querkraft | House of Schools JKU 1, Linz

Mit dem im Herbst 2024 fertiggestellten House of Schools (HOS) gelang dem Wiener Büro querkraft ein in vielfacher Hinsicht ungewöhnlicher Entwurf für einen zeitgemäßen Universitätsbau. Es handelt sich um das erste von drei neuen Institutsgebäuden, die im Zuge der – in den letzten Jahren intensiv vorangetriebenen – baulichen Weiterentwicklung der Linzer Johannes-Kepler-Universität (JKU) am südwestlichen Rand des Universitätsareals entstehen.
Text: Georg Wilbertz | Fotos: Hertha Hurnaus
Ein Campus als Insel Städtebaulich bildet die 1966 gegründete JKU ein ungewöhnlich geschlossenes Campusareal am äußersten Ostende von Linz. Danach beginnt das ländliche Mühlviertel. Die südwestlich angrenzende Wohn- und Siedlungsbebauung geht zum Campus auf erkennbare Distanz. Ohne die Straßenbahnlinien 1 und 2, die hier enden, wäre die JKU kaum mit der Stadt verbunden. Im Linzer Alltag spielt die JKU mit ihren rund 25.000 Studierenden keine spürbare Rolle. All dies führte von Beginn an dazu, dass sich die Universität konsequent ihrer baulichen Binnenentwicklung widmete. Hinsichtlich der akademischen Konzentration und Identifikation erklärt die JKU ihre „Insellage“ inzwischen zum attraktiven Standortfaktor. Die weitere bauliche Entwicklung der JKU wird sich zukünftig vor allem in westlicher Richtung als „Campus- West“ vollziehen.
Das HOS bildet dabei den Auftakt einer Spange aus drei von querkraft entworfenen Gebäuden. Sie werden nach ihrer endgültigen Fertigstellung die klar definierte Südkante des Universitätsgeländes markieren. Dies zu gewährleisten, war neben Fragen der funktionalen und ökologischen Optimierung eine der wesentlichen Aufgabenstellungen beim 2020 europaweit von der BIG durchgeführten Realisierungswettbewerb für das HOS. Prinzipiell vollzieht das Gebäude die Erschließungstradition der JKU nach, indem es sich als Einzelgebäude auf ihre funktionale Entwicklung nach innen konzentriert. querkraft unter der Leitung von Stefanie Meyer gestalten diese Grundidee mit überzeugender Stringenz, wobei die räumliche und funktionale Auslegung des Konzepts bereits am Anfang des Entwurfsprozesses feststand. Ziel war ein kompaktes Gebäude, das alle notwendigen Verwaltungs-, Lern- und Seminarräume der hier untergebrachten JKU Business School vereint. Statt der bei fast allen Wettbewerbsbeiträgen vorgeschlagenen, längst üblich gewordenen Lichthöfe, um die sich die Gebäudetrakte gruppieren, schlugen querkraft eine nach oben geschlossene Gebäudekubatur vor

© Hertha Hurnaus
Fließende Lernlandschaft Hierdurch wurde ein gebäudehohes, architektonisch ungewöhnlich bewegtes Atrium möglich, das im Zentrum des Entwurfs steht. Der erste Blick vom nördlich gelegenen Haupteingang wirkt überraschend. Ein großflächig durchlichtetes, leicht geneigtes Glasdach spendet reichlich Tageslicht, um die Fülle der geplanten architektonisch-funktionalen Inszenierung zur Geltung zu bringen. Über eine Höhe von fünf Geschoßen entwickelt sich ein anspruchsvolles räumliches Spiel aus Wegen, frei den Raum durchschneidenden Treppen, Brücken und eingehängten Plateaus (mit frei verfügbaren Besprechungsinseln). All dies dient nicht einer klassischen Gebäudeerschließung, sondern schafft auf allen Ebenen offene, vielfältig nutzbare Arbeitsund Begegnungsflächen für Studierende, die Verwaltung und die Lehrenden. Gesteigert wird diese räumliche Komplexität durch die Stütz- und Querträger der sichtbar gelassenen Primärkonstruktion. Sie bildet, einem Industriebau vergleichbar, ein regelmäßiges 10 × 10-Meter-Raster, das die beschriebenen Elemente trägt. Es entsteht eine dreidimensionale, in alle Richtungen dynamisch fließende Lernlandschaft, die akademische Prinzipien wie Offenheit, Flexibilität und Vernetzung architektonisch zelebriert.
Die Rolle Atriums war von Beginn an so gedacht. Alle wesentlichen Funktionen sollten vermittelt über das Atrium miteinander verbunden und räumlich verschränkt werden. Das Ziel war Begegnung, Kommunikation und flexible Nutzung.
Strukturelle Differenzierung Natürlich gibt es auch im HOS auf allen fünf Ebenen geschlossene Büros und Seminarräume. Mit ihrem Vor- und Zurückspringen zum Zentrum hin konterkarieren sie nicht den spektakulären Lichtraum des Atriums. Sie rücken zurückhaltend an den äußeren Rand der Gebäudekubatur und begleiten die Fensterfronten der Fassaden. Im ursprünglichen Entwurf sollten diese Räume durch durchgehend geschoßhohe Verglasung Durchblicke erlauben...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 4-5/2025. Der Volltext ist ab Seite 52 zu finden.

© Hertha Hurnaus