in der Grafschaft Tipperary, Irland | “Poustinia” – Hermitages, Glencomeragh House of Prayer, Kilsheelan Co. Tipperary, Ireland

Photos: Ros Kavanagh; Text: Andrej Hrausky
Moderne Einsiedler im Jaccuzzi

Schon die erste Arbeit von Bates und Maher mit dem etwas ungewöhnlichen Namen “Poustinia” im Kloster Glencomeragh in der Nähe des Dorfes Kilsheelan in der Grafschaft Tipperary erweckt internationale Aufmerksamkeit. Die beiden erhielten dafür einige wichtige Auszeichnungen wie den “Regional Award 2005″ des RIAI (Royal Institute of the Architects of Ireland) oder den OPUS Architecture & Construction Award 2005. Dazu bekamen sie dieses Jahr auch “Downes Bronze Medal”, die von der Architectural Association of Ireland vergeben wird und die, trotz der im Namen angeführten Bronze, die höchste Auszeichnung des Landes in der Architektur darstellt. 

Gerhard Mitterberger: Sportstätte St. Lambrecht, Steiermark | St. Lambrecht sports complex, Austria

Photos: Zita Oberwalder; Text: Nikolaus Hellmayr
Einfach Bauen

Bauen an sich ist eine primitive Angelegenheit, was der Etymologie des Begriffs gemäß nichts Grobes oder Rückständiges bedeuten muss, vielmehr als das Erste, Ursprüngliche, wenn nicht sogar das Beste verstanden werden kann. Mircea Eliade verwendete gerne den Begriff “primordial”. Was Gerhard Mitterberger für die Sportanlage im obersteirischen St. Lambrecht entwickelt hat, gehört in diese erste Ordnung. Er scheint mit seinen bisher realisierten Sportstätten in Stallhofen, Bad Waltersdorf, Irdning und St. Lambrecht generell jene Grenzen abzuschreiten, an denen Architektur in ihrem ursprünglichen Sinn und Anspruch beginnt. 

eichinger oder knechtl: Restaurant Österreicher im MAK, Wien | Vienna

Photos: Rupert Steiner; Text: Matthias Boeckl
Wiener Wirtshaus heute

Das Museum für angewandte Kunst in Wien versteht seinen Auftrag ziemlich buchstäblich: Selbst das Museumsrestaurant soll ein Exponat, ein Vorzeigestück Kunst sein. Mit dem neuesten Umbau des MAK-Café durch Wiens bekannteste Gastronomiedesigner eichinger oder knechtl erfüllt Direktor Peter Noever diesen selbst gestellten Auftrag. 

Hermann Czech: Bar und Degustationslokal Weinhaus “PUNKT” in Kaltern, Südtirol | “PUNKT” bar and wine-tasting premises in Caldero, Italy

Photos: Günter Richard Wett; Text: Robert Fabach
Die Erfindung der Normalität

Südtirols Weinwirtschaft befindet sich in einem fulminanten Aufholprozess: Die ehemaligen “Kalterer”-Massenweine gewinnen immer mehr Qualitätsmarken dazu und auch das Marketing wird auf neue Beine gestellt. Dazu gehört natürlich auch die Architektur, die zudem perfektionierte Betriebsabläufe garantiert. Das neue Südtiroler “Bauen für den Wein” ist Teil des aktuellen regionalen Architekturwunders und wurde mit zwei neuen Kellereigebäuden von Walter Angonese in Gang gesetzt. Auf seine Initiative lud man nun auch “auswärtige”, einschlägig qualifizierte Architekten ein, an dieser Entwicklung mitzuwirken. Hermann Czech, der Pionier des neueren Wiener Gastro-Interieurs, lieferte hier – kurz nach Entfernung seiner Einrichtung für das Wiener MAK-Café – einen neuen Beweis dafür ab, dass die unauffällige Moderation gesellschaftlicher Vorgänge das eigentliche Ziel der Architektur ist.


Small&Smart

thalerthaler architekten: Zwei kleine Wohnhäuser in Wien | Two small houses in Vienna

Photos: Sina Baniahmad; Text: Matthias Boeckl
Größe im Kleinen

Die kleinteilige Siedlungsstruktur in der städtischen Peripherie Wiens hat eine große Tradition als soziales Hoffnungsgebiet. In den krisenhaften 1920er Jahren entstanden hier noch Selbstversorgersiedlungen von Adolf Loos und anderen Architekturidealisten, nach dem Zweiten Weltkrieg begannen sich hingegen Kleingartenanlagen vom Freizeitbereich zu vollwertigen Wohngebieten aufzuwerten. Für junge Familien bieten diese Zonen noch heute oft die einzige Möglichkeit, im Stadtgebiet zu einem erschwinglichen Einfamilienhaus zu kommen.

 

August Sarnitz & Günther-Maria Holnsteiner: Wohnbau in Wien-Glanzing

Photos: Pez Hejduk; Text: Matthias Boeckl
Fenster zur Welt Geschichte und Natur

Heute, wo alles möglich ist, versteht man kaum mehr die ideologische Inbrunst, mit der einst um Fensterformate gestritten wurde. Beispielsweise tobte im Paris der 1920er Jahre ein erbitterter Disput über das kulturell “richtige” Fenster zwischen den beiden modernen Architekten Le Corbusier und Auguste Perret. Le Corbusier, der Schweizer Avantgardist und Künstler-Architekt, verfocht mit Verve das Bandfester als Symbol der Modernität. Dabei dachte er vor allem an den Panorama-Blick nach außen, weniger an die Lichtregie im Inneren. Perret hingegen bestand auf der traditionellen französischen Fenstertür als einzig angemessener Öffnungsform des Wohnraums in den Außenraum. Der vertikale Ausschnitt ermöglicht nicht nur die Wahrnehmung eines vollständigeren Bildes der Außenwelt (von der Straße bis zum Himmel), sondern gewährt auch im Inneren mehr Möglichkeiten der Differenzierung einzelner Raumbereiche durch Licht. An diese Maxime hielt sich auch August Sarnitz beim Entwurf eines Zubaus zur ehemaligen Kinderklinik in Wien-Glanzing. Die 1912-13 von Carl Badstieber und Eduard Thumb erbaute “Reichsanstalt für Mütter- und Säuglings-Fürsorge” wurde vor einigen Jahren im Zuge der Neuordnung der Wiener städtischen Spitäler aufgelassen und an einen privaten Bauherren verkauft, der auch die Genehmigung erhielt, Teile des weitläufigen Parks der Anlage zusätzlich zum Umbau der Klinik in ein Wohnhaus zu bebauen. Hier entstanden Stadtvillen mit jeweils sechs bis acht Wohneinheiten von Günther-Maria Holnsteiner sowie ein Geschoßwohnbau von August Sarnitz, der auch den Jugendstil-Bestand umbaute und mit Ergänzungen wie einem großzügigen Indoor-Pool versah. Der Neubau inmitten der alten Bäume des Parks bietet durch die Fenstertüren ohne Unterzüge einen intensiven Naturbezug. Dabei, so Sarnitz, werden “drei Wohnungen als Reihenhäuser von außen erschlossen und drei darüber liegende Wohnungen über einen vorgelagerten Laubengang. Den unteren Wohnungen sind großzügige Gärten zugeordnet, die oberen Wohnungen verfügen über Dachterrassen mit großartigem Rundblick. Die einzelnen Räume erhielten raumhohe, vertikale Fenstertüren ohne Unterzug, wodurch sich der Lichteinfall in das Innere besonders dramatisch als Lichtfläche abzeichnet. Als Sonnenschutz fungieren Metallrahmen mit perforierten Metallblechen, welche als Faltelemente senkrecht zur Fensteröffnung montiert sind und so im geöffneten Zustand die Fassade rhythmisieren.”

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