Future Talk

Auf die Zukunft selber bauen – Selbstbau im Geschosswohnbau

Ausbauhaus Neukölln, Berlin © Andreas Friedel

Hands-on- oder Eins-zu-eins-Projekte sind gerade im kleineren Maßstab gang und gäbe. Dahingehend bislang eher rar gesät: Selbstbauprojekte im Geschosswohnungsbau. Dabei liegt – neben dem Credo der Leistbarkeit – ein Augenmerk auf der kommunikativen und integrativen Funktion dieser Herangehensweise. Es geht um Vernetzung, Identifikation und aktive Teilhabe aller Beteiligten, unabhängig von der Herkunft, dem sozialen Status oder Einkommen. Wie ArchitektInnen derartige Prozesse und Realisierungen aktiv gestalten können und welche Herausforderungen und Chancen der Selbstbau mit sich bringt, erörtern Silja Tillner und Sabine Pollak im Interview.


Inwieweit sind Selbstbauprojekte derzeit (noch) ein innovativer Beitrag zur aktuellen Situation am Wohnungsmarkt bzw. wann sind sie als wirklich innovativ zu bezeichnen?

[Tillner]: Die hohen Kosten für Eigentum in den urbanen Ballungsräumen Österreichs sowie die gestiegenen Baupreise und Zinsen machen Eigentum für die meisten jungen Menschen nicht mehr aus eigener Kraft leistbar. BRICKBAU, ein Selbstbauprojekt in Ziegelbauweise, kann hier einen wichtigen Beitrag leisten und mit einer selbst organisierten Baugruppe oder mit einem Bauträger mit Baugruppenerfahrung umgesetzt werden.

[Pollak]: Einfamilienhäuser sind per se nicht innovativ, es sei denn, sie sind unglaublich flexibel, teilbar, mobil oder stapelbar konzipiert. Ich würde mir wünschen, dass es seitens der Industrie neue Systeme gäbe, die nicht nur auf Ziegel, sondern auch auf den Holzbau setzen. Zudem müssten die Normen adaptiert und Fragen der Bauphysik überdacht werden. Das Modell kann aber im verdichteten Wohnbau in jedem Fall etwas beitragen.


Silja Tillner © Fotostudio Huger

architektur.aktuell im Gespräch mit Silja Tillner...
© Fotostudio Huger

Kann der Selbstbau also eine Alternative zum klassischen Einfamilienhaus sein und in welchem Kontext ist er am sinnvollsten?

[Tillner]: Meiner Meinung nach ja, da er verschiedene Aspekte, die ein Einfamilienhaus so begehrenswert machen, vereint und dabei eine ökologische Alternative zum freistehenden Haus anbietet. Die Selbstbestimmung über die Konzeption, die Erscheinung und die Qualitäten des Ausbaus sind für zukünftige BesitzerInnen auch in finanzieller Hinsicht ein Anreiz.

[Pollak]: Ja, wenn die spätere Teilbarkeit großer Wohnungen gegeben ist. Wir würden ein enttechnisiertes Haus im Idealfall ohne Heizung planen, da gibt es dann keine Heizkrise. Ich sehe den Selbstbau derzeit auch aufgrund der Hindernisse im Mietrecht im Baugruppen- oder Eigentumsmodell. Für profitorientierte InvestorInnen ist das Modell eher nicht geeignet.


Wo liegen also konkret die Vorteile und Herausforderungen beim Selbstbau im Geschosswohnbau?

[Tillner]: Den direkten Außenbezug, den viele wünschen, kann man durch großzügige umlaufende Balkone und Terrassen anbieten, die während der Bauphase als Arbeitsbalkone dienen und den vertikalen Brandüberschlag verhindern. Darüber hinaus bringt der Selbstbau sowohl während der Errichtung als auch nach Bezug viele Angebote mit sich, die den Gemeinschaftssinn stärken.

[Pollak]: Herausforderungen liegen sicher in der Haftungsfrage, aber auch in den komplexen Zusammenhängen vertikaler und horizontaler Art. Der Selbstbau ist eine Lösung für ein bestimmtes Klientel, nicht aber für die breite Masse.


Ist Selbstbau im Geschosswohnbau eine klimatechnisch weniger problematische Alternative zur Selbstverwirklichung im Einfamilienhaus?

MEHR DAZU IN DER MÄRZAUSGABE

...und Sabine Pollak.
© Susanna Hofer

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