PROJEKTÜBERBLICK

Vier Architekturprojekte, die sich der Musik widmen

Diese fünf Bauwerke zeigen, wie Architektur selbst zum Resonanzkörper wird und wie Raum, Licht und Material Klang erlebbar machen. Vom stillen Arvo Pärt Centre im estnischen Kiefernwald bis zum fließenden Dach des Hauses der ungarischen Musik in Budapest übersetzen sie Rhythmus, Harmonie und Stille in architektonische Form. Eine Hommage an die Poesie des Hörens und an die Architektur, die zwischen den Tönen klingt.⁠


 

Sou Fujimoto⁠ | Haus der ungarischen Musik in Budapest
 

Ort: Zürich, Ungarn | Foto: Iwan Baan

Seinen strengen, glatten und weißen Formenkanon, für den er berühmt wurde, hat der japanische Stararchitekt Fujimoto in Budapest erstmals überwunden: Mit dem radikalen Gegenbild einer Natur-Ästhetik, die einen Wald in Architektur übersetzen will, beschwört er die Universalität von Musik. Leitmotiv Baum. Das Leitmotiv „Baum“ steht im Mittelpunkt des „Hauses der ungarischen Musik“, das Fujimoto in Budapest in der Nähe des Heldenplatzes entworfen hat. Die Oberfläche ist von hundert Löchern durchbrochen. Das Haus mit seinem perforierten Dach-Diskus wirkt wie eine Mischung aus Shigeru Bans Hanegi Forest in Tokyo in den Obergeschossen und SANAAs Glasmuseum in Toledo/Ohio im Parterre. Die Idee, ein Gebäude um vorhandene Bäume herum zu formen, kennt man auch von Sverre Fehns Pavillons auf dem Biennale-Gelände in Venedig. Fujimotos Entwurf war in einem Wettbewerb mit 168 Teilnehmern ausgewählt worden. Auf dem Grundstück befanden sich zuvor die Hungexpo-Büros, die für den japanischen Neubau abgerissen wurden. Das Haus der Musik bietet Raum für Ausstellungen und Konzerte: „Es beherbergt Musik und Musikvermittlung an einem Ort“, sagt Direktor András Batta. [mehr]


 

 

Mostlikely Architecture⁠ | Kulturpavillon Semmering

Ort: Semmering, Österreich⁠ | Foto: Hertha Hurnaus⁠

Im Winter des Jahres 2022/23 hatte das renommierte Festival Kultur.Sommer.Semmering im Grandhotel Panhans eine neue Spielstätte gefunden, allerdings bot sich dort kein Saal in erforderlicher Größe. Das Aufstellen eines mobilen, nur für die Dauer des Festivals errichteten Pavillons, erschien der Festivalleitung als ein denkbarer Weg aus der vorhandenen Raumnot. Der Intendant, Florian Krumpöck, wandte sich für dieses Projekt an Mark Neuner, den Gründer des Wiener Architekturbüros Mostlikely Architecture. Seine Kompetenz zur Planung feingliedriger Pavillons vor historischem Hintergrund gilt spätestens seit der Fertigstellung der Weitsicht Cobenzl als etabliert. Doch Mostlikely Architecture verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, in dem ökologische und gesellschaftliche Themen einen hohen Stellenwert haben. Die von den Auftraggebern zunächst gehegte Vorstellung, einen aus dem – immerhin europäischen – Ausland herangeschafften Glaspavillon nachträglich klimatechnisch und akustisch zu ertüchtigen, war nach Erstellen einer realistischen Kostenschätzung schnell verworfen. Nun lag es an Mostlikely Architecture, in der mittlerweile verblieben Frist von vier Monaten einen multifunktionalen Raum nach Kriterien ökologisch und ökonomisch gleichermaßen strenger Sparsamkeit zu entwickeln. Und dies im Einklang mit einem Ort, der schon bald ein anderer sein wird. [mehr]


 

Nieto Sobejano Arquitectos⁠ | Arvo Pärt Centre

Ort: Laulasmaa, Estland⁠ | Foto: Roland Halbe

Musik spielt in den baltischen Ländern seit Jahrhunderten eine große Rolle. Sie gab den Menschen die Kraft, während wechselnder Fremdherrschaften den inneren Zusammenhalt zu wahren. Mit Arvo Pärt hat Estland einen großen lebenden Komponisten neuer Musik. Tiefe Wertschätzung wird ihm im eigenen Land sowie weltweit entgegengebracht. „Mystische Tiefe“ oder „Innigkeit und Expressivität“, so begründet die Fachwelt die Faszination für Pärt. Geschult an spiritueller mittelalterlicher Musik und gregorianischem Gesang, war er ebenso einer der ersten Musiker in Estland, der in Zwölftontechnik komponierte. Seine gleichermaßen ruhige wie kraftvolle Musik berührt. Das gilt für seine geistlichen Chorwerke wie ebenso für ein Stück wie Tabula Rasa von 1977. Die 23 Minuten lange Komposition nimmt den Zuhörer mit bewegenden Geigenstimmen und Momenten der Stille, in denen kein einziger Ton zu hören ist, gefangen. Geprägt von sparsamer Notation und strengen Regeln gehört sie zu Arvo Pärts charakteristischem Tinntinnabuli-Stil. So wurde er im Westen bekannt, im eigenen Land blieb er unter dem Sowjet-Regime ein unbequemer Avantgarde-Künstler. 1980 musste Arvo Pärt mit seiner Familie emigrieren. Zunächst für ein Jahr nach Wien, wo er die österreichische Staatsbürgerschaft annahm, dann nach Berlin. 2010, nach drei Jahrzehnten, kehrte er nach Estland zurück. [mehr]


 

Snøhetta⁠⁠ | Kunst-, Musik- und Designfakultät der Universität Bergen

Ort: Bergen, Norwegen⁠ | Foto: Trond Isaksen⁠

Wie ein Gebäude eine ganze Fakultät verändern kann, welchen Einfluss Architektur auf jene haben kann, die ihr Angebot zu nutzen verstehen, lässt sich am Neubau der Fakultät Kunst, Musik und Design der Universität im norwegischen Bergen beobachten. Das Haus ist gewissermaßen ein gebautes Lehrprogramm. Anlass war die geplante Vereinigung mehrerer bislang in verschiedenen Gebäuden verstreuter Lehrbereiche unter einem gemeinsamen Dach. Die Standortwahl fiel auf das Grundstück der ehemaligen Kranfabrik Munck in einem innenstadtnahen, in Konversion befindlichen Industrieareal. Die blinkende Fassade aus Rohaluminiumpaneelen soll noch Erinnerungen an die industrielle Vergangenheit vermitteln. Sie ist wie ein Puzzle aus unterschiedlichen Formaten zusammengesetzt, was individuelle Befensterung je nach Nutzung und Bedarf der Innenräume ermöglichte. Öffnen Konfigurationseinstellungen Uni Acht gläserne Erker bieten Einblicke in das Gebäude. Man beobachtet Studenten bei der Arbeit, beim Lesen oder Pausieren. Schon die Eingangsfront am Vorplatz, der seinerseits Ort für Aktivitäten der Hochschule ist, öffnet sich einladend wie ein riesiges Schaufenster. [mehr]


 

Pichler & Traupmann⁠⁠ | Future Art Lab der Musikuniversität Wien

Ort: Wien, Österreich⁠ | Foto: Paul Ott

Das Herz einer innovativen Ton- und Filmkünstlerausbildung von heute ist ein technoider Labor-Cluster, der alle technischen Möglichkeiten bietet. Mit ihrem neuesten, in jeder Hinsicht zeitgenössischen Haus hat die Musikuni Wien ein großes Los gezogen. Das neue Haus für verschiedenste experimentelle und klassische Kunstpraktiken der Musikuniversität Wien bildet einen perfekten Schlußstein am zentralen Park ihres schönen Campus inmitten eines alten Wiener Biedermeier-Quartiers. Die planerische Herausforderung bestand darin, an der südlichen Schmalseite des kleinen Parks mit wunderbar altem Baumbestand ein neues Haus für drei große Einrichtungen mit sehr speziellen Raumbedürfnissen zu errichten: das Institut für Elektroakustik und Komposition, die Filmakademie sowie das Institut für Tasteninstrumente. Die Proportionen des Gebäudes wurden seiner Rolle als Abschluss des rundum locker von freistehenden Bauten gerahmten Platzes angepasst: „Eine moderate Höhenentwicklung, eine Einbindung in die volumetrische Entwicklung der Nachbarbauten sowie eine räumliche und funktionale Bezugnahme auf das zentrale, freie Feld, den ‚Campus‘ im wörtlichen Sinn, schien wichtig“, erklären die Architekten. [mehr]

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