architektur.aktuell im Interview mit Ursula Schneider und Zoran Bodrožić © Roland Rudoplh

Das Einfamilienhaus ist aufgrund seiner schlechten Ökobilanz und des verhältnismäßig hohen Versiegelungsgrades seit Jahren immer wieder massiver Kritik ausgesetzt, und doch ist das freistehende Haus am Land (bzw. im Speckgürtel) unangefochtener Wohntraum vieler ÖsterreicherInnen. Ursula Schneider, Leiterin des Büros POS architekten, baut keine Einfamilienhäuser – Architekt Zoran Bodrožić baut fast ausschließlich Einfamilienhäuser. Ausgehend von diesen sehr unterschiedlichen Standpunkten waren wir mit den beiden ArchitektInnen im Gespräch zu der kontroversen Debatte um das Einfamilienhaus.


Im Jahr 2021 lebten 45,3 Prozent der österreichischen Bevölkerung in Einzelhäusern und 7,9 Prozent in Doppelhäusern. Demnach wohnte weniger als die Hälfte der ÖsterreicherInnen in Mehrparteienhäusern. Was, denken Sie, macht das Einfamilienhaus so attraktiv?

[Bodrožić]: Ganz einfach: Lebensqualität. Das Einfamilienhaus bietet, wenn richtig geplant, ein hohes Maß an Lebensqualität und Flexibilität für die Familienplanung. Stadtwohnungen im zweiten Stock, einseitig orientiert, ohne Balkon oder Grünraum, wie sie momentan 50 Prozent der Wohnbauprojekte in Wien ausmachen, bieten kaum Lebensqualität. Hinzu kommen noch die hohen Wohnpreise in den Städten. Daher weichen die Menschen auf die Speckgürtel aus, die ein Phänomen dieser Verdrängung sind. Die große Qualität der Einfamilienhäuser ist dabei der Bezug zum Grünraum. In einem Gründerzeithaus in Wien habe ich mit viel Glück Aussicht auf einen Park. Im Einfamilienhaus sitze ich sozusagen direkt im Park und habe den ständigen Bezug zum Außenraum, selbst wenn ich mich im Inneren aufhalte. In der Pandemie haben wir zu spüren bekommen, was dieser fehlende Grünraum bedeuten kann.

Zoran Bodrožić im Gespräch © Roland Rudolph

Zoran Bodrožić im Gespräch.
© Roland Rudolph

[Schneider]: Ich denke, was die Menschen im Einfamilienhaus suchen, ist das Grüne und die Ruhe. Paradoxerweise findet sich dieses Grüne nur mäßig in Einfamilienhaussiedlungen – oft erst nach einigen Jahren, wenn die Thujenhecken gewachsen sind. Im Prinzip würde dieser Wunsch nach Grünraum jedoch auch im verdichteten Wohnbau aufgehen, wenn es einen direkten Zugang zu einem Naherholungsgebiet gäbe, wie etwa der Lobau. Diese Beispiele gibt es nur nicht. Uns fehlt es momentan noch an Alternativen. Oft kommt auch das Argument auf, man ziehe „für die Kinder“ ins Einfamilienhaus, um ihnen mehr Bewegungs- und Spielraum zu bieten. Im Grunde haben diese Kinder dann allerdings nicht mehr Bewegungsraum als den eigenen Garten, wachsen dafür aber isoliert von Gleichaltrigen auf. Ich glaube, die Leute antizipieren nicht, was es bedeutet, fernab einer Wohngemeinschaft im Einzelhaus zu leben. Wer betreut die Kinder, wenn sie krank sind? Wie kommen sie zur Musikschule, zum Sport? Wer pflegt den Garten, wenn beide PartnerInnen berufstätig sind?

Ursula Schneider im Gespräch © Roland Rudolph

Ursula Schneider im Gespräch.
© Roland Rudolph


Wenn wir über die Probleme des Einfamilienhauses reden, meinen wir oftmals die Probleme der „Speckgürtelei“. Denken Sie, dem Einfamilienhaus werden zu Unrecht einige Stigmata der Speckgürtel-Problematik angehängt?

Das ganze interview


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