Snøhetta

Kunst-, Musik- und Designfakultät der Universität Bergen

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Sichtbarkeit, Robustheit und Reduktion – das waren die Leitlinien bei der Planung der Kunstfakultät. Jeder soll schon von außen sehen, wie Kunst gemacht wird. Das Haus auf einer Industriebrache ist solide und hält jedwede Handwerksarbeit aus. Sein Design ist bewusst zurückhaltend – die Bühne gehört Kunst, Künstlerinnen und Künstlern.


Industrieerbe, kreativ interpretiert

Wie ein Gebäude eine ganze Fakultät verändern kann, welchen Einfluss Architektur auf jene haben kann, die ihr Angebot zu nutzen verstehen, lässt sich am Neubau der Fakultät Kunst, Musik und Design der Universität im norwegischen Bergen beobachten. Das Haus ist gewissermaßen ein gebautes Lehrprogramm. Anlass war die geplante Vereinigung mehrerer bislang in verschiedenen Gebäuden verstreuter Lehrbereiche unter einem gemeinsamen Dach. Die Standortwahl fiel auf das Grundstück der ehemaligen Kranfabrik Munck in einem innenstadtnahen, in Konversion befindlichen Industrieareal.

Die blinkende Fassade aus Rohaluminiumpaneelen soll noch Erinnerungen an die industrielle Vergangenheit vermitteln. Sie ist wie ein Puzzle aus unterschiedlichen Formaten zusammengesetzt, was individuelle Befensterung je nach Nutzung und Bedarf der Innenräume ermöglichte. 

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Acht gläserne Erker bieten Einblicke in das Gebäude. Man beobachtet Studenten bei der Arbeit, beim Lesen oder Pausieren. Schon die Eingangsfront am Vorplatz, der seinerseits Ort für Aktivitäten der Hochschule ist, öffnet sich einladend wie ein riesiges Schaufenster.

Herzstück des Gebäudes ist die Eingangshalle, in der sich die 340 Studenten jeden Tag begegnen, in der Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden, von der aus das Auditorium, die Bibliothek und das Café Munck erreichbar sind. Die teilklimatisierte Halle ist öffentlich, der abgetreppte obere Teil eher intern. Ein Brückenkran (der Firma Munck) gibt dem Raum den Charakter einer Werkshalle und erlaubt die Manipulation schwerer Skulpturen. Teile des obersten Geschosses überspannen die Halle mit einer aufwändigen Stahlfachwerkkonstruktion.

Die Arbeit soll nicht im campusinternen Bereich verharren, sondern die Kunst soll sich mit der Realität auseinandersetzen (...)

Falk Jaeger

 

Interaktion auf allen Ebenen

Öffentlichkeit herzustellen, gehört zu den wesentlichen Zielen der Fakultät. Die Arbeit soll nicht im campusinternen Bereich verharren, sondern die Kunst soll sich mit der Realität auseinandersetzen – man agiert in der Öffentlichkeit und die Öffentlichkeit ist zum Dialog eingeladen. Das korrespondiert mit der Mentalität der Bergener Bevölkerung. Man sagt, die Westnorweger aus der alten Königstadt seien freier, liberaler, kultivierter, offener als jene aus dem jüngeren Oslo. Dementsprechend zieht sich der öffentliche Raum bis in das Gebäude hinein. Kjetil Thorsen, Gründungspartner von Snøhetta, zitiert den Nolli-Plan von Rom, den Schwarzplan, der öffentliche Innenräume, Kirchen etc., wie Straßenräume weiß darstellt. Die Fakultät versteht ihr Gebäude als – nach der Grieghalle – zweitgrößten öffentlichen Kulturbau Bergens. Man pflegt eine vielfältige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Festival Bergen, dem größten Kulturfestival der nordischen Länder.

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Der kommunikative Charakter der Schule zeigt sich nicht nur in ihrem Verhältnis zur Öffentlichkeit. Interdisziplinäre Zusammenarbeit wird groß geschrieben. Sie entsteht durch die von der Architektur begünstigte und initiierte Kommunikation unter Studierenden und Dozenten und wird durch das Potenzial des Gebäudes unterstützt. Ein bedeutender Faktor ist dabei die Halle als Verkehrs- und Kommunikationsraum, wo man sich zwangsläufig begegnet. Die Fakultätsräume legen sich wie eine Schale um diese Halle und sind mit ihr optisch verbunden. Man sieht, was sich im Haus abspielt, man hat Blickverbindung zu den anderen Fachbereichen. Letztendlich entstehen dadurch informelle Kontakte, die zu gemeinsamen, interdisziplinären Projekten führen. Schon in den ersten drei Monaten des Betriebs haben sich die Lehre und die Atmosphäre an der Fakultät entsprechend gewandelt.

Eine bedeutende Rolle spielt dabei naturgemäß die Cafeteria, das Café Munck, das nicht als Ort der Pause, also der Unterbrechung der Arbeit peripher angeordnet ist, sondern in Erweiterung der Halle als einer der Hotspots des Unibetriebs fungiert. (...)

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