Stadthotel Platzhirsch Kufstein
Ein historisches Stadthaus im Zentrum Kufsteins wurde Schicht für Schicht vom baulichen Ballast seiner bewegten Vergangenheit befreit und erzählt dennoch an jeder Ecke eine Geschichte. In gegenseitiger Wertschätzung treten alte Substanz und zeitgenössische Eingriffe in Dialog und zeigen, wie Häuser keine Museen sondern lebendige Akteure der Stadt werden.
Nachdem also entrümpelt und abgetragen war, entschieden sich wiesflecker architekten für ein interessantes Konzept: der freigelegte Zustand der Restaurierung wurde quasi eingefroren und nirgends mit einer neuen Schicht versiegelt.
Manche hätten schon gefragt, wann es mit dem Rohbau endlich weiter ginge. Gleichzeitig setzten die Architekten klare zeitgenössische Elemente, einen „harter Kantenschlag“ wie sie es nennen, an wenigen definierten Stellen. Exemplarisch dafür ist das neue Treppenhaus. Es ist nicht nur Vertikalerschließung sondern eine starke Raumskulptur aus brettgeschaltem Sichtbeton und Terrazzo, die Tageslicht weit in den engen Baukörper hineinholt und unerwartete Lufträume und Durchblicke erzeugt. Aber auch im Erdgeschoß, beim statisch nicht erhaltbaren Tonnengewölbe wurde auf eine anbiedernde Attrappe oder Rekonstruktion verzichtet und vielmehr das Gewölbe in sägerau geschaltem Beton neu interpretiert. Die spannende historische Raumfolge, deren Proportionen spürbar harmonisch schwingen bleibt erhalten, trotzdem zeigt sich architektonisch klar das 21. Jahrhundert. Und so setzt sich das Konzept konsequent fort – im sichtbar neuen, stahlblechverkleideten Erker an der Hoffassade oder der unbeschwerten Integration der meterdicken Stadt-
-mauerreste in die Toiletten. Auch alle notwenigen statischen Verstärk-ungen wie horizontale Spannglieder aus Beton blieben konsequent sichtbar.
Fuge und Fassadenspiel
Fünfzehn Zimmer verteilen sich auf vier Stockwerke des platzseitigen Gebäudeteils. Manche haben ein zweites Fenster zum Lichthof hin, dessen Öffnungen akribisch rekonstruiert wurden. Die Materialität ist auch in der Innenausstattung angenehm haptisch, rau, nie steril und dem Rest-aurierungskonzept angemessen; unebene Wände mit Spuren, Flecken und vielfältigen Farbschattierungen, verputzt wurde nur, was neu hinzuge-kommen ist. Das Filetstück, ein Giebelzimmer im Dachgeschoß, ist Ergebnis einer Aufstockung des Altbestands, bei dem ein geschicktes Manöver mehr Höhe und eine große Terrasse ermöglichte.
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