
So bereitet sich Wien auf die Zukunft vor
Wien gehört seit Jahren zu den lebenswertesten Städten der Welt. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der Planung und Entwicklung der Stadt. Eines der wichtigsten Instrumente ist der Stadtentwicklungsplan (STEP), der seit 1984 als zentrales Steuerungsinstrument für die räumliche Entwicklung Wiens dient. Seit 2021 laufen die Arbeiten an der neuesten Auflage: STEP 2035 soll die Stadt auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen vorbereiten.
Wie Wien in Zukunft aussehen soll und mit welchen Mitteln die Stadt aktuellen und zukünftigen Herausforderungen begegnen will, diese Fragen sind der Leitfaden für die Stadtentwicklung. Seit 1984 ist die Magistratsabteilung 18 mit der Aufgabe betraut, alle 10 Jahre den Stadtentwicklungsplan (STEP) zu prüfen und an den neuen Planungshorizont anzupassen.
Den Auftrag erhält die MA 18 vom Wiener Gemeinderat. Der Stadtentwicklungsplan ist selbst nicht unmittelbar rechtswirksam, aber er ist wichtig für relevante strategische Zielsetzungen in der Bauordnung für Wien. Die Aufgaben von STEP 2035, der seit 2021 ausgearbeitet wird, reicht aber weit darüber hinaus.

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Ein zentrales Steuerinstrument für die Stadtentwicklung
Als zentrales Steuerungsinstrument kommen dem STEP drei wesentliche Aufgaben zu: er ist Leitgedanke und Strategie, Handlungsprogramm und Grundlage für Regeln und Verfahrensweisen. Dadurch wirkt sich STEP auf die räumliche Entwicklung Wiens aus, ist Ausdruck des öffentlichen Interesses und stellt gleichzeitig den Orientierungsrahmen für die Verfahren der städtebaulichen Entwicklung dar.
Auf dem STEP fußen daher planerisches Handeln und die Standortpolitik der Stadt Wien. Als langfristig orientiertes Steuerungswerkzeug mit einem Planungshorizont von 10 Jahren beeinflusst er Entscheidungen bezüglich Investitionen sowohl von öffentlichen Stellen als auch von Privaten, die die räumliche, stadtstrukturelle, mobilitätsbezogene und bauliche Entwicklung betreffen.
Der STEP liefert wichtige Hinweise für notwendige Änderungen von Rechtsgrundlagen, etwa in der Bauordnung oder beim Naturschutz. Er hilft außerdem der Stadtregierung, sich gegenüber der Bevölkerung und Unternehmen zu positionieren und Entscheidungen begründen zu können.
Der STEP steht nicht zuletzt im Mittelpunkt des Diskurses über aktuelle Stadtplanungsthemen, an dem Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Fachöffentlichkeit, Interessenvertretungen und der Zivilgesellschaft beteiligt sind.
Welche Themen sind für den STEP 2035 wichtig?
Immer wieder kann sich Wien unter den lebenswertesten Städten weltweit positionieren. Die Stadt ist beliebt und begehrt, was unter anderem auf eine kontinuierlich weiterentwickelte Stadtplanung zurückzuführen ist. Die regelmäßigen Anpassungen sind dennoch notwendig, weil sich Trends und Anforderungen ebenfalls weiterentwickeln.
Ausgehend von den Schwerpunkten Stadterweiterung, Umbau und Erneuerung der Bestandsstadt, Lebensraum Stadt, Grätzl und Zentren sowie Öffentlicher Raum und Anpassung an den Klimawandel ergeben sich deshalb zahlreiche Aufgabenbereiche und vielfältige Herausforderungen.

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Wohnraum
Seit den 1990er Jahren erlebt Wien ein Comeback, seither ist die Stadt um rund eine halbe Million Einwohner gewachsen. Im Jahr 2023 konnte sogar die Marke von 2 Millionen Einwohnern übertroffen werden. Die Prognosen gehen bis 2053 von einem moderateren Bevölkerungswachstum in der Bundeshauptstadt aus, aber der Wachstumstrend bleibt dennoch bestehen.
Für den Wohnungsmarkt ist das Fluch und Segen zugleich. Immobilienbesitzer und Investoren können bei der Wertentwicklung ebenfalls mit einem positiven Trend rechnen. Als Wertanlage bieten Immobilien aller Voraussicht nach weiterhin eine vergleichsweise große Sicherheit, wenngleich das auch eine Frage von Erfahrung und Expertise ist. Das Bevölkerungswachstum erhöht aber zugleich den Druck, die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum steigt genauso wie nach Betreuungseinrichtungen. Die steigenden Mietpreise sind eine Folge daraus.
Die städtebaulichen Aufgaben für die Zukunft sind deshalb unter anderem: Konzepte zur Baulandmobilisierung, um den Wohnungsbau voranzutreiben; die Schaffung mischgenutzter Zentren im Haltestellenumfeld, um Wohnen und Arbeiten besser miteinander zu verbinden; die Definition regionaler Zentren der Entwicklung; die Schaffung flächendeckender Betreuungsangebote.
Eine wichtige Voraussetzung für diese Aufgaben ist die Definition gemeinsamer städtebaulicher und baukultureller Qualitätskriterien. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise die Notwendigkeit neuer Wohnungen und der Erhalt von bestehender Bausubstanz miteinander verbinden, um Nachverdichtung auch bei Flächenmangel zu ermöglichen. Hierin liegt außerdem die Chance, Leerstände sinnvoll zu nutzen.
Klimaanpassung und Klimaneutralität
Das erklärte Ziel des STEP 2035 ist es, Wien bis 2040 klimaneutral zu machen. Dazu braucht es Maßnahmen zur Klimaanpassung ebenso wie zum Erreichen der Klimaneutralität. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind vielfältig.
Einerseits gilt es, dem Fortschreiten und Auswirkungen der Klimakrise zu begegnen und die Klimawandelanpassung voranzutreiben. Auf der anderen Seite geht es darum, Potenziale zur Vermeidung oder Reduzierung von CO2-Emissionen auszuschöpfen.
Diese Thematik umfasst eine Reihe von Teilbereichen der Stadtentwicklung und Stadtplanung gleichermaßen. Klimaneutralität lässt sich nur mit ganzheitlichen Ansätzen erreichen, weil die Teilaspekte eng ineinandergreifen.
Fragen der Mobilität wie der Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur, Anreize für autofreie Haushalte, der Ausbau des S-Bahn-Systems oder das Einrichten von multimodalen Mobilitätsangeboten im Haltestellenumfeld gehören dazu. Die Roadmap 2050 etwa zeigt, wie Klimaschutzziele und Mobilität zusammenhängen – und wie sich Synergien schaffen lassen. Ein Beispiel ist das Parkpickerl, das flächendeckend in Wien eingeführt wurde. Es dient zum einen einer zielgerichteten Parkraumbewirtschaftung und erzielt zum anderen Einnahmen, die dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel zugutekommen.
Genauso dazu gehören aber auch Aspekte der blau-grünen Infrastruktur, die für eine resiliente Raumentwicklung unerlässlich ist. Im 22. Wiener Gemeindebezirk wird hier im Rahmen des Projekts GreenDeal4Real nach Möglichkeiten gesucht, durch innovative Begrünungsmaßnahmen in gemischten Wohn- und Gewerbegebieten der sommerlichen Überhitzung vorzubeugen.
Klimaschutz und Lebensqualität gehen hier Hand in Hand: Die Grünraumversorgung schafft Zonen zur Abkühlung in dichtbesiedelten urbanen Räumen und Sickerflächen bei starken Niederschlägen. Zugleich erfüllen Grün- und Freiräume wichtige ökologische und Erholungsfunktionen. Damit das möglich wird, müssen solche Räume in der Stadtplanung ausreichend berücksichtigt und Lösungen gefunden werden, um verschiedene Ansprüche auf die verfügbaren Flächen miteinander in Einklang zu bringen.

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Wirtschaft
Auf wirtschaftlicher Ebene greifen blau-grüne Infrastruktur und ökonomische Planungen ineinander. So sind regionale Kreisläufe für eine klimaneutrale Stadt ein wichtiger Aspekt. Gemeint ist damit zum Beispiel eine stadtnahe Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, aber eben auch eine funktionierende regionale Kreislaufwirtschaft zur Ressourcenschonung.
Für die Smart Klima City Wien spielen Zero Waste und Kreislaufwirtschaft eine große Rolle, angefangen bei der Zielsetzung, die Wiener Abfallwirtschaft bis 2040 klimaneutral zu gestalten. Weitere Ziele beinhalten die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bis 2030 um 50 Prozent oder eine Recyclingquote von 60 Prozent.
Unter dem Motto „Reduce & Reuse“ sind zu diesem Zweck bereits zahlreiche Projekte und Aktionen entstanden, die auf kreative und innovative Weise zur Vermeidung von Abfällen und zur Wiederverwendung von gebrauchten Produkten beitragen. Das Umweltmanagementprogramm PUMA (Programm Umweltmanagement im Magistrat) macht die Wiener Stadtverwaltung in Sachen betrieblicher Umweltschutzmaßnahmen zur Vorreiterin. Darunter fallen Energiesparmaßnahmen, Ressourcenmanagement (zum Beispiel durch ökologische Vorgaben für Gebäude) sowie das Mobilitäts- und Fuhrparkmanagement.
Notwendige Maßnahmen ganzheitlich denken
Die große Stärke des STEP 2035 liegt darin, die notwendige ganzheitliche Herangehensweise an die miteinander verknüpften Herausforderungen von Beginn an zu ermöglichen. Dazu gehört auch, über die Stadtgrenzen hinaus zu denken und Lösungen nicht allein auf die Kernstadt zu beschränken. Gelingen kann die Transformation nur, wenn es eine Gesamtstrategie für Wien und die umliegende Region gibt.
Auf diese Weise lassen sich beispielsweise kompakte Siedlungen realisieren, die für ihre Bewohner lebendige Zentren mit funktionierender Nahversorgung sind. Es eröffnen sich Möglichkeiten für großflächige Naturräume mit Feuchtgebieten und Grünkorridoren, die gleichzeitig dabei helfen, das Stadtklima zu verbessern.
Als erklärte Klimapionierstadt kann Wien die gesteckten Ziele nur erreichen, wenn ganzheitliche Konzepte und übergreifende Kooperationen die Grundlage für die Umsetzung sind. Das grundsätzliche Ziel ist dabei die Vorsorge für eine hohe Lebensqualität, die auch angesichts der bestehenden Herausforderungen durch die Klimakrise, wirtschaftliche Verwerfungen und Bevölkerungswachstum bereits bestehen.
In dieser Hinsicht formuliert der STEP 2035 notwendige Maßnahmen, die im Rahmen der Stadtentwicklung, Stadt- und Energieplanung ergriffen werden müssen.