KenH Architekten mit Atelier SHA.

Dachgeschossausbau „zum grünen Anger 1010“, Wien

Dachboden

Von den lebhaften Straßen der Wiener Innenstadt hört man hier nur wenig, obwohl man eigentlich inmitten dieser ist. Auf oberster Ebene des Hauses Grünangergasse 12 erlebt man Märchenhaftes – ein ungewöhnlicher Dachbodenausbau mit kreativen Lichtakzenten.

Kontrastreich 

Der Raum im Dachstuhl wurde von den KenH Architekten zu drei luxuriösen zweigeschossigen Wohnungen um- und ausgebaut. Was geblieben ist, sind die hölzernen Stuhlpfosten und -säulen aus dem Jahr 1780. Eine Art Hülle umgibt nun diesen rustikalen Bestand aus dem josephinischen Spätbarock, die als Stahlkonstruktion die Tragwerksfunktion übernimmt. Da die Balken aus Holz unter Denkmalschutz stehen, mussten sie im Raumkonzept berücksichtigt werden und wurden letzten Endes zu einem wahren Blickfang, der zudem zu einer verbesserten Akustik und gutem Klima im Raum beiträgt. Über dezent gesetzte Treppen erreicht man das Obergeschoss der Wohnungen. Die Architekten wollten die gesamte Raumgestaltung minimalistisch halten und zu starke Kontraste vermeiden. Der Fokus sollte auf der Holzkonstruktion liegen, darum wurden die Wände, Böden und Treppengeländer in zarten Tönen bis hin zu reinem Weiß gehalten.

Nicht alle Ideen waren leicht mit den vielen durch den Raum ragenden Holzbalken kompatibel: „Wenn man beschließt, mit Derartigem zu arbeiten, muss man sich darauf einlassen können und sehen, was passiert“, erklärt Eric-Emanuel Tschaikner von KenH. Anfangs wollten die Architekten das Holz kalken, um es später farblich anzupassen. Diese Idee wurde jedoch verworfen, da der Raum vom Kontrast zwischen den Wänden und der rohen Dachstuhlkonstruktion durchaus stimuliert wird. Mit veränderter Oberfläche hätte der Bestand seine Authentizität verloren.  

Akzentuiert wird die Stimmung durch sprechende Details. Historische Markierungen, die während der Bauarbeiten den Handwerkern zur Orientierung dienten, werden sichtbar. Klar erkennbar sind auch Reste von stählernen Verbindungsteilen, die vorwiegend an den senkrecht positionierten Pfosten angebracht wurden. Geschickt platzierte Fenster an den Dachschrägen und der zwischen 2,50 und 7 Meter Höhe variierenden Decke beleuchten diese Feinheiten.

Dachboden

Raum und Sinne 

Der Bauherr des Projekts, Colliers Immobilien International, wollte diesen Dialog zwischen Alt und Neu noch zusätzlich unterstreichen. Er beauftragte das Atelier SHA., ein Lichtkonzept zu entwerfen, welches einerseits ein künstlerisches Statement setzen und andererseits dem Bestand etwas Zeitgenössisches verschaffen sollte. So entstand eine Beleuchtungsinstallation, basierend auf LED-Technik. Die Leuchtkörper wurden angrenzend an den Holzpfosten angebracht – im aktivierten Zustand entsteht damit ein nahtloser Übergang von Holz zu Licht und umgekehrt. Die gesamte Beleuchtung ist per Tablet zu bedienen. Mithilfe einer App lässt sich das Farbschema der LED-Lampen ändern. So kann man jederzeit bestimmen, welches Raumflair man durch die jeweilige Einstellung erzielen möchte. Zusätzlich plante SHA. individuelle, sich selbständig ändernde Lichtstimmungsprogramme. Sie zeigen vorwiegend warme Farbkompositionen, die fließend ineinander übergehen und sich positiv auf das Nutzer-Wohlbefinden auswirken. In den Bädern der Luxusappartements entschied man sich für Altbewährtes. Die kugelförmigen, an schwebende Planeten erinnernden Hängeleuchten hingegen wirken auf den ersten Blick keineswegs herkömmlich. An der hohen Decke wurden sie versetzt angebracht und passen gerade wegen der unregelmäßigen Struktur perfekt zum alten Holz.

Die drei Wohnungen sind ein seltenes Erlebnis an Kontrasten. Man taucht in eine träumerische Welt ein – fernab vom lauten Stadtleben. Nur ein Blick durch das Fenster auf den Stephansdom erinnert daran, wo man sich befindet.

Wenn man beschließt, mit Derartigem zu arbeiten, muss man sich darauf einlassen können und sehen, was passiert.

Eric-Emanuel Tschaikner, KenH.

 

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