Schmuttertal Gymnasium in Diedorf bei Augsburg – Vier Scheunen für den Fortschritt
Vier schlichte, graue Holzhäuser mit extensiver Begrünung und Photovoltaik am Satteldach: Das Schmuttertal-Gymnasium von Hermann Kaufmann und Florian Nagler ist ein absolutes Pilotprojekt. Sie realisierten die innovative Schule mit offenen Lernlandschaften, Marktplätzen, Aula und Drei-Fachturnhalle als reinen Holzbau im Plusenergiestandard mit tollen Räumen.
Mut zu Neuem
Diedorf ist ein idyllischer Ort mit knapp 10.000 Einwohnern im schwäbischen Landkreis Augsburg. 2010 wurde dort in einer leeren Mittelschule mit drei fünften Klassen das Schmuttertal-Gymnasium gegründet. Es wuchs und musste bald in Container übersiedeln. Das Ziel aber war viel ambitionierter: ein Neubau aus Holz im Plusenergiestandard mit offenen Lernlandschaften und Marktplätzen für eine fortschrittliche Pädagogik. 2011 gab der Landkreis Augsburg als Träger des Gymnasiums seine Zustimmung: der Neubau sollte im Rahmen eines Forschungsvorhabens der Deutschen Bundesstiftung Umwelt realisiert werden. Mit der Planung beauftragte man zwei ausgewiesene Holzbau-Experten: Hermann Kaufmann und Florian Nagler. „Die Latte wurde uns ziemlich hoch gelegt“, so Nagler. „Einen reinen Holzbau in dieser Dimension zu realisieren, hat uns alles abverlangt. Dazu kam das pädagogische Konzept.
Die Anforderungen an den Schallschutz waren sehr aufwändig.“ Hermann Kaufmann: „Die größte Herausforderung bestand darin, ein Plusenergiegebäude ohne Beeinträchtigungen der Architekturqualität umzusetzen und die voluminöse Lüftungstechnik so in den Holzbau zu integrieren, dass sowohl Brand- als auch Schallschutz gewährleistet sind.“ Der Koordinationsaufwand war enorm.
Scheunen in der Landschaft
Das Grundstück liegt einen Steinwurf von der Bahnstation Diedorf im Naturpark Augsburg – Westliche Wälder. Die Schule war umweltverträglich in die Landschaft ein zu betten und musste vor dem Lärm der Bahn und der nahen Schnellstraße geschützt werden. Der ökologisch einwandfreie Holzbau hatte offene Lernlandschaften für rund 850 Schüler und 75 Lehrkräfte, 16 Sonderunterrichtsräume für Naturwissenschaft, Kunst und Werken, einen Mehrzweck- und Bühnensaal, zwei Musikräume und eine Dreifachturnhalle mit Kletterwand im Plusenergiestandard zu bieten. Das hochkomplexe Programm mit 80.000 m3 Bruttorauminhalt wurde von Anfang an interdisziplinär und mit intensiver Einbindung aller Nutzergruppen bearbeitet. „Es gab eine ganz frühe Beteiligung der Fachplaner“, so Nagler. Daher sind auch die Klassen nach Norden und Süden orientiert. „Im Norden gibt es nur Diffusstrahlung und im Süden fällt die Sonne relativ steil ein.
Der winterliche Sonneneintrag ist energietechnisch sehr positiv. Es war eine frühe Entscheidung, die Klassenhäuser so zu orientieren und sie hat sich gut bewährt“, so Nagler. Außerdem gelang es, durch eine kluge Abstimmung der Stundenpläne in jedem Jahrgang mit nur vier statt den ursprünglich geplanten fünf Klassen aus zu kommen, weil ohnehin ein Fünftel der Kinder den Turnsaal oder die Sonderunterrichtsräume nutzt. „Es war sehr interessant, einen Schultyp zu entwickeln, den es so noch nicht gibt“, so Nagler. Im Klassenhaus eins mit den naturwissenschaftlichen Fächern im Sockel wohnt die Oberstufe, im Klassenhaus zwei mit den Räumen für Kunst und Werken ist die Unterstufe daheim. (...)