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1989–2019: Politik des Raums im Neuen Berlin

Foto: Gisela Dutschmann, Der Palast der Republik feiert Richtfest, 19. November 1974 © Gisela Dutschmann, Magistratsarchiv, Berlinische Galerie

Neuer Berliner Kunstverein

Chausseestraße 128/129
10115 Berlin
Deutschland

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Eröffnung: Mittwoch, 11. September 2019, 18 Uhr

Eine Ausstellung mit Beiträgen von Guerilla Architects in Zusammenarbeit mit Philine Schneider und Shahrzad Rahmani, Verena Hartbaum, Andrej Holm, Charlotte Malterre-Barthes (mit Studierenden der Technischen Universität Berlin), Daniel Poller, Schroeter & Berger, Florine Schüschke


Das mit dem Mauerfall eingeläutete Ende der Blockkonfrontation zwischen Ost und West – eine Zäsur, die den Politikwissenschaftler Francis Fukuyama vom „Ende der Geschichte“ sprechen ließ – hatte in Berlin, wo die kapitalistische und die realsozialistische Weltordnung räumlich unmittelbar aufeinanderprallten, ganz besondere Auswirkungen für die Stadtentwicklung. Einerseits wurden neue politische und kulturelle Räume eröffnet, andererseits ebnete der Mauerfall einer Neoliberalisierung der Politik den Weg. Begründet wurde der politische Reformwille mit der Notwendigkeit, mit anderen Metropolen konkurrieren zu können.

Die neue Raumpolitik vollzog sich auf drei Ebenen: Tiefgreifende Verwaltungsreformen machten die flächendeckende Veräußerung kommunaler Liegenschaften möglich, die Langzeitfolgen setzen heute den Wohnungsmarkt und das sozialräumliche Gefüge der Stadt zunehmend unter Spannung. Auf der architektonischen Ebene bediente der Berlinische Neohistorismus das Bedürfnis nach nationaler Identität, doch die architektonische Rekonstruktionsdebatte der 1990er-Jahre funktionierte als ideologische Überblendung und verschleierte die genannten Transformationsprozesse.

Die Inszenierung Berlins als cultural hub im Gefolge der Berliner Bankenkrise ist Ausdruck einer neuen Stadtpolitik, die mittels einer gezielten Inwertsetzung von Sub- und Gegenkulturen den Mythos des kreativen Berlin zu überhöhen und die Stadt als einen globalen Sehnsuchtsort zu etablieren sucht. Die Ausstellung 1989–2019: Politik des Raums im Neuen Berlin skizziert die urbanistische und architektonische Entwicklung vom vermeintlichen „Ende der Geschichte“ her: Wie ist Berlin zu dem geworden, was es heute ist? Dabei geht es nicht um Vollständigkeit im Sinne einer linearen Geschichtsschreibung, sondern um die Darstellung teils widersprüchlicher Prozesse und Narrative, die sich bis heute im gebauten Berlin überlagern und verdichten. Das eine Berlin gibt es nicht, dafür viele Mythen und Imaginationen dessen, was Berlin sein soll. Die Ausstellung reflektiert die Perspektiven und Mythen der Geschichte, des Marktes und der Kreativität.


Eigens für die Ausstellung realisierte Projekte machen unterschiedliche stadträumliche Politiken und ihre Folgen für das Berlin von heute anschaulich. Eine raumgreifende Kartografie der Privatisierung Berlins visualisiert erstmals umfassend den in den vergangenen Jahrzehnten erfolgten Verkauf von Liegenschaften der öffentlichen Hand. Mit dem Glossar der Privatisierung analysiert Andrej Holm Begriffe, die administrativen Instrumentarien und Vorgänge widerspiegeln, auf deren Grundlage der umfangreiche Verkauf landeseigener Immobilien vollzogen wurde. Charlotte Malterre-Barthes präsentiert mit Studierenden der Technischen Universität Berlin das Immobilienportfolio Real Estate of Emergency, das rund dreißig aktuelle Spekulationsobjekte untersucht und die dahinterstehenden Interessen offenlegt. Guerilla Architects untersuchen die Sprache des spekulativen Wohnungsmarktes, indem sie ein Glossar der Immobiliensprache filmisch umsetzen. Schroeter & Berger setzen sich mit dem Kreativitätsdispositiv der städtischen Marketingkampagne be Berlin auseinander und adaptieren deren Ästhetik mittels Collage, Montage und Détournement. Aufbauend auf einer Forschungsarbeit der Architekturtheoretikerin Verena Hartbaum, die Berlins historisierende Architekturen systematisch erschlossen hat, dokumentierte Daniel Poller die Vielzahl von Neubauten der letzten drei Jahrzehnte fotografisch, um anhand ihrer Gestaltungsprinzipien soziale Distinktions- und Ausschlussmechanismen aufzuzeigen. Poller imaginiert mit seiner Videoinstallation ein realexistierendes Berlin, das die Vergangenheit zur gesellschaftlichen Zielvorstellung erkoren hat.

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