Jürgen Neugebauer über das Potential von Dünnglas in der Architektur

Formbares Glas

Science Tower in Graz von Markus Pernthaler Architekten Photo Jürgen Neugebauer

Dünnglas war bis dato vor allem auf Displays im Einsatz. Nun erobert es die Bauindustrie. Jürgen Neugebauer, Leiter des „Josef-Ressel-Zentrums für Dünnglastechnologien für Anwendungen im Bauwesen“ über das Potential eines neuen Materials.


Unter Dünnglas versteht man Gläser mit einer Stärke zwischen 0,5 mm und zwei Millimeter. Das Material unterscheidet sich nicht vom gewöhnlichen Glas, seine geringe Stärke aber führt dazu, dass es flexibler ist: Sehr dünnes Glas lässt sich daher gut krümmen, ohne dass es gleich bricht. „Vor dem ökologischen Hintergrund des Gobal Warming ist Dünnglas sehr interessant“, so Jürgen Neugebauer, Leiter des Josef-Ressel-Zentrums für Dünnglastehnologien an der steirischen Fachhochschule Joanneum. Denn dünneres Glas verbraucht weit weniger Ressourcen, man kann es flach produzieren und mit einem Kaltbiegeverfahren in Form bringen. „Glas kalt zu verformen, ist wesentlich kostengünstiger und ressourcenschonender, als es heiß bei Temperaturen über 600°C zu verformen.“ Dazu kommt die Geometrie: Dünnglas lässt sich, weil es so dünn ist -  ähnlich einem Blatt Papier – relativ leicht kalt zu einem Kegel oder Zylinder biegen. „Sobald man das Glas einspannt, bleibt es in dieser Geometrie stabil“, erklärt Neugebauer.

Bewegliches Faltdach aus Dünnglas Photo: Jürgen Neugebauer

Bewegliches Faltdach aus Dünnglas Photo: Jürgen Neugebauer

So gelang es, die Stärke der äußeren Hülle der zweischaligen Fassade des Science Tower in Graz von ihrer ursprünglichen Dimension von 2 x 8 mm auf 2 x 2 mm zu reduzieren. „Die äußere Hülle aus Dünnglas sieht aus wie ein Blatt Papier, das sich um den Turm legt. Durch die leicht windschief angeordneten Befestigungskonstruktionen sind die Gläser leicht gekrümmt, daher verformen sie sich unter Windbelastung nicht so stark“, so Neugebauer. Die Reduktion von Material spart viel Gewicht: ursprünglich ging man von 120 Kilo pro Glasscheibe (1 x 3 Meter) aus. Die Montage hätte einen Kran erfordert. Die schließlich eingesetzten Dünngläser wogen nur noch 30 Kilo und konnten von zwei Menschen getragen werden. „Wir brauchten keinen Kran, die Montage ging wesentlich schneller und war wesentlich kostengünstiger.“

Mehr zum Thema Dünnglas lesen Sie im "Future Talk" unserer Ausgabe

 architektur.aktuell 07/08

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