architektur.aktuell 12/2003
OMA: McCormick Tribune Campus Center, Illinois Institute of Technology (IIT) in Chicago, USA
Photos: Christian Richters; Text: Robert Temel
Die zufällige Begegnung einer Nähmaschine mit einem Regenschirm auf dem Seziertisch
Dieses Bild von Lautréamont für Schönheit, in dem die Surrealisten ihren Ahnherren erkannten, verwendet Rem Koolhaas, um auf die Absurdität der Situation von Mies’ Commons Building des Illinois Institute of Technology (IIT) unmittelbar neben der Chicagoer Hochbahn “El” hinzuweisen. Genauso seltsam wie das Zusammenkommen von Nähmaschine und Regenschirm sei auch das von Elevated Train und Mies, und erst durch Koolhaas’ Eingriff würde wieder das Gleichgewicht hergestellt
Frank O. Gehry: Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, USA
Photos: Roland Halbe; Text: Gudrun Hausegger
Akustische Zentrifuge
Kulturbauten mit integrierten öffentlichen Einrichtungen nehmen eine immer wichtigere Funktion in der Reaktivierung alter Innenstadtbezirke ein. So gelang es auch Downtown Los Angeles, mit der Eröffnung der Walt Disney Concert Hall einen kräftigen kulturellen und urbanen Impuls in Bunker Hill zu setzen, dem Kulturbezirk Downtowns, in unmittelbarer Nachbarschaft von Arata Isozakis Museum of Contemporary Art und Rafael Moneos Kathedrale.
spacelab cook/fournier: Kunsthaus Graz | Kunsthaus in Graz, Austria
Photos: Paul Ott; Text: Matthias Boeckl
Needle, Nozzle, Travelator
Nach vierzehnjähriger Leidensgeschichte hat Graz nun endlich doch noch sein Kunsthaus erhalten: Ein organoides, schwebendes Objekt mit flackernder Kunststoff-Licht-Haut und Düsen am Rücken. Welchen Stellenwert kann die Pop-Art heute noch beanspruchen? Will sie zukünftige Kunstformen in ihre Sergeant-Pepper-Welt zwingen oder ist die Welt der 1960er Jahre tatsächlich wieder aktuell?
Uwe Schröder: Wohnhöfe Auerberg in Bonn, Deutschland | Courtyard Housing Auerberg in Bonn, Germany
Photos: Peter Oszvald; Text: Klaus-Dieter Weiß
Housing-House
These 90 m2 units are approximately 20% smaller than the Stuttgart Rows built in1927 by the Dutch architect J.J.P Oud. The one-level ground units harmonically and luxuriously group themselves in terms of both spatial quality and colour into rows of five and groups of twenty around two courtyards, each of which have four openings under cultivated lime trees. The residential streets are bounded by villas and are widened to piazzas for a vehicular-free zone. These piazzas are each enriched with an art object. The courtyards blend together with the entry areas to the buildings and with the normally unuseable green areas in front of the buildings. This project proves that, against all expectations, one can still today improve housing both typologically and spatially.
Titus Bernhard: Wohnhaus in Stadtbergen bei Augsburg, Deutschland | House in Stadtbergen near Augsburg, Germany
Photos: Christian Richters; Text: Klaus-Dieter Weiß
Natur-Stein-Haus
Mit den Reaktionen auf dieses Haus im Internet, in der Tagespresse, vor Gericht könnte man leicht ein ganzes Buch füllen. Kommen Sie nach Graz und bauen Sie dort, riet ein Leserbriefschreiber dem Architekten. Graz sei bereits Kulturhauptstadt Europas, Augsburg wolle es offensichtlich gar nicht werden. Ein anderer wünschte sich politische Persönlichkeiten, die dem Kleingeist widerstehen, Genehmigungsbehörden, die der Geschmacklosigkeit begegnen, Architekten, die endlich die souveräne Führungsarbeit in der Diskussion um zeitgemäße Architektur übernehmen. Dem letzten und wichtigsten Punkt scheint sich Titus Bernhard mit seinem Projekt “Haus 9 x 9? zu widmen.
ARTEC/s & s/Rüdiger Lainer: Wohnbauten und Sporthalle Wiedner Hauptstraße, Wien | Condominium and Gym Complex, Vienna, Austria
Photos: Hertha Hurnaus, Wolfgang Thaler, Gert Walden; Text: Matthias Boeckl
Dichte als Prinzip
In einem der dichtest bebauten Gründerzeitbezirke Wiens entstand ein aufschlussreiches Konversionsprojekt: Ein Lehrbeispiel, wie im Zusammenspiel der öffentlichen Hand und privater Wohnbauträger – trotz problematischer Widmungslage – eine annehmbare zeitgenössische Interpretation städtebaulicher Figuren des 19. Jahrhunderts entstehen kann. Die Erfolgsfaktoren dabei heißen erhöhte Dichte durch einzelne Hochhauselemente, Einbau öffentlich finanzierter Infrastruktur und aggressives Marketing.
Franz Riepl: Wohn- und Bürogebäude am Mayburger Kai in Salzburg | Apartment and Office Building in Salzburg, Austria
Photos: Michael Heinrich, Gerald Zugmann; Text: Romana Ring
Radikale Diskretion
Es gibt sie: die elegante, schlanke, fein gesponnene, nahezu unverwüstlich robuste und radikal unaufdringliche Architektur. Die Bauten Franz Riepls – ob Neugestaltung eines Bauernhofes oder großer Wohnbau – fallen nie aus dem Rahmen ihrer Aufgabe. Seine von profundem Wissen und glühender Leidenschaft getragene, vom Städtebau bis zum Fensterdetail reichende Auseinandersetzung mit allen Bau-Fragen verleiht dem scheinbar Alltäglichen eine außergewöhnliche Tiefe.
Riepl Riepl: Bundesschulzentrum und Sporthalle in Kirchdorf a.d. Krems, Oberösterreich | Public school and Gymnasium in Kirchdorf a.d. Krems, Austria
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Photos: Josef Pausch; Text: Romana Ring
Überwindung der Schwere
Schule ist der Inbegriff des Alltäglichen. Peter und Gabriele Riepl versuchen mit der Sanierung des Schulzentrums in Kirchdorf nicht, diesen Umstand zu verschleiern. Doch wie pragmatisch und robust ihre Antwort auf die Fragen eines zeitgemäßen Schulbetriebes bei sinkenden Budgets und nicht zuletzt unter Verwendung des Vorgefundenen auch sein mag, sie entbindet die Anstalt nicht ihres kulturellen Auftrages als öffentliche Bildungseinrichtung. Das Konzept ablesbarer Beziehungen innerhalb der Raumfolgen ebenso wie zwischen der Anlage und ihrem Umfeld gewährleistet, dass die baukünstlerische Nachrüstung des Schulzentrums nicht in aufgesetzter Ästhetik verpufft.
Small&Smart
Gasparin & Meier: Glasbläserei und Markthalle in Villach, Austria | A Glassblower’s Shop and Market Hall in Villach, Austria
Photos: Margherita Spiluttini; Text: Matthias Boeckl
Zwei kleine, aber höchst wirkungsvolle Interventionen in der betriebsamen Stadt Villach, dem wirtschaftlichen Zentrum Kärntens. Und bei beiden ging es um die Darstellung dieser Betriebsamkeit: Stahl als hartes und dunkles Material hebt die filigrane Arbeit und die Produkte der Glasbläserei durch Farb- und Konsistenzkontraste zum Glas deutlich hervor, die Fensterflächen des ehemaligen Schusterladens wurden stark vergrößert. Und die städtische Markthalle im Erdgeschoß eines Hochhauses sollte nach außen hin als solche in Erscheinung treten. Dazu wurde ein umlaufendes Fensterband vor die Fassade gesetzt und im Inneren die räumliche Situation neu geordnet, die Eingänge verlegt und die Beleuchtung angepasst. Auch der Umraum ist Thema dieser Arbeit: Der zweimal pro Woche genutzte Marktplatz wurde multifunktional adaptiert. Sämtliche von den Architekten entworfene Einrichtungen (klappbare Markttische, Transportwagen, Sitzbänke und anderes) müssen für Großanlässe und die sonst gegebene Parkplatznutzung bodeneben demontierbar sein – auch die Bäume, die deshalb in versenkten Töpfen gepflanzt wurden. Diese und andere klärende Eingriffe und klaren Neuorganisationen im öffentlichen Raum – etwa auch der Villacher Bahnhofskiosk und ein Schulumbau in Klagenfurt, den wir demnächst ausführlicher präsentieren – zeigen präzises Sensorium von Gasparin & Meier für das Angemessene. Formen und Materialien sprechen eine zeitrichtige Sprache.