Diskussionsrunde geleitet von Arian Lehner und Selina Wach

Wohnen | Freiheit, Individualität und Nachhaltigkeit

Die Gestaltung von Wohnräumen bewegt sich zwischen zwei Polen: der flexiblen, offenen Planung im Wohnbau trotz Vorschriften und der Freiheit der BewohnerInnen zur individuellen Gestaltung. In der Diskussionsrunde standen Fragen zur geschichtlichen Entwicklung des Wohnens, der Bedeutung von hochwertigem Material und der nachhaltigen Funktionalität von Wohnmöbeln im Mittelpunkt.


Mit unterschiedlichen Perspektiven aus Architektur, Innenarchitektur, Handwerk und Materialentwicklung bot die Diskussion mit Bernadette Krejs, Katharina Urbanek, Hannes Radaschitz, Marion Fussi und Kristina Breitwieser vielseitige Einblicke in aktuelle Herausforderungen und Potenziale der Wohnraumgestaltung.

Wie wichtig ist es im Wohnbau, „neutral“ und flexibel zu planen, um den Bewohner:innen maximale Freiheit ihres Wohnens zu lassen?


[Bernadette Krejs]: Man kann sagen, es gibt normierte oder standardisierte Räume, wie wir für die Masse bauen. So wie zum Beispiel die 75-Quadratmeter-Kleinfamilienwohnung teilweise als „Norm“ gilt. Wir sind aber eigentlich als Gesellschaft ziemlich divers. Wenn man sich anschaut, wie AlleinerzieherInnen woh-nen, wie Menschen im Alter wohnen: Wir alle passen nicht in diese neutralen oder in diese standardisierten Räume. Ich würde deshalb dafür plädieren, dass man sehr divers baut oder eben flexibel baut. Nicht im Sinne von mobilen Wänden, sondern vielmehr von ei-nem vielfältigen Angebot an Möglichkeiten. Das würde ich unter Flexibilität verstehen: dass es mehrere Optionen des Zusammenle-bens gibt, die sich an unterschiedliche
 Lebensbedürfnisse anpassen.

[Katharina Urbanek]:  Ich glaube, Wohnbau ist nicht gleich Wohnbau und wohnen ist nicht gleich wohnen. Wir beschäftigen uns unter anderem mit Umbauprojekten, die ganz andere Voraus-setzungen als ein Neubau in einem Stadterwei-terungsgebiet haben. Man kann nicht alles auf dieselbe Art und Weise beantworten. Die über 100 Jahre entwickelte Flächenoptimierung im Wohnbau hat viel Potenzial für ökonomische Freiheit gebracht, wie auch für die Unabhän-gigkeit berufstätiger Frauen. Das hat mit einer gewissen Optimierung der Möbel zu tun. Wenn ich an Margarete Schütte-Lihotzkys „Wohnung der berufstätigen Frau“ denke, dann ist das im Endeffekt ein neutraler Raum, dessen Nutzung quasi von jeder Seite neu definiert werden kann.

Ich würde dafür plädieren, dass man sehr divers baut oder eben flexibel baut.

Bernadette Krejs (Dr.in DI)

 

© Eric Sviratchev

Wie plant man Wohnraum für Menschen und zukünftige Generationen, die man als Planer:in nicht kennt?


[BK]: Die Gründerzeit ist das perfekte Beispiel: Seit 150 Jahren finden wir hier Kindergärten, Arztpraxen, Familienwohnungen oder auch Wohngemeinschaften. Es ist einerseits die standardisierte Größe und andererseits die Großzügigkeit der Raumhöhen und der Materialien, die für sehr unterschiedliche Nutzungen funktionieren. Ich frage mich, ob die Wohnbauten, die wir heute bauen, in 150 Jahren auch so flexibel funktionieren werden.

[Kristina Breitwieser]: Wir haben beispielsweise eine riesige Freude, wenn wir in Gründerzeithäusern Stiegen renovieren. Das sind oft massive Treppen, die aus heimischem Sandstein gemacht sind. Im Gegensatz zu heute, wo in vielen neueren Bauten das Stiegenhaus aus Preisgründen nur mit Fliesen ausgestattet wurde. Aber die Nutzung von langlebigem, beständigem Stein ist auch im günstigen Wohnbau möglich.

[Marion Fussi]: Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man hochwertige Materialien verwendet, weil man die ganz anders wiederbeleben kann. Wenn ich einen Naturstein habe oder ein Naturholz, dann kann ich das besser sanieren. Wenn ich hingegen Materialien wie Fliesen verwende, dann wird das Sanieren schwieriger als beim Naturstein, der auf 
 Langlebigkeit ausgelegt ist.

[Hannes Radaschitz] Ich bin in der Steiermark zu Hause und würde sagen, dass 80 Prozent „Häuslbauer:innen“ sind und die anderen 20 Prozent bereits etwas haben, in dem sie weiterleben. Im Gegensatz dazu gibt es in Italien, in der Region meiner Frau, genau einen Häuslbauer. Fast alle nutzen den Bestand, den es schon in der Familie gab...


Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 3/2025. Der Volltext ist ab Seite 50 zu finden.

© Eric Sviratchev

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