Interview mit Brian Cody

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Um die global akkordierten Klimaziele zu erreichen, müssten Europäer ihren derzeitigen Pro-Kopf-Verbrauch an Energie halbieren. Bis 2020 sollen laut EU-Richtlinie alle Neubauten Europas zu Nearly-Zero-Energy-Buildings werden. Doch das dürfte nicht genügen. Ein Gespräch mit Brian Cody, Vorstand des Instituts für Gebäude und Energie der TU Graz, Gastprofessor an der Universität für angewandte Kunst in Wien und CEO des Beratungsunternehmens Energy Design Cody, das an der Entwicklung innovativer Klima- und Energiekonzepte für Bauprojekte weltweit beteiligt ist.

Isabella Marboe (IM): Energetische Gebäudesanierung ist ein zentraler Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele. Wo sollte man da am besten den Hebel ansetzen?

Brian Cody (BC): Das wichtigste wäre zu überlegen, wie man diverse Strategien zu evaluieren hat. Denn wenn man falsch evaluiert, kommt man zur falschen Lösung. Darin sehe ich auch die Ursache für bestimmte Fehlentwicklungen.

IM: An welche Fehlentwicklungen denken Sie?

BC: Wir sind heute als Gesellschaft mit einem Energieproblem konfrontiert, das zum Großteil vom Bauen verursacht wird. Wenn Architektur als Profession relevant bleiben will, muss sie dafür Lösungen finden. Tut sie das nicht, besteht die Gefahr, dass es die Disziplin bald nicht mehr gibt. Denn die Lösungen werden zweifellos gefunden. Es ist nur die Frage: Wer findet sie? Alte Architekturkonzepte mit Wärmedämmung, Photovoltaik-Paneelen oder ähnlichen Technologien zu bekleiden, ist nicht die Lösung. Es geht darum, architektonische Antworten auf die anstehenden Probleme zu finden. Welche Lösungen kann die Architektur liefern? Wie drücken sich diese in der gebauten Umwelt aus – in der Konfiguration des Städtebaus, des Gebäudeentwurfs, im Grundriss, im Schnitt?

Gebäude

Modell der Baku Bank in Berlin von COOP HIMMELB(L)AU

Es geht darum, architektonische Antworten auf die anstehenden Probleme zu finden.

Brian Cody

 

IM: Energieeffiziente Häuser sind ästhetisch oft nicht ansprechend. Außerdem fühlen sich Planer von ihren Vorgaben häufig eingeschränkt.

BC: Die Frage ist: Sind denn energieeffiziente Gebäude wirklich energieeffizient? Da wären wir wieder bei der Evaluierung. Wir haben dafür eine Methode namens BEEP – Building Energy and Environmental Performance – entwickelt. Sie bildet die Performance als Verhältnis zwischen Energiebedarf und erreichter Qualität ab. Also welches Raumklima man in einem Gebäude schaffen kann und welche Energiemenge ihm zugeführt werden muss, um dieses Klima aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus sind die architektonischen und städtebaulichen Qualitäten einzubeziehen. Energieeffiziente Gebäude, unter denen die Qualität der gebauten Umwelt leidet, sind damit per definitionem nicht nachhaltig. Ich spreche immer von der Triade energieeffizienter Architektur: Ästhetik, Raumklima und Energiebedarf. Erst, wenn man diese drei in Einklang bringt, kommt man zu einer nachhaltigen Entwicklung.

Gebäude

Das Huyndai Motorstudio in Goyang von DMAA – Delugan Meissl Associated Architects

IM: Es gibt viele Zertifikate wie BREEAM, LEED, DGNB/ÖGNI – sind die schon ein Teil der Fehlentwicklung?

BC: Gut an diesen Zertifikaten ist, dass sie das Bewusstsein von Bauherren und Gesellschaft für das Energiethema erhöhen. Problematisch ist, dass viele dieser Systeme check-list-artig funktionieren bzw. viel zu einfach gestrickt sind. Energieausweise sind im Prinzip eine Art Vignette, wie man sie auf elektronischen Haushaltsgeräten findet – etwa einem Kühlschrank. Diese Art der Bewertung ist für ein komplexes Objekt wie ein Gebäude einfach nicht geeignet.

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