Untertauchen
In den Wäldern von Oisterwijk steht ein Haus, das auf den ersten Blick nicht so leicht zu finden ist. In einem scheinbar grenzenlosen Garten mit Wildblumen und Obstbäumen gelegen, verbirgt sich das Bauwerk unter einem geschwungenen grünen Dach, das sanft in einen blumenbedeckten Hügel übergeht. Diese Suche nach einer neuen Beziehung zur Natur führt hier zu einer überraschenden Architektur.
Architektur entsteht aus der Notwendigkeit, Lebensräume zu schaffen, die die Natur nicht immer bereitstellt. Gleichzeitig hat das Setzen von Bauwerken in die Landschaft einen wesentlichen Einfluss auf das Klima: Schätzungen zufolge ist die Bauindustrie für 38 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Herausforderung, Architektur und Natur in Einklang zu bringen, ist also aktueller denn je. Früher war das anders. Bis zum 19. Jahrhundert galt das Bauen im Einklang mit der Natur als selbstverständlich. Mit der Erfindung von Klimaanlagen und Zentralheizungen geriet dieses Prinzip allerdings immer weiter in den Hintergrund, was Folgen wie Luftverschmutzung, Wärmeinseln und globale Erwärmung mit sich bringt – alles dringende Herausforderungen, denen wir uns jetzt stellen müssen. Architektonische Konzepte, die sich an der Natur orientieren, werden aus diesem Grund wieder zunehmend erforscht. In diesem Kontext haben WillemsenU ein unterirdisches Haus entworfen, das auf innovative Weise mit seiner natürlichen Umgebung harmoniert.
Das Haus befindet sich am Standort eines ehemaligen Ziegenstalls, dessen Grundfläche von 3,5×13,5 Metern als maximale Baugröße vorgegeben war. Trotz des bescheidenen Raumprogramms erkannten BauherrInnen und ArchitektInnen bald, dass sich dieses nur in einem unterirdischen Gebäude verwirklichen ließ, und da der aktuelle Bebauungsplan keine Tiefenbegrenzung enthielt, stand der Umsetzung dieses Konzepts nichts im Weg. Die Zufahrt führt von einer Schotterstraße durch einen Obstgarten und windet sich in zwei Kurven zum Fuß des in der Landschaft aufgeschütteten Hügels. An diesem Punkt wurde ein tiefer Einschnitt in den Hügel vorgenommen, um den Zugang zum Haus zu schaffen. Dieser Bereich wurde mit Cortenstahlplatten verkleidet, aus denen auch die Eingangstür gefertigt wurde. Beim Betreten des Hauses offenbart sich ein unerwarteter Anblick: Man befindet sich nicht wie erwartet in einem unterirdischen Raum, sondern schaut durch große Fenster direkt in die Landschaft auf eine Eiche.
Das Gebäude erstreckt sich über drei Stockwerke, von denen zwei unter der Erde liegen. Im Erdgeschoss befinden sich das Esszimmer und eine offene Küche, die durch eine versenkbare Glastür mit einer nach Osten ausgerichteten Terrasse verbunden sind. Die darunter liegende Etage beherbergt das Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, von dem aus man in einen vertieften Garten blickt, der aus üppigen Gräsern und Blumen besteht. Ein weiteres Schlafzimmer sowie ein kompaktes Badezimmer befinden sich auf der tiefsten Ebene. Die verschiedenen Räume des Hauses haben jeweils einen eigenen Charakter und einen speziellen Bezug zur umgebenden Natur. Mit jeder Ebene – im untersten Geschoss fällt das Licht nur noch durch drei Hohlräume ein und man hat wirklich das Gefühl, tief unter der Erde zu sein – nimmt die Stille zu...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 10/2024. Der Volltext ist ab Seite 106 zu finden.