architektur.aktuell 04/2000

architektur.aktuell 04/2000

architektur.aktuell

Sprint in hohen Absätzen|Running in High Heels

Von|by Bostjan Vuga/Sadar in Vuga Arhitekti/Ljubljana

In einer Pirelli-Werbung startet Carl Lewis in roten Stilettos. Lewis besitzt die physische und mentale Kraft, hundert Meter zu sprinten, ohne die hohen Absätze abzubrechen. Die Muskelmasse gleitet auf zwei dünnen Stäben – sobald jedoch die Selbstkontrolle nachlässt, zerbricht diese Muskelmasse die Stäbchen. “Power is nothing without control!” Sie haben verdammt recht, Herr Prix*): Großzügigere Erschließungsflächen sind ein Geschenk an uns Architekten. Ich höre schon die Bauherrn klagen: “Sie sollten uns folgen und Ihre abgehängte Decke durch eine billigere ersetzen (was allerdings den erwünschten architektonischen Effekt drastisch verändern würde), oder Sie müssen Ihre canyonartigen Lufträume, Ihre vertikalen Hallen und apfelschalenartigen Paravents opfern.” Wenn wir den Zielen, die wir uns gesetzt haben, treu bleiben und Architektur kreativ praktizieren wollen, dann müssen wir entscheiden, welches Element für das Erzielen des erdachten architektonischen Effekts entscheidend ist.


Zaha Hadid: Mind Zone im Millennium Dome in London, England|The Mind Zone, Millennium Dome, London, England

Von|by Peter Allison
Ein Bau fürs nächste Jahrtausend

In seinen “Sechs Vorschlägen für das nächste Jahrtausend” versucht Italo Calvino jene Motive der Literatur des vergangenen Millenniums zu identifizieren, deren Pflege er auch dem nächsten Jahrtausend empfehlen würde. Da viele der Qualitäten, die er am meisten bewundert, direkte körperliche Implikationen haben, sind sie auch für den Entwurf von Gebäuden und für die Architektur im allgemeinen relevant. In der “Mind Zone” illustrieren die Exponate Anwendungen des Verstandes und den Einsatz der Intelligenz. Sie wurden aus einer Position in Auftrag gegeben, die von einem breiten Spektrum an Erkenntnissen der zeitgenössischen Kunst und Technologie beeinflusst ist und auch einen spekulativen Blick in die Zukunft wagt.


Bas Princen: Radikale Streifzüge – Über die Arbeit von Bas Princen|A Radical Ramble – On the Work of Bas Princen

Von|by Bart Lootsma

Die Fotografien von Bas Princen zeigen Landschaften, die – von einer Ausnahme abgesehen – auf den ersten Blick wahrlich nichts Besonderes an sich haben. Es sind typisch niederländische Landschaften: zumeist flach und künstlich, ganz so, als warteten sie nur darauf, durch irgendwelche Bauaktivitäten ökonomisch rentabel gemacht zu werden. Es sieht aber so aus, als würden diese scheinbar verlassenen Flecken am Rande einer Stadt oder einer Naturlandschaft gerade durch ihre vollkommene Bedeutungslosigkeit für Gruppen von Menschen ganz bestimmte Vorzüge besitzen. Sie nehmen sie in Besitz, indem sie dort Aktivitäten nachgehen, wofür andernorts kein Platz ist und die andernorts nicht geduldet werden.


Essay

Rationalismo und Moderne|Rationalismo and Modernism

Von|by Gabriele Reiterer
Bemerkungen zur Südtiroler Hotelarchitektur der zwanziger und dreißiger Jahre am Beispiel von Drei Zinnen,Monte Pana und Paradiso

“Alle Gegensätze sind harmonisch gelöst, Norden Süden, Stadt und Landschaft, Deutschland und Italien, all diese scharfen Kontraste gleiten sanft ineinander, selbst das Feindlichste scheint hier gesellig und vertraut”. (Stefan Zweig) Den Beginn der touristischen Entwicklung Südtirols markierte die Errichtung der Brenner- und Pustertalstrecken durch die k. k. Südbahngesellschaft in den Jahren 1867 bis 1871. Die neuen Bahnstrecken erschlossen nun auch landschaftlich reizvolle Regionen wie das Hochpustertal und die Dolomitengebiete. Der 1890 gegründete “Verein für Alpenhotels” unter Theodor Christomannos bildete den Auftakt zum Einstieg in die Südtiroler “Grandhotellerie”.


Gerhard Mitterberger: Stadion Stallhofen bei Graz, Steiermark|Stallhofen Stadium near Graz, Styria, Austria

Von|by Nikolaus Hellmayr
Verschiebung der Massen

Sport hat in Landgemeinden einen besonderen Stellenwert. Die Dimensionierung der dafür nötigen Anlagen ist insbesondere in kleinen Gemeinden nur nachzuvollziehen, wenn man das Vereinsleben eines Fußballclubs oder Eisstockschützenvereins wie vormals Kirche, Dorfplatz und Wirtsstube als Kristallisationszentrum dörflicher Kommunikation versteht. In Stallhofen, einer kleinen weststeirischen Gemeinde, wo Gerhard Mitterberger ein Sport- und Freizeitzentrum errichtete, wird dies nicht anders sein, und die Bedeutung der Anlage für das Dorf spiegelt sich nicht alleine in ihrer Dimension, sondern ebenso in der emphatischen Geste, mit der sie in der Landschaft positioniert ist.


Dominique Perrault/APP: Schwimm- und Sprunghalle im Europa Sportpark in Berlin, Deutschland|Indoor Swimming and Diving Pool in the Europa Sportpark in Berlin, Germany

Von|by Claus Käpplinger
Gefrorener Stahlsee

Vergeblich bewarb sich Berlin Anfang der neunziger Jahre um die Olympischen Spiele 2000. Obwohl die Kandidatur kläglich scheiterte, verdankt die Stadt ihr nun einen multifunktionalen Sportkomplex von faszinierender räumlicher Strahlkraft. Für 540 Millionen Mark entstanden zwei multifunktionale, weitgehend unterirdische Hallenkomplexe: Ein Velodrom, das dem Rad- und Reitsport dient und in dem inzwischen auch Konzerte und Politikveranstaltungen stattfinden, sowie ein Schwimmstadion, das außerhalb von Wettkämpfen nicht nur als ein Landesleistungszentrum für Schwimmen-Springen-Wasserball genutzt wird, sondern mit einem öffentlichen Hallenbad und privaten Fitnesszentrum auch dem Breitensport dient.


Interview

Die Bilder des Architekten|The Architect’s Images
Christiana Hageneder im Gespräch mit|in conversation with Toyo Ito

Zur Szenographie des Expo-Pavillons “Zukunft Gesundheit” in Hannover

“Toyo Ito tendiert dazu, beim Gehen seinen Blick himmelwärts zu richten. Er neigt dazu, ein bisschen höher zu blicken, als geradeaus.” (der Architekt Atsushi Kitagawara über Toyo Ito in einem Interview im Buch “Shaking the Foundations” – Ch. Knabe und J.R. Nönnig im Prestel Verlag 1999) Im weißen Besprechungsraum seines Tokioter Ateliers breitet Ito seine Gedanken in aller Ruhe und Gelassenheit aus, als ob er anstatt eines anstrengenden Arbeitstages ein entspannendes japanisches Bad, das er überaus schätzt, hinter sich hätte. Toyo Ito: Es ist eigenartig, Wasser war in meinem Arbeiten und Denken nie ein bewusst eingesetzter Faktor, aber wenn ich es genau betrachte, scheint es doch in ganz natürlicher Weise eine gewisse Rolle eingenommen zu haben.


Oestreich + Schmid: Alterswohnungen in St. Gallen, Schweiz|Old Persons Apartments in St. Gallen, Switzerland

Von|by Laurent Stalder
Über Zweckmäßigkeit in der Architektur

Ein Bau muss zweckmäßig sein. Darin sind sich alle einig. Eine Konstruktion kann zweckmäßig sein – materialsparend und für die abzutragende Last errechnet. Ein Grundriss kann zweckmäßig sein – den Anforderungen der Bewohner nach Bequemlichkeit oder Hygiene entsprechend. Auch eine Erschließung, ein Geländer oder ein Ablaufrohr können zweckmäßig sein. Der Statiker ist erfreut über seine rechnerische Leistung, der Bewohner über die leichte Benutzung und der Bauherr über die Rentabilität des Objektes. Auch der Architekt ist stolz über seinen Bau. Ein Gebäude kann aber zusätzlich von Öffentlichkeit oder Privatheit, Gediegenheit oder Geborgenheit, Reichtum oder Ärmlichkeit, Repräsentation oder Komfort zeugen.


Helmut Christen: Seniorenheim in Linz-Dornach, Oberösterreich|Retirement Home in Linz-Dornach, Upper Austria

Von|by Romana Ring
Die Stadt im Inneren

Eine gläserne Haut, mittels einiger gebäudehoher Felder aus Gitterrosten gegliedert, umspannt den Bau, unterstreicht seine solitäre Zeichenhaftigkeit, schafft Distanz und suggeriert dabei gleichzeitig völlige Offenheit und Transparenz. Das Altenheim lässt mit seinen Außenanlagen die Übergänge zu den bestehenden Wohn- und Grünanlagen des Stadtteils Dornach-Auhof fließend verlaufen. Das zeigt sich im bewussten Weglassen von Einfriedungen und darüber hinaus durch die Prominenz seiner Erscheinung, die dem benachbarten Fernheizwerk die Spitze nimmt. Die Masse eines Hauses, das hundertdreißig Betten birgt, ist jedenfalls nicht unbeträchtlich. Dennoch erweckt das Gebäude die Assoziation zu einem – von einer nachlässigen Spedition? – zwischen den Wohnblocks abgestellten Möbelstück.


Martin Kohlbauer: Zubau Sophienspital in Wien-Mariahilf|Extension to the Sophienspital Hospital in Vienna, Austria

Von|by Matthias Boeckl
Vom Stillstand zur Bewegung

Ein Krankenhaus direkt an einer großstädtischen Hauptverkehrsader wird gemeinhin für wenig gesundheitsfördernd gehalten. Martin Kohlbauer beweist jedoch mit seinem Sophienspital, dass der Kontrast zwischen Stillstand und Bewegung selbst in der hochgradig vorbestimmten Spitalsarchitektur zu einem architektonischen Thema werden kann, dessen räumliche Interpretation den Patienten zugute kommt. Direkt gegenüber dem Wiener Westbahnhof und seinem räumlich kaum fassbaren Umfeld gelegen, bildet die Klinkerwand einen differenzierten Abschluss (mit Durch- und Einblicken) einer gewaltigen Verkehrsfläche, wo mehrspurige Straßen in zwei Richtungen mit ruhigeren Flächen wechseln, die dem Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln dienen.

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