architektur.aktuell 07/08/2004

architektur.aktuell 07/08/2004

ambient conditions

OMA | LMN: Seattle Central Library, USA

Photos: Christian Richters; Text: Dominique Boudet
Konstruktion, Struktur, Urbanismus

Die Bibliothek nimmt in Down-Town Seattle einen ganzen Block zwischen der 4th und 5th Avenue ein und präsentiert sich wie eine Anhäufung von riesigen, horizontalen Bauklötzen unterschiedlicher Höhe, die seitlich gegeneinander verschoben sind, gezügelt von einem Netz aus Stahl und Glas. Fassaden mit Schrägen und Gegen-Schrägen, freischwebende und überhängende Quader schaffen einen überraschenden Kontrast zur Vertikalität der benachbarten Gebäude. Und Rem Koolhaas musste sich nicht besonders bemühen, um das dynamische Potenzial dieses steilen Baugrunds auszuschöpfen.


NOX/Lars Spuybroek: “Son-O-House”, Son en Breugel bei Eindhoven, Niederlande | “Son-O-House”, Son en Breugel by Eindhoven, Netherlands

Photos: NOX; Text: Klaus-Dieter Weiß
Juke-Blob

Die Raum- und Klanginstallation bildet eine spielerische Landschaftserhebung in einem Gewerbegebiet zwei Kilometer vor Eindhoven. Der künstlerische Ausbruchsversuch aus dem städtebaulichen Pragmatismus, der amerikanischer in Europa kaum zu haben ist, signalisiert formal einen künstlichen ausgewaschenen Lehmhügel oder auch eine mutige Montage aus zerschnittenen aerodynamischen Flugzeugrümpfen. Weist der Beitrag also architektonisch zurück oder in die Zukunft? Gebrauchskunst will die im Detail scharfkantige öffentliche Streckmetallwolke für Pausen und Meetings der IT-Werker ringsum nicht sein. Die Effizienz liegt der schrillen Tonlage folgend in der Provokation.


Müller Reimann: Wohnanlage Lukasareal in Dresden, Deutschland | Housing Project “Lukasareal” in Dresden, Germany

Photos: Jan Maly, Ivan Nemec; Text: Claus Käpplinger
Die neue (europäische) Stadt

Mit dem neuen Wohn- und Geschäftsquartier Lukasareal haben die Berliner Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann in Dresden einen wichtigen Beitrag zu einer neuen Stadtarchitektur schwindender Dichte geleistet. Wie durch Adaption und Transformation vorstädtischer Wohntypologien ein neues urban anmutendes Amalgam entstehen kann, demonstriert ihr Projekt, das die zurzeit in Deutschland intensiv geführte Diskussion um eine neue Architektur für schrumpfende Städte beleben dürfte.


Delugan_Meissl: Wienerberg City, Wien | Vienna

Photos: Hertha Hurnaus; Text: Robert Temel
Individualität und Variation im Wohnbau

Vor etwa 15 Jahren fand der Wienerberger-Konzern für seine ungenutzten Flächen westlich der Triesterstraße in dem bis 1994 errichteten Immobilienprojekt Business Park Vienna eine erste Verwertung – das fertig vermietete Projekt wurde schließlich an die Immofinanz verkauft. Danach fand ein Wettbewerb statt, den Massimiliano Fuksas für sich entschied. Ergebnis waren das städtebauliche Konzept für die nächste Bauphase, die Wienerberg City, sowie der Twin Tower. Die Umnutzungsgewinne gilt der Eigentümer durch ein Schulgrundstück und Finanzierung eines Kindergartens ab. Auch im Hinblick auf die ungenügende Erschließung durch öffentliche Verkehrsmittel kann die Wienerberg City somit als typisches Beispiel aktuellen Investorenstädtebaus gelten.


Essay

Bauen in China | Building in China

Text: Christian Kronaus
Die Rolle des Architekten und die Architektur Pekings zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Als das Projekt “Commune by the Great Wall” von Sohochina 2002 bei der Architekturbiennale in Venedig mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wurde, galt das als Sensation in Architekturkreisen. Der Anspruch Chinas auf Anerkennung auf dem Gebiet der Architektur und das Streben nach Anschluss an die internationale Architekturszene wurden dadurch erfolgreich bestätigt. Grundlage für die enormen Entwicklungen Chinas bildet das hohe Wirtschaftswachstum. Im Bereich der Architektur lässt der dadurch entfachte Bauboom China zum Experimentierfeld internationaler Architekten werden. Besonders der für europäische Verhältnisse große Maßstab vieler Projekte und das hohe Tempo in der Umsetzung bilden für europäische Architekten einen hohen Anreiz, gleichzeitig aber auch eine große Herausforderung. Mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen bildet China die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt. Seit der unter Deng Xiaping eingeleiteten Öffnung des Landes kann China über die letzten zwanzig Jahre hinweg ein kontinuierlich hohes Wirtschaftswachstum vorweisen, das zu einer gewissen Stabilität in der allgemeinen Entwicklung des Landes führte. Mittlerweile ist der Wirtschaftsmotor aber bereits so überhitzt, dass Wirtschaftstheoretiker vor den Auswirkungen eines wirtschaftlichen Kollapses auf die Gesamtweltwirtschaft warnen. Das Ansteigen der Stahl- und Erdölpreise sind Indizien dafür. Nicht nur deshalb verlangt es von den politischen Verantwortlichen Chinas großes Fingerspitzengefühl, die Situation in den nächsten Jahren nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. 

abram & schnabl: Kurhauspassage in Meran, Italien | Kurhauspassage Shopping Arcade in Meran, Italy

Photos: Ludwig Thalheimer, Lorenzo Zampatti; Text: Andrea Nussbaum
Ein wohltemperiertes Passagen-Werk

Den architektonischen Verlockungen der Extravaganz zu widerstehen und im Gegensatz dazu auf die regionalen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen, mag beim Entwerfen nicht immer ganz leicht fallen, zeugt aber von Charakter und Stärke. Und gerade diese beschwört die neue Kurhauspassage. Ein Bau, der mit seinem städtebaulichen Ansatz südliche Atmosphäre generiert, der Selbstbewusstsein ausstrahlt ohne aber in Konkurrenz zu seiner Umgebung treten zu wollen, einer, der sich einzufügen vermag und dennoch eine selbstständige Haltung vermittelt. 

caramel: Haus_H in Linz, Oberösterreich | Austria

Photos: caramel/Clemens Kirsch; Text: Romana Ring
Dreizehneinhalb Meter über dem Hang

Es ist nicht leicht, dem Linzer Pöstlingberg Neues abzuringen. Der Hang ist steil, die Nachbargebäude nahe und was hier zum Thema “Bauen in der Landschaft” zu sagen war, hat Lois Welzenbacher mit seinem Haus Rosenbauer bereits 1929 auf den Punkt gebracht. Den stets experimentell gefärbten Schwung der caramel architekten haben diese Rahmenbedingungen nicht gebremst. Sie haben die allgemein anerkannten Zutaten eines gelungenen Wohnhauses vor landschaftlich ansprechendem Hintergrund: Nachempfinden der Topographie, Orientierung auf Sonne und Panoramablick, fließende Räume und einen ebenso fließenden Übergang zwischen Innen und Außen mit einer Prise neuer Technologie gewürzt und dank eines wagemutigen statischen Konzeptes bauplastisch überraschend präsentiert. 

Feyferlik & Fritzer: Haus R. in Graz | House R. in Graz, Austria

Photos: Paul Ott; Text: Matthias Boeckl
Das Baum-Haus

Ambient Conditions – die Arbeit an den Umgebungsbedingungen, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne, ist gerade im Einfamilienhausbau relevant. Kaum eine andere Bauaufgabe kann die Lebensqualität direkter beeinflussen als die scharfsinnige Interpretation einer gegebenen Situation zum Nutzen der Hausbewohner. Feyferlik & Fritzer beweisen das mit einem gelungenen suburbanen Refugium.


Small&Smart

Ingeborg Kumpfmüller: Schriftinstallation und Memorial in der Arbeiterkammer, Wien | Designed Text and Memorial in the Department of Labour, Vienna

Photos: Bruno Klomfar; Text: Matthias Boeckl
Geschichte, weitererzählt

Trendiges oder klassisches Graphic Design spielt heute nicht nur in Neubauten eine wichtige Rolle – auch zwischen den Zeitschichten, die sich in einem jahrzehntelang öffentlich genutzten Bürobau bilden, kann die gestaltete Schrift zum subtilen Verbindungsglied zwischen Geschichte, aktuellen Nutzungen und den davon betroffenen Sinnbezirken avancieren. Das beweisen die Interventionen von Ingeborg Kumpfmüller an einem alten und einem relativ neuen Bau der Wiener Arbeiterkammer. 

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