architektur.aktuell 11/2005

architektur.aktuell 11/2005

life vs. style

sauerbruch hutton: Umweltbundesamt in Dessau, Deutschland | Federal Environmental Agency in Dessau, Germany

Photos: Annette Kisling; Text: Claus Käpplinger
Eine Schlange nachhaltiger Architektur

Ein Zentrum der Moderne war Dessau, der Ort des berühmten “bauhaus” und der “Junkers”-Flugzeugwerke. Wie keine andere Stadt im mitteldeutschen Industrie-Revier stand Dessau für die Versöhnung von Kapital und Arbeit, für fortschrittliche Sozial- und Kulturpolitik. Mit dem Verschwinden der Industrie und einer Region in der Krise ist nicht mehr viel davon geblieben. Umso erstaunlicher entstand mit dem neuen Umweltbundesamt von sauerbruch hutton nun gerade hier eines der innovativsten Bürogebäude Deutschlands.


René van Zuuk: Wohnbau “The Wave” in Almere, Niederlande | “The Wave” Apartment Block in Almere, Netherlands

Photos: Christian Richters; Text: Robert Uhde
Die Alu-Welle

Nach einer Masterplanung von Rem Koolhaas wird die niederländischen Stadt Almere seit einigen Jahren Stück für Stück nachverdichtet. Eines der interessantesten der dabei realisierten Neubauprojekte ist der vor wenigen Monaten fertig gestellte Wohnblock “The Wave” von René van Zuuk. Hinter seiner organisch geschwungenen und dabei fast schuppenartig strukturierten Außenhaut aus überlappenden Aluminiumpaneelen bietet der Bau 49 Appartements mit freier Aussicht auf einen See.


Zaha Hadid: Wohnbau Spittelau, Wien | Residential building in Spittelau, Vienna, Austria

Photos: Bruno Klomfar; Text: Andrea Nussbaum
Malewitsch lässt grüßen

Zaha Hadid hat das Unmögliche geschafft: Sie hat auf einem Bauplatz, der alles andere als ein “Platz zum Bauen” ist, einen Wohnbau errichtet. Souverän schweben drei Baukörper über den stillgelegten Bögen der ehemaligen Stadtbahn von Otto Wagner in Wien-Spittelau, begrenzt durch den Donaukanal und eine Schnellstraße. Tektonisch aufregend, den Gravitationsfragen zum Trotz, in einer für die Priesterin von spitzen Winkeln und schrägen Wänden typischen Formensprache: Die russischen Konstruktivisten hätten ihre Freude.


Hermann Czech: Hotel Messe Wien | Vienna, Austria

Photos: Margherita Spiluttini; Text: Matthias Boeckl
Wiener Visite

Am Rande des zentralen Wiener Naherholungsgebiets Prater mit Wiese, Wald und Vergnügungspark standen einst die Bauten der Wiener Weltausstellung. Nun erhielt das Gebiet mit dem neuen Messe- und Kongreßzentrum ein völlig neues Gesicht. Nicht weniger zeitgemäß präsentiert sich nun nebenan die mit Spannung erwartete Interpretation der Aufgabe “Hotel” durch einen Pionier des kultivierten Wiener Gastronomie-Designs – Hermann Czech. Die Erwartungen erfüllte er mit Konsequenz.


Pichler & Traupmann: Weingut Schützenhof, Deutsch Schützen, Burgenland | Schützenhof Winery, Deutsch Schützen, Austria

Photos: Paul Ott; Text: Matthias Boeckl
Klare Sicht auf Rot 

Anders, als es in der aktuellen Vermarktung der Bauaufgabe “Weingut” als Kabinettstück von Designerhand üblich ist, zeigt die neueste Arbeit von Pichler & Traupmann Selbstverständlichkeit und Gelassenheit. Material, Funktionen und Raumfolgen sind lapidar aus Geländeform und Erfordernissen der Vinifikation entwickelt, der ruhende Körper aus Glas, Beton und Holzoberflächen strahlt eine Klarheit und Direktheit aus, die keine falschen Mythen aufkommen lässt.


Raimund Rainer: Friedhofserweiterung Sölden, Tirol | Cemetery Extension in Sölden, Austria

Photos: Nikolaus Schletterer; Text: Bettina Schlorhaufer
Eine Mauer für die Toten

Ursprünglich hatte die Gemeinde Sölden im Tiroler Ötztal vor, ein eigens für diesen Zweck angekauftes Grundstück für eine Friedhofserweiterung zu verwenden. Beim diesbezüglichen Gestaltungswettbewerb reüssierte Raimund Rainer, obwohl er vom vorgegebenen Bauplatz in Hanglage oberhalb der Kirche abwich und stattdessen – gemäß der lokalen Tradition – eine Bebauung nahe der Kirche vorschlug. Sölden, eine Hochburg des Wintertourismus, nahm die Chance für eine Verbesserung der “Dorfentwicklung” wahr und setzte Raimund Rainers Projekt unter schwierigen räumlichen Voraussetzungen um.


Maria Flöckner: Umbau eines Würfelhauses in Salzburg | Conversion of a “cube” house in Salzburg, Austria

Photos: Stefan Zenzmaier; Text: Norbert Mayr
Nomaden im situativen Raum 

Die Pionier-Moderne rund um den Ersten Weltkrieg hatte noch ein untrügliches Sensorium für den Ort: Maria Flöckner zeigt, wie dieses Fingerspitzengefühl der Integration eines Hauses in eine barocke Kunstlandschaft zeitgemäß weiterentwickelt werden kann – und wie man dem Bestand neue, subtile Reize entlockt.


Alfred Bramberger: Umbau der alten Universität, Graz | Conversion of the “Alte Universität” in Graz, Austria

Photos: Paul Ott; Text: Nikolaus Hellmayr
Kontrastreiche Überschneidungen

Die so genannte “Alte Universität”, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Domkirche, Burg und Schauspielhaus eine hervorragende Position in der Altstadt von Graz besetzt und zu den bedeutendsten historischen Baudenkmälern der Stadt gezählt werden kann, ist zu einem Veranstaltungszentrum des Landes Steiermark umgebaut worden. Dem Umbau ging eine umfassende bauhistorische Untersuchung voraus, die sowohl die Grundlagen für die Sanierung des Bestandes als auch die Spielräume für die gestalterischen Eingriffe in die historische Substanz festlegte.


Small&Smart

Martin Mostböck: Thurner Moden in Eisenstadt, Burgenland | Austria

Photos: Udo Titz; Text: Gudrun Hausegger
Unprätentiöse Hülle für Damenmode

Thurner Moden, Eisenstadt: Ein weiteres von Architektenhand gestaltetes Geschäft im Meer der Kultläden? Ja, aber ohne die in der gegenwärtigen Ladenkultur so gängige Anlehnung an Trend und Ritus. Der Ladenumbau von Architekt und Designer Martin Mostböck in der Fußgängerzone Eisenstadts überzeugt durch seine gestalterische Zurückhaltung, die zunächst im fein abgestimmten Farb- und Materialmix (rot geäderter Marmor, weiß gebleichtes Sperrholz, Aluminium) merkbar wird. Eine Haltung, die jedoch nichts gemein hat mit der strategisch-asketischen Strenge, die man von anderen High-End-Läden kennt. Spürbar ist vielmehr das stete Experimentieren des Pragmatikers, der beide Gestaltungsdisziplinen optimal zum Einsatz bringen konnte. Die klare räumliche Organisation tritt dabei mit bildhaften Inhalten in Dialog, die den konzeptuellen Ansatz des Umbaus bestimmten: Die fließende, gewellte Wandverkleidung, zusammengesetzt aus Fertigteilen der Serienproduktion für Sesselschalen des Produzenten Braun-Lockenhaus, “fällt so wie Stoff auf weiblicher Haut” (Martin Mostböck) und verleiht dem Raum ein gewisses Bewegungsmoment. Die Paneelwand dient dazu, die Ware hängend oder liegend zu präsentieren. In diese “zweite Haut” sind die Verkaufs- und Vorlagepulte aus gebogenem und gefaltetem Aluminium gesetzt. Frei beweglich und vielfältig kombinierbar bringen sie dem Verkaufsraum funktionsbedingte Abwechslung. Die dichten Stoffbahnen der Umkleidekabinen sind bewusstes Stilmittel, das die Metaphorik des fallenden Stoffes anschaulich zur Darstellung bringt. Ein variables Lichtsystem erzeugt je nach Saison und Kollektion unterschiedliche Stimmungen. Für Eisenstadt bedeutet dieser Umbau ein klares Signal, das auf die wachsende Bedeutung architektonischer Qualität hinweist, die Thurner Moden (ein seit 1958 im Burgenland führender Familienbetrieb) in Hinblick auf die zunehmende Konkurrenz der Einkaufszentren erkannt hat. Diese stimmige unprätentiöse Neugestaltung von Thurner Moden begründet sicherlich auch die Nominierung des Ladenumbaus für den Loos-Preis 2005.

SOM: Freedom Tower am Ground Zero in New York

Photos: Jock Pottle/ESTO; Text: Gerald A. Rödler
Oktogon auf 880 Fuß

Der Wiederaufbau des World Trade Centers nach 9/11 ist ein viel diskutiertes Renommee-Projekt mit Symbolkraft. 2003 hatte Libeskind den Wettbewerb gewonnen und einen Masterplan erstellt, sein Entwurf für den Freiheit und Demokratie verkörpernden Turm sollte der Freiheitsstatue ähneln und 1.776 Fuß (541 Meter) hoch sein, um an das Jahr der Unabhängigkeitserklärung Amerikas zu erinnern. Sicherheits- und Umweltbedenken sowie Terrorangst ließen die New Yorker Polizei jedoch einen neuen Entwurf fordern. Im Mai 2005 verlangte schließlich Gouverneur Pataki eine Lösung bis Ende Juni. Chefarchitekt David Childs und die Planer von Skidmore, Owings & Merrill (SOM) New York wagten sich trotz dieses immensen Zeitdrucks mit Unterstützung von Autodesk an das komplexe Projekt.
Als offizielle Entwurfs- und Dokumentationslösung verwendet SOM Autodesk Revit Building auf der Buzzsaw-Plattform. Das Projektteam von über hundert Mitarbeitern (bei Baubeginn wohl an die tausend) aus neun Firmen greift dabei auf ein zentrales digitales Gebäudedatenmodell zu. Beim Building Information Modeling fließen alle Entwurfsdaten und änderungen in eine zentrale Datenbank, die Abstimmungs- und Änderungsfehler bis hin zu den Stücklisten verhindert. Externe Anwendungen wie beispielsweise Fluchtwegs- oder Energieverbrauchsanalysen können leicht integriert und auch etwaige Probleme der Bauphase vorzeitig erkannt werden. Eine 20.000 CAD-Dateien umfassende Dokumentation für den Freedom Tower wurde in nur fünf koordinierten Autodesk Revit-Datenbanken abgelegt. Das digitale Gebäudedatenmodell kann eine Gesamtbetrachtung des Lebenszyklus’ eines Projekts liefern und dabei Planung, Konstruktion, Haustechnik oder Facility Management zu jeder Zeit mit aktuellsten Daten versorgen. (Nie war man der Idee des Paperless Office näher: eigentlich müssen nur mehr die Einreichpläne auf Papier vorliegen.)
Die Basis des Freedom Towers von SOM ist eine 24 Meter hohe Lobby, über der mehrere Geschoße mit Gebäudetechnik liegen. 69 Geschoße mit über 240.000 m2 Büroflächen folgen, den Abschluss bilden Büros der Metropolitan Television Alliance, Restaurants, Aussichtsplattform und eine Antenne, deren Spitze die gewünschte Höhe von 1.776 Fuß erreicht. Von der kubischen Basis ansteigend bildet der Turm mit zunehmender Höhe acht gleichschenkelige Dreiecke aus, die bei 880 Fuß (268 Meter) ein perfektes Oktogon formen.
In der Skyline tritt der Freedom Tower in Dialog mit dem Empire State Building, je nach Ansicht erscheint er rechteckig oder als Obelisk. Direkt neben ihnen soll er die Gedenkstätten der zerstörten Twin Towers markieren und Lower Manhattans ungebrochenes Selbstverständnis als dynamisches Geschäftszentrum verkörpern.

att architekten: Wohnanlage in Nürnberg, Deutschland | Housing Development in Nuremberg, Germany

Photos: Stefan Meyer; Text: Wolfgang Jean Stock
Stadtvillen im Park 

Nürnberg bezeichnet sich gern als “fränkische Metropole”. Doch an bedeutender zeitgenössischer Architektur hat die mit rund einer halben Million Einwohnern zweitgrößte Stadt Bayerns vergleichsweise wenig zu bieten. Dass es einmal anders war, daran erinnert diese beispielhafte Wohnanlage im Nürnberger Westen: In ihr verbindet sich schöpferischer Denkmalschutz mit einem Ensemble neuer Bauten, die nicht zuletzt eine herausragende Wohnqualität aufweisen. 

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