Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Caruso St John Architects beweisen mit dem Umbau eines Werkstatthauses in Zürich-Wiedikon, welche Fülle an radikalen Ideen sich auch bei einer konsequenten Wertschätzung des Bestandes realisieren lässt, ohne dass die Balance zwischen Alt und Neu gestört wird. In Material- und Formensprache knüpfen sie an den poetischen Realismus ihres Frühwerks an.


Dezente Umschichtung

Die Erikastrasse nahe des Bahnhofs Zürich-Wiedikon ist leicht zu übersehen. Eine kurze, kaum befahrene Verbindung, mehr Gasse als Straße, mehr Hinterhof als Front. Hier ist nichts repräsentativ, und das passt zu diesem unglamourösen, aber vitalen Zürcher Viertel mit kleinmaßstäblicher Durchmischung von Wohnen und Handwerk und seiner ethnisch-religiösen Mischung (eine Synagoge befindet sich nur ein paar Ecken weiter). Das Haus Nummer elf wurde in den 1940er Jahren für eine Druckwerkstatt errichtet, heute gehört es immer noch derselben Familie in inzwischen dritter Generation. Der Auftrag für Caruso St John Architects, seit langem auch in Zürich ansässig, war der einer dezenten Umschichtung. Das Grafikbüro wanderte vom Dachgeschoss ins Erdgeschoss, wo bisher eine Fahrradwerkstatt angesiedelt war, die kleine Wohnung des Bauherrn und seiner jungen Familie durfte dafür vom zweiten Obergeschoss ins Dach hineinwachsen. Von der Straße aus dürften selbst langjährige NachbarInnen kaum einen Unterschied zu vorher bemerken. Das deutlichste Indiz ist noch das Regenfallrohr aus keck in Dreiecksform gekantetem Blech, an dem entlang der Blick der BetrachterInnen nach oben geleitet wird, wo das Rohr in einem straßenseitig ebenso scharfkantig auskragenden Dach verschwindet.

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Das Gebäude folgt einer vertikalen Dramaturgie, deren Interventionen im Bestand sich nach oben hin verdichten.
© Philip Heckhausen

Vertikale Dramaturgie

Doch am besten erschließt man das Gebäude langsam im Inneren von unten nach oben, um seine vertikale Dramaturgie sich immer weiter verdichtender Interventionen im Bestand zu begreifen. Die Werkstatt im Erdgeschoss ist nahezu unverändert, begehbar wie zuvor durch ein einfaches Tor neben dem Eingang zum engen Treppenhaus im nordwestlichen Eck des Gebäudes. Ein großer Raum für das Handwerk, weißgetüncht und neonbeleuchtet, der sich als Teil des Straßenparterres auch dem öffentlichen Raum der Gasse zugehörig fühlt. Das Atelier im ersten Obergeschoss darf sich ebenfalls frei und ohne Trennwände entfalten. Auch hier hielten sich die ArchitektInnen komplett zurück, eine Respektsbekundung, die ihnen aufgrund ihrer über 30-jährigen engen Zusammenarbeit mit Kunstschaffenden sicher nicht schwerfiel. Umso mehr konzentriert sich die gestalterische Intervention in den obersten beiden Etagen, die im Inneren von großen Flächen aus silbern pigmentiertem Holz räumlich und narrativ verklammert werden. Ein raumhohes Schrankmöbel, das im zweiten Obergeschoss quer durch den gesamten Raum verläuft, trennt diesen in Elternschlafzimmer, Kinderzimmer und großen Vorraum, der sich wiederum durch ein Vorhangsystem weiter unterteilen lässt, um so bei Bedarf ein Gästezimmer zu erzeugen. Der großflächig gemusterte Boden läuft unter dem Schrankmöbel durch, um die Dimension des Gesamtraumes visuell in Erinnerung zu rufen... mehr Details erfahren Sie in unserer neuen Ausgabe!


Die Intensität in Silber:

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Straßenseitig ist die Transformation kaum zu bemerken...
© Philip Heckhausen

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

...im Inneren erfolgte eine dezente Umschichtung.
© Philip Heckhausen

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Die Etagen werden von Flächen aus silber pigmentiertem Holz verklammert.
© Philip Heckhausen

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

In den aufgedoppelten Wänden an den beiden Stirnseiten ist ein Regalsystem eingebaut.
© Philip Heckhausen

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Eine Küchenzeile schwebt frei im Raum, verankert an einem drehbaren Metallrohr.
© Philip Heckhausen

Warehouse Wiedikon © Philip Heckhausen

Die silberne Homogenität wird beim Öffnen der Türen farblich immer wieder aufgebrochen.
© Philip Heckhausen


 

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