architektur.aktuell 10/2001

architektur.aktuell 10/2001

building culture

Hermann Czech
Heinz Tesar: Haus am Zwinger in Dresden, Deutschland|Germany
Friedrich Achleitner
Der besondere Ort

Es gibt wohl wenige Orte auf der Welt – von Bauplätzen ganz zu schweigen – die durch einen langen Prozess des künstlerischen Städtebaus und der Architektur geprägt, in einer einzigen Bombennacht zerstört und schließlich aus Bruchstücken wieder rekonstruiert und zusammengesetzt wurden. Heinz Tesars “Haus am Zwinger” ist an einer Stelle positioniert, die mit dieser Situation umgehen muss und neue Funktionen an das historische Ambiente heranführt.


Diener & Diener: Umbau des Hotels Schweizerhof inklusive Neubau des Migros-Marktes in Luzern, Schweiz|Basilica and Market Hall Conversion of the Hotel Schweizerhof and erection of a new supermarket for Migros in Lucerne, Switzerland
Basilika und Markthalle

In Luzern stehen seit einem Jahr zwei Neubauten der Basler Architekten Diener & Diener im Zentrum des öffentlichen Interesses. Sie sind Teil eines Umbaus des historischen Luxushotels Schweizerhof und werden in der Materialisierung stark im Kontext des nahen Kultur- und Kongresszentrums Jean Nouvels gelesen, vor allem wegen der großflächigen Fensterscheiben, der voroxidierten Kupferfassade und einer Handschrift gepflegter Details. Diener & Diener bereinigten den Hinterhofbereich des Hotels in raffinierter Weise und stellten dem historischen Hotel einen Solitär zur Seite, der sich beeindruckend in Szene setzt ohne die Umgebung zu dominieren. Die Architekten schafften echten Städtebau, der auch – selten genug – der Öffentlichkeit zugute kommt.


Andreas Valda
Fotoessay
MuseumsQuartier Wien|Vienna, Austria
Kunst-Betrieb

Ein wesentlicher Teil der Architektur des Wiener MuseumsQuartiers ist seine Wirkung nach außen, der urbanistische Effekt, der durch die vielfältigen und wechselnden Nutzungen erzeugt wird. Wie alle Museen haben aber die drei großen Institutionen am Platz – Leopold Museum, mumok und Kunsthalle – eine klassisch-architektonische, eine künstlerische Dimension in ihrem inneren Verhältnis zu den Kunstwerken, die hier präsentiert werden. Nach den fertiggestellten, aber noch leeren Baupräsentationen der letzten Monate zeigen wir deshalb das gerade für Kunstbauten – vor allem dieses Maßstabs – so wichtige Zusammenspiel mit den ausgestellten Kunstwerken. Von der Maßarbeit für die exakten Vorstellungen der Sammlerpersönlichkeit Rudolf Leopold bis hin zum “generic art space” des Museums moderner Kunst Stiftung Ludwig (“mumok”) haben Ortner & Ortner ein beachtliches Typenrepertoire für das MuseumsQuartier ersonnen: Verschiedenartige Räume, doch alle “ohne Handschrift”, für verschiedenartige Kunstwerke. Auch darin zeigt sich ihre “second-layer”-Planungsphilosophie: Erst der Nutzer, der Inhalt, die Oberfläche entscheidet, was aus der Architektur wird, die Software ist ebenso wichtig wie die Hardware, und die muss möglichst alle Anwendungen ermöglichen. 


Ortner & Ortner mit|with Manfred Wehdorn
Essay

SuperDutch afterthoughts
Bart Lootsma

In Architektur aktuell 7-8/2001 wendet Rem Koolhaas sich gegen die Folgen des undifferenzierten “brandings” einer Architekturbewegung – im konkreten Fall gegen das publizistisch reduzierte Verständnis neuer niederländischer Architektur. Bart Lootsma, dessen Buch “SuperDutch” im Titel selbst ein “Verleger-Opfer” dieses Marketing-Reduktionismus ist, weist nun warnend darauf hin, dass gerade im neo-liberalen “Architekturparadies” Holland bereits unübersehbare Krisenerscheinungen des verantwortungs- und qualitätsvollen Planens und Bauens auftreten. Er argumentiert, dass es wichtigere Probleme in der Architektur gibt als nur Fragen von Copyright und branding. Dieser Artikel, der hier in einer leicht gekürzten Fassung abgedrückt ist, wurde zwei Jahre nach SuperDutch geschrieben. Er erschien zuerst in POST.ROTTERDAM, dem offiziellen Katalog der Präsentation holländischer Architektur, die im Rahmen der europäischen Kulturhauptstadt Porto stattfand. 


Sadar Vuga Arhitekti: Eingangstrakt der Nationalgalerie in Laibach, Slowenien|Entrance Tract to the National Gallery in Ljubljana, Slovenia
Andrej Hrausky
Ein neues “Wohnzimmer” für Laibach

Die kürzlich fertiggestellte Verbindung zwischen den bestehenden Trakten der Slowenischen Nationalgalerie in Laibach ist ein weiterer Schritt in der langen Neugestaltung dieser Institution und verschafft ihr ein neues monumentales Inneres. Es ist das jüngste Projekt von Sadar Vuga Arhitekti, einem jungen Laibacher Architekturbüro, das in letzter Zeit auch im Ausland bekannt wurde (Architektur aktuell 237/238). Ziel des Entwurfs ist es, eine Art “Wohnzimmer” für die Stadt zu schaffen, das nicht nur als Galerie genutzt werden soll, sondern vorrangig für ergänzende Veranstaltungen wie Empfänge, Lesungen, Events, die auch zur Finanzierung der Galerie selbst beitragen könnten. 


Johannes Spalt: Ausstellungsbau für einen Bildhauer, Winden am See, Burgenland|Exhibition building for a sculptor, Winden am See, Austria
Matthias Boeckl
Ein Paravent für Plastiken

Spätestens seit dem Museum La Congiunta in Giornico für den Bildhauer Josephsohn von Peter Märkli ist die alte Aufgabe des Atelier- und Ausstellungshauses im Privatbereich des Künstlers wieder in den architektonischen Wahrnehmungsbereich getreten. Für plastische Objekte dominiert dabei die Anforderung des Deckenlichts und eine möglichst kompakte Wandumschließung der freistehenden Objekte. Für Johannes Spalt ergab sich so die Möglichkeit, sein bewährtes Paravent-System mit einem Atrium zu kombinieren – damit erfahren die Plastiken von Wander Bertoni im Kontext der alten Bauten auf dem Anwesen des Bildhauers eine selbstverständliche Präsenz: als Bewohner eines Hauses im Hofverbund.


Matthias Mulitzer: Bibliothekszubau in Kirchbach, Niederösterreich|Addition of a library in Kirchbach, Lower Austria
Matthias Boeckl
Studium in der Scheune

Ein kunstsinniger Banker, der sich auch als Verleger betätigt, ein Architekt, der sonst Klöster baut und ein kleines Bauernhaus, das einst den Eltern des Bauherrn als Wohnsitz diente: Diese Mischung hat gemeinsam mit der Geradlinigkeit der Beteiligten und der angestrebten beschaulichen Stimmung ein außergewöhnliches Stück Raum hervorgebracht. Selten begegnet uns die Bauaufgabe der Privatbibliothek, noch seltener wird sie so klar und unprätenziös, so einfach und präzise ausgeführt wie in dem bescheidenen Holzzubau zu einem kleinen Haus im Wienerwald.


Delugan_Meissl: Einfamilienhaus in Absam, Tirol|Single-Family House in Asbam, Tyrol
Robert Temel
Small&Smart
Kristalline Geborgenheit

Das Wohnhaus der Familie J., mitten im Tiroler Dorf Absam gleich hinter der Marien-Basilika gelegen, verbindet zwei eigentlich gegensätzliche Eigenschaften: Es ist einerseits äußerst transparent und öffnet sich völlig nach außen, während es gleichzeitig mit introvertierten Räumen und warmen Materialien Geborgenheit bietet und auf eine Weise “gemütlich” ist, die auch Karl Kraus akzeptieren würde. Die Entstehungsgeschichte des Projektes ist lang: Die Familie bewohnte eine Hälfte eines uralten Hauses, das bereits vor sehr langer Zeit in zwei unabhängige Gebäude geteilt worden war, und wollte ihre Wohnsituation verbessern, zunächst nur durch einen Stiegenumbau. Im Zuge der Planung zeigte sich bald, es dabei nicht bleiben würde, steigende Ansprüche an die zukünftigen Räume führten zur immer weiter gehenden Umplanung. Nach vielen Jahren der Vorbereitung und nun insgesamt vier Jahren Bauzeit ist dem Endprodukt nicht anzusehen, dass es eigentlich Ergebnis einer Altbausanierung mit erheblichen technischen Schwierigkeiten ist.


Peter Rogl: “Wienstation” in Wien-Lerchenfeld und Bierbar in Bregenz, Österreich|Artist’s space in Vienna and beer bar in Bregenz, Austria
Matthias Boeckl
Zeittypische Basisstationen

Cultural Images – dazu zählt als Visitkarte auch die Basisstation ambulanter urbaner Aktivitäten, wie sie viele junge Künstlergruppen heute unternehmen. Die “Wienstation” in einem der vielen Wiener Stadtbahnbögen ist ein exemplarisches Beispiel dafür. Auf beiden Seiten vom mehrspurigen Straßenzug des Gürtels eingefasst und in die Bogenöffnung des Dammes der in Hochlage geführten, noch von Otto Wagner geplanten Stadtbahn (heute prosaisch U6) eingefügt, repräsentiert sie eine von vielen möglichen Neunutzungen dieser urbanen Nischen. Der Architekt Peter Rogl ist überhaupt Experte für Zeitgeist: In Bregenz hat er den Prototyp einer neuen Art des Biermarketings entworfen: Für eine Großbrauerei richtete er hier ein Lokal ein, das mithilfe zeittypischer Oberflächen und Raumstimmungen ein neues Biertrinkerpublikum erschließen und das Getränk weg vom Traditionalismus bringen soll. 

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