Komfort vs. Fortschritt – Neues Mobilitätsverhalten

Mit 300 PS zum Supermarkt am Ortsrand rasen, mit quietschenden Reifen in den Parkplatz driften, direkt zwischen den beiden Eingangsschiebetüren des Nahversorgers und der Drogerie – ein Traum der Spezies Bequemlichkeit. Das Statussymbol Auto ist nach wie vor Platzhirsch in den Diskussionen zur Gestaltung der Außenanlagen und den damit einhergehenden Debatten um Flächenverbrauch. Unsummen an Freiraum werden bei uns Tag für Tag in direktem Zusammenhang mit dem „heiligen fahrbaren Untersatz“ versiegelt. Allein jeder einzelne Parkplatz beansprucht mehr als zehn Quadratmeter – ein Alptraum für das rare Gut Boden. Traum oder Alptraum? Auto oder Boden? Oder schaffen wir es vielleicht doch, die Bequemlichkeit zu überlisten?
Text: Claudia Casagrande, Sarah Holler
Umkämpfter Stadtraum Diese zwiespältige Auseinandersetzung führt uns zunächst dazu, dass nutzbarer Freiraum im Regelfall nicht gerecht und ausgewogen aufgeteilt ist. Das betrifft in Bezug auf das Auto insbesondere den Straßenraum, wo Bestrebungen, ein sinnvolles Verhältnis zwischen Fußgänger:innen, Fahrrad- und Autofahrenden zu finden, auf Widerstand stoßen. Manchmal sind es Hausbesitzer:innen, die um das mühelose Abstellen des zweiten Autos bangen, immer wieder ist es die Sorge von Geschäftstreibenden, dass ohne Parkplatz vor der Tür der tägliche Umsatz leidet, und oft die Furcht seitens der Politik, Wähler:innen zu verlieren. Ihnen allen fehlen letztlich Wille und Mut zur Veränderung hin zu einer echten Mobilitätswende mit ihren positiven Effekten für die Menschen, das Klima und eine nachhaltige Zukunft.
Generation Bequemlichkeit Dem Begriff Mobilitätswende wird gerne mit Ablehnung begegnet. Denn zielstrebig verfolgt der bequeme Mensch Altbekanntes, bleibt bei dem, was „eh schon immer funktioniert“, und vermeidet vehement zu große Anstrengungen, etwas daran zu ändern. So entstand eine Generation der Faulheit, die das eigene Auto als praktischen Begleiter in jeder Lebensphase betrachtete und nutzte – stets mit dem Ziel, möglichst schnell möglichst weit zu kommen. Seither legen wir deutlich längere Strecken zurück. Das Resultat sind eine zunehmende flächige Versiegelung und die Verlagerung von Fachmarktzentren inklusive Parkplatz- Eldorado an die Stadt- und Ortsränder, die das Leben aus den Ortskernen langsam, aber sicher aussaugen.
Wir können den Traum leben und überall Freiräume mit ausgewogenen Angeboten planen, ideal zum Flanieren und für spontane Begegnungen.
Begegnungszone statt Parkplatz Eine Wende verlangt nach der Vorstellungskraft, alltägliche und eingespielte Verhaltensmuster neu zu denken. Statt im Stau zu stehen, die Bahn zu nehmen. Statt zu rasen, langsam und rücksichtsvoll zu fahren. Statt des Mopeds das E-Bike nutzen. Statt am Ortsrand einzukaufen, zu Fuß zum kleinen Greißler nebenan zu gehen. Mittlerweile gibt es aber bereits zahlreiche Ideen und umgesetzte Projekte, die bestätigen, dass sich der bequeme Mensch auch umstimmen lässt. Schon die Fläche eines einzigen Parkplatzes birgt unzählige andere Nutzungsmöglichkeiten. Das spiegelt sich beispielsweise in den Beiträgen des Wettbewerbs „10 m² Baukultur“ der deutschen Bundesstiftung Baukultur wider...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 4-5/2025. Der Volltext ist ab Seite 40 zu finden.