architektur.aktuell 12/2006
Philippe Gazeau: Ecole Normale Supérieure, Paris, Frankreich | France
Photos: Luc Boegly, Philippe Gazeau, Philippe Ruault; Text: Dominique Boudet
Im Zwischenraum
Rund um die “Montagne Sainte Geneviève”, einem Hügel am linken Seine-Ufer in Paris mit dem Pantheon auf seiner Kuppe, haben sich im Lauf der Zeit einige der bedeutendsten universitären und wissenschaftlichen Institutionen Frankreichs angesiedelt: die Sorbonne, das Collège de France sowie die wichtigste Eliteuniversität, die “Ecole Normale Supérieure”. Für sie gibt es seit kurzem einen anspruchsvollen Bibliotheks-Zubau.
Martin Kohlbauer: Schulungszentrum und Betriebsrestaurant in Bruchsal, Deutschland | Training centre and company restaurant in Bruchsal, Germany
Photos: Rupert Steiner; Text: Christof Bodenbach
Unsere kleine Stadt
Im Südwesten Deutschlands lässt es sich gut leben. Hier gedeihen nicht nur Spargel und Wein und sorgen gemeinsam mit der Nähe Frankreichs für eine gute Küche. Hier arbeiten auch viele junge, innovative, international erfolgreiche Unternehmen wie beispielsweise SAP. Schon ist – Kalifornien lässt grüßen! – vom “Software Valley” die Rede. Auch ganz in der Nähe Karlsruhes, in Bruchsal, galt es 2006, eine innovative Firma zu feiern. Sie setzt nicht nur bei ihren Produkten auf kompromisslose Qualität, sondern stellt seit ein paar Jahren auch hohe Ansprüche an die Architektur ihres Werksgeländes. Ein eingeladener Wettbewerb unter sechs Architekturbüros wurde veranstaltet, den der Wiener Architekt Martin Kohlbauer mit einem einprägsamen Entwurf gewann.
Günter Zamp Kelp: “Haus vor dem Wind”, Büro-Wohnhaus im Medienhafen Düsseldorf, Deutschland | “Building before the Wind”, office and residential building in the Medienhafen Düsseldorf, Germany
Photos: Michael Reisch; Text: Claus Käpplinger
Aura und Atmosphäre
Schon lange setzt sich der österreichische Architekt Günter Zamp Kelp mit dem Thema Wind auseinander, mit unverwechselbar verformten Körpern, die ihren Ort auf unerwartete Weise zum Ausdruck bringen. Vom erfrischenden Querdenken seiner früheren Stadtwahrnehmungs-Guerillagruppe “Haus-Rucker-Co” will er nicht lassen und versucht Raum und Objekt weiterhin vieldeutig aufzuladen, um unseren Begriff von Realität ins Wanken zu bringen. Im Düsseldorfer Medienhafen ist ihm dies mit einem “Haus vor dem Wind” gelungen, das dem Bauen am Wasser unverwechselbare Qualitäten abzugewinnen verstand.
Heinz Tesar: Bank für Tirol und Vorarlberg, Innsbruck | Austria
Photos: Nikolaus Schletterer; Text: Matthias Boeckl
Kunst – Landschaft – Geld
Innsbrucks Altstadt befindet sich in einem grundlegenden Transformationsprozess. Nach dem Rathausgalerien-Komplex von Dominique Perrault und dem Sporthaus OK von Wolfgang Pöschl werden demnächst ein neues Kaufhaus und ein neues Bankgebäude nahe der Prachtmeile Maria-Theresienstraße errichtet. Eine weitere Bank hat bereits jetzt ihren neuen Hauptsitz eröffnet – und die Wahl des Architekten war Programm.
Essay
“Barfußarchitekten”: Low Tech / Low Cost-Architektur | “Barefoot Architecture”: Low-Tech / Low-Cost Architecture
Text: Andrea Nussbaum
Wenn alles schon gesagt ist, wenn alles schon gebaut ist, was bleibt dann übrig? Ist die glamouröse Architekturproduktion an ihre Grenzen gelangt? An Universitäten, aber auch in der Praxis einiger Architekturbüros zeichnet sich ein neuer/alter Low Tech/Low Cost-Trend ab. Auch die Studenten legen seit jüngster Zeit bei Projekten wieder selbst Hand an. Hat die Architektur Sparsamkeit und soziales Engagement neu entdeckt? Wird die Baukultur wieder verstärkt als Handwerk verstanden?
BWM Architekten: Ausstellungsgestaltungen und Museumseinrichtungen | Exhibition designs and museum interiors
Photos: Rupert Steiner; Text: Elke Krasny
Die Materialität der Komposition
Ausstellen bedeutet, Dinge zur Sprache zu bringen. Den Weg zur Sprache nehmen die Dinge über die visuelle Kommunikation im Raum, die man ihnen angedeihen lässt. Ausstellen bedeutet also, Dinge über das Schauen Lassen zur Sprache zu bringen. Für dieses Schauen und Schauen Lassen in den spezifischen Gesetzmäßigkeiten von Museen und Ausstellungen haben BMW Architekten eine unverkennbare gestalterische Handschrift entwickelt.
Reiner Kaschl – Heide Mühlfellner: “SalzburgMuseum Neue Residenz” in Salzburg | Austria
Photos: Stefan Zenzmaier, Wilhelm Scherübl; Text: Norbert Mayr
Kulturgeschichte im Fürstenpalast
Der “palazzo nuovo” in Salzburg geht auf Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau zurück. Der Palast des mächtigen und durchsetzungkräftigen Herrschers (1587-1612) war Teil seiner Umgestaltung der “Fürstenstadt” mit der einzigartigen Platzgruppe rund um den Domneubau. Die “Neue Residenz” mit ihren beiden Innenhöfen veränderte sich über die Jahrhunderte hinweg. Die Renovierung und zeitgemäße Neugestaltung eines Teils des Ensembles zum Salzburger Museum Carolino Augusteum beendete eine jahrelange Debatte um einen neuen Standort für das Stadt-Land-Museum.
Gerhard Mitterberger: Musikerheim Stallhofen, Steiermark | Musicians’ clubhouse Stallhofen, Austria
Photos: Zita Oberwalder; Text: Norbert Hellmayr
Kulturgeschichte im Fürstenpalast
Der “palazzo nuovo” in Salzburg geht auf Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau zurück. Der Palast des mächtigen und durchsetzungkräftigen Herrschers (1587-1612) war Teil seiner Umgestaltung der “Fürstenstadt” mit der einzigartigen Platzgruppe rund um den Domneubau. Die “Neue Residenz” mit ihren beiden Innenhöfen veränderte sich über die Jahrhunderte hinweg. Die Renovierung und zeitgemäße Neugestaltung eines Teils des Ensembles zum Salzburger Museum Carolino Augusteum beendete eine jahrelange Debatte um einen neuen Standort für das Stadt-Land-Museum.
Small&Smart
MODUS architects: Kinder-Tagesbetreuungsstätte in Brixen, Italien | Childrens day-care centre in Bressanone, Italy
Photos: Jürgen Eheim; Text: Robert Fabach
Kinderspiel
Die in den USA aufgewachsene Sandy Attia und der Südtiroler Matteo Scagnol sind vom gemeinsamen Studium in Harvard nach Brixen gekommen und haben sich über fünf Jahre hinweg in Wettbewerbe gestürzt. Modus hat das Kunststück geschafft, sich so nach einer Durststrecke eine Reihe von Realisierungen von Wohnbauten und öffentlichen Gebäuden zu erkämpfen. Der Kinderhort im Park des ehemaligen Frauenspitals kann als erfolgreicher Einstieg dazu angesehen werden. Im Wettbewerb wurde mit einem Generalunternehmer frech die geforderte Bauzeit nochmals auf die Hälfte reduziert und über eine Bauweise mit vorgefertigten Holzelementen in 90 Tagen vom Aushub bis zur Schlüsselübergabe auch umgesetzt. Das Resultat ist konzeptionell klar. Sehr logisch in den Park gesetzt, öffnet es zum Garten und schirmt ab zu einem Versorgungsareal. Im Raumeindruck etwas lebhaft ist die Bewegung im Grundriss aber vor allem raumbildend. Verspieltheit in Form und Material ist für einen Kindergarten immer etwas trivial, erreicht aber hier durch die feine Farb- und Materialauswahl eine ausgewogene Erlebnisdichte: Lackiertes MDF-Fronten, Kirschholzrahmen und selbst entworfene Kinderstühle aus Birkensperrholz, Linoleumboden und Fensterelemente aus Douglasie. Der professionelle Gesamteindruck rührt weiter aus sehr sauberen, handwerklichen und gestalterischen Lösungen, die in enger Zusammenarbeit mit den Ausführenden, insbesondere der Tischlerei Krapf entstanden sind. Die Lust am Konzept und der Blick für markante Gestaltungselemente zeichnet auch die übrigen laufenden Projekte aus und steht hier mit der aufrichtigen Kooperation mit dem Handwerk in einer guten Balance. Eine zukunftsträchtige Kombination, deren weitere Resultate mit Spannung zu erwarten sind.