ARCHITEKTURKONSULAT | Vierkanthof, Saaß

Ohne Navi? Keine Chance dieses Haus zu finden. Am Ende geht es durch Wald und Wiesen zu einer reizvoll gelegenen Hofstelle im nördlichsten Waldviertel in Österreich. Die Topographie rund um das Haus hat Bilderbuchqualitäten: leicht abfallende Hänge, abwechslungsreiche Vegetation und am tiefsten Punkt des Grundstücks ein Teich, der vom Haus aus sichtbar ist. Wohl seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts (der Dachstuhl ist mit „1880“ datiert) existiert der kleine Vierseithof als Mittelpunkt der ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die nächsten NachbarInnen sind weit.
Text: Georg Wilbertz | Fotos: David Schreyer
Vom Hof zur Erholung Die Bewirtschaftung der Hofstelle liegt, bis auf die Weiterführung der nachbarschaftlich organisierten Holzwirtschaft, lange zurück. In den 1960er Jahren gelangte das Anwesen in den Besitz der heutigen NutzerInnenfamilie. Die abseitige Lage erleichterte der heute verantwortlichen Generation, die Nutzungsfrage pragmatisch zu lösen. Die Entscheidung fiel auf eine behutsame Umwandlung zum Wochenendhaus. Zunächst gab es Bedenken, ob eine Nutzung als Wochenendhaus vertretbar sei. Doch schnell wurde klar: Andere Funktionen wären hier kaum realisierbar. Einem regionaltypischen historischen Gebäude und seiner identitätsstiftenden Bedeutung eröffnete sich dadurch eine Perspektive.

© David Schreyer
Verzicht auf Optimierung Auf die Entscheidung für die Funktion folgte zwischen der BauherrInnenschaft und dem Wiener Büro ARCHITEKTURKONSULAT (Kilian Mattitsch und Walter Kräutler) ein differenzierter Prozess der Ideenfindung. Eine umfangreiche technische Aufrüstung (unter anderem große neue Heizungsanlage) des Hofes wurde angedacht, um eine ganzjährige komfortable Nutzung aller Gebäudeteile zu ermöglichen. Letztlich entschied man sich jedoch, auf all dies weitestgehend zu verzichten und mit möglichst einfachen Maßnahmen eine nutzbare Wohnsituation herzustellen. Diese Entscheidung beeinflusste nicht nur die Nutzung, sondern auch das Bewusstsein für die Identität des Ortes.
Haus-im-Haus-Prinzip Die naheliegende Lösung, den ursprünglichen Wohntrakt dem neuen Zweck anzupassen, wurde verworfen. Bis heute unverändert erzählt er mit seinen Räumen, Möbeln und Details die hier seit drei Generationen gelebte Familiengeschichte. Man entschied sich, in den ehemaligen Scheunentrakt eine zweite, zweigeschossige Wohnung einzubauen. Diese hält bis auf die beiden raumhohen, wandbündigen Panoramafenster auf der Hof und Gartenseite einen raumhaltigen Abstand zu den alten Mauern und Pfeilern der Scheune. So entsteht eine Übergangszone zwischen dem neuen Baukörper und dem Außenraum – mit vielfältigen Die überdachte Terrasse schafft eine atmosphärische Verbindung zwischen Altbestand, Neubau und Landschaft. Wir wollten das Haus durch die bewusste Platzierung der Fenster und Anlage der Räume vielfältig mit der Landschaft und dem Bestand verbinden. Dies war wohl das Hauptziel unserer architektonischen Inszenierung. Kilian Mattitsch Aufenthaltsmöglichkeiten, von der intimen Nische bis zum überdachten Freiraum. Die eingefügte Wohnstruktur ist konstruktiv eng mit dem Altbestand verwoben. Dies gilt insbesondere für den alten Dachstuhl, der erhalten blieb und die Atmosphäre der im Obergeschoss untergebrachten, einfachen Schlafräume maßgeblich prägt...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 3/2025. Der Volltext ist ab Seite 102 zu finden.

© David Schreyer