Ein Besuch des österreichischen Pavillons auf der Expo 2025 in Osaka

Architektur als Beauty-Filter

Seit ihrer Geburtsstunde 1851 im Crystal Palace in London ist die Weltausstellung mehr als ein Schaulaufen von Nationen – sie ist ein Spiegel. Ein Spiegel der Selbstwahrnehmung, der Ideale, der Visionen. Welche Geschichte will ein Land von sich erzählen und wie repräsentativ ist die Architektur für das Selbstbild einer Nation?

Text und Fotos: Arian Lehner


Atmosphäre statt Attrappe Österreich war in den letzten EXPO-Ausgaben architektonisch stark vertreten. In Mailand 2015 etwa als schwarze „Schatzkiste“, die im Inneren mit Wald, Luft und Kühle glänzte – eine radikale Geste für Natur und Klima, die nicht mit Bildern oder Projektionen, sondern mit Atmosphäre überzeugte. In Dubai 2020 dann mit einem Pavillon aus konischen Formen von querkraft, der innen wie außen durch seine Oberflächen und Raumwirkung ein starkes Statement setzte. Architektur war hier mehr als Kulisse. Architektur war Inhalt. Osaka 2025 ist anders. Diesmal ist die Architektur eine Bühne – manche würden sagen: eine dekorierte Box mit Schleife. Das technisch durchaus beachtliche riesige Notenband vor dem Eingang wirkt wie eine Einladung zum touristischen Fotospot, gepaart mit Mozartklängen und viel interaktiver Bildschirmware im Inneren. Während früher die Architektur selbst die Aussage war, ist es diesmal ihre Verpackung.

Strategie statt Raumkonzept BWM Designers & Architects und facts and fiction entwickelten gemeinsam das Konzept „Composing the Future“. Österreich als Musiknation, als Brücke zu Japan: Die Musik zieht sich als Erzählstrang durch drei Räume, vom österreichisch-japanischen Verhältnis über wirtschaftliche Innovationen hin zu einer KIgenerierten Klangzukunft. Laut WKO, Bauherrin des Pavillons, zielt man damit auf positive Assoziationen. Verständlich. Und doch bleibt ein Beigeschmack. Wo einst architektonische Kohärenz war, ist nun szenografische Inszenierung. Wo früher ein räumliches Konzept trug, regieren in Osaka Screens und Storyboards. Die Kritik, es handle sich um eine bloße „Kiste mit Masche“, kontert das Team mit dem Konzept des „decorated shed“ – also einem funktionalen Volumen mit symbolischer Verkleidung. Die Box aus Standard-Elementen sei rückbaubar, gefertigt in Japan. Die Holzskulptur wurde in Österreich produziert, mit aufwendiger Schraubtechnik statt verleimtem Holz. Man will Kreislaufwirtschaft zeigen und leimfrei bauen. 

Holzbau anders gedacht Der umfangreiche Einsatz von Metallverbindungen steht im Kontrast zu den anderen Holzbauten auf der EXPO. Der Pavillon des Königreichs Bahrain etwa, entworfen von der libanesischen Architektin Lina Ghotmeh, setzt auf feinste Holzverbindungen. Inspiriert vom traditionellen Bootsbau, besteht die Struktur aus gebogenen Holzelementen, die nahezu ohne Metall auskommen. Auch der Pavillon von Usbekistan, gestaltet vom deutschen Büro Atelier Brückner, nutzt Holz als narrative und strukturelle Grundlage. Die Konstruktion ist vollständig demontierbar, gebaut aus lokalem Fichtenholz mit traditionellen Holztechnologien.

Ein riesengroßes Notenband aus Holz soll das sichtbare Element des Pavillons sein.

Und dann: Japan selbst. Das Gastgeberland zeigt, was möglich ist, wenn Hightech und Handwerk zusammengehen. Nikken Sekkei entwarf einen spektakulären Holzbau aus vorgefertigten Brettsperrholz-Platten, die nach der EXPO weiterverwendet werden können. Unterstützt durch Biogasanlage und Kreislaufstrategien entsteht ein Pavillon, der poetisch von Nachhaltigkeit in den unterschiedlichsten Formen erzählt. Gerahmt wird das gesamte EXPO-Areal vom gigantischen „Grand Ring“ von Sou Fujimoto. Die größte Holzstruktur der Welt umkreist die Pavillons wie eine Petrischale für das Experiment EXPO. Die beeindruckende 20 Meter hohe Konstruktion basiert auf traditionellen japanischen Nuki-Verbindungen – zapfenartigen Holzverbindungen, die ohne Leim oder Metall auskommen und sich durch ihre Spannkraft selbst fixieren. Ein Sinnbild für konstruktive Intelligenz und kulturelle Tiefe. Österreich, Land mit großer Holzbauexpertise, verwendet in Osaka reichlich Schrauben für die Lamellen. Sichtbar und erklärbar – aber nicht subtil. Die Argumente dafür sind technisch schlüssig. Die gestalterische Wirkung bleibt Geschmackssache. 

Botschaft oder Bühne? BWM Architekten betonen ihre Intention, Form und Inhalt zu verschränken. Der Pavillon sei eine bewusste Strategie: Musik als verbindendes Element, Architektur als Medium. Das Notenband als Symbol, das außen lockt und innen leitet. Die Spirale wurde leimfrei konstruiert, in Zusammenarbeit mit Hasslacher, der sie mitentwickelt hat. Eine technische Meisterleistung, deren Details sich jedoch dem Laienblick entziehen. Die Schrauben bleiben sichtbar, ebenso die Erklärung: „Wir wollten nicht verstecken, sondern zur Diskussion anregen.“


 

Ebenso auffällig ist der Einsatz zahlreicher Schrauben im Holz.

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