Revitalisiertes Wirtschaftsgebäude in Kaltern, Südtirol

In Sichtweite des Kalterer Sees revitalisierten die Südtiroler Architekten Kathrin Schiefer und Thomas Tschöll einen 400 Jahre alten Weinhof. Dank der gesetzlichen Regelung des „konventionierten Wohnbaus“ wurde daraus kein schicker Zweitwohnsitz mit Luxusausstattung, sondern leistbarer Wohnraum im sensiblen historischen Bestand.
Neue Nutzung für den Weinhof
Das 400 Jahre alte Haus ist Teil des Gebäudeensembles eines ehemaligen Weinhofes. In einer Studie machte man sich nun Gedanken über neue Nutzungsmöglichkeiten. Schnell war klar: das südliche Haus plus Nebengebäude sollte als Gasthof erhalten bleiben, die nördlich gelegene landwirtschaftliche Kubatur konnte als Hofstelle zur Wohnnutzung umgewidmet werden – allerdings mit einer wesentlichen Auflage. Und die macht das Projekt so interessant: die entstehenden Wohnungen dürfen ausschließlich an die lokale Bevölkerung zum ständigen Wohnbedarf vermietet werden, und zwar zu gedeckelten Preisen und nicht zum Marktwert, dessen Höhe man sich hier in Blickweite des Sees in etwa ausmalen kann. „Konventionierter Wohnbau“ heißt diese gesetzliche Regelung in Südtirol und sie verhindert unter anderem, dass aus historischen Gehöften wie diesem schicke airbnb-Angebote mit allen bekannten Folgeerscheinungen werden.

Das landwirtschaftliche Gebäudeensemble ist 400 Jahre alt und liegt inmitten der Weingärten. © David Schreyer
Die von Schiefer Tschöll sensibel revitalisierte Substanz ist also kein Luxusloft für Zweitwohnbesitzer geworden, sondern ein kostenbewusster Wohnbau mit dennoch höchsten denkmalschützerischen Ansprüchen. Genau das sei, so Architekt Thomas Tschöll, der Reiz dieses Projekts gewesen.
Die besondere Spannung dieses Projekts lag für uns darin, kosten- und nutzflächenoptimiertes Wohnbaudenken mit einem hohen denkmalpflegerischen Anspruch beim Bauen im Bestand in Einklang zu bringen.

Die Wohngeschosse wurden als eigenständiger Holzbau von oben in die alten Mauern hineingestellt und die Holzdecke in Verbundbauweise mit Beton verstärkt, was auch schalltechnisch sinnvoll war. © David Schreyer

Loggien, Dachschrägen und tiefsitzende Fenster schaffen individuelle Wohnstimmungen. © David Schreyer
Haus im Haus mit Respektabstand
Der Denkmalschutz hat also kräftig mitgeredet, auch wenn das Gebäude formal nur dem Ensembleschutz unterlag, und im Grundgedanken war man sich schnell einig: den Bau in seinem äußeren Erscheinungsbild möglichst unverändert zu belassen und den Charakter eines trutzigen Wirtschaftsgebäudes zu erhalten. Das gelingt schon allein deshalb gut, weil das gesamte Erdgeschoss weiterhin laut Gesetz für landwirtschaftliche Zwecke verfügbar bleiben musste.