architektur.aktuell 4/2019
Kampf um den Maßstab
Fragen: Isabella Marboe
Die Architektinnen Claudia Cavallar, Catharina Maul, Anna Wickenhauser und Sabine Pollak, Vizerektorin der Kunstuniversität Linz, über ihren Werdegang, ihre Karriere und ihre Praxis als Frauen in einer Männerdomäne.
architektur.aktuell: Wie seid ihr zur Architektur gekommen? Sabine Pollak: Ich beginne mit einem Klischee: Ich wollte Kunst und Malerei studieren. Das haben mir meine Eltern, beide Naturwissenschaftler, ausgeredet. Da war Architektur quasi die Alternative. (...)
AL_A – Exhibition Road Quarter, Victoria and Albert Museum, London
Text: Sandra O'Connell – Licht ins Dunkel
Das Architekturbüro AL_A fand für die neuen Ausstellungräume im Victoria and Albert Museum (V&A) eine intuitive und kreative gestalterische Lösung, die auf die Leitprinzipien dieses Leuchtturmprojekts der Designinnovation eingeht und sich durch kontextuelle Sensibilität auszeichnet.
Die schönste Erfahrung beim Besuch des V&A in Londons Museumsquartier in South Kensington ist, sich zu verirren. Das 1851 (nach dem Erfolg der Great Exhibition) von dem britischen Erfinder Henry Cole „als eine Art Campus für jeden“ gegründete V&A hat eine riesige Sammlung aufgebaut, die mehr als 5000 Jahre menschlicher Kreativität widerspiegelt und Exponate aus den Bereichen Architektur, Möbel, Textilien, Keramik, Schmuck, Plastik, Malerei und Mode umfasst.
Eva Rubin und Jürgen P. Wirnsberger – Neues Wohnen an der Glan, Klagenfurt
Text: Ulrich Tragatschnig – In keiner Weise monoton
Seit über dreißig Jahren betreibt Eva Rubin ein engagiertes Büro in Kärnten, das viele innovative Wohn- und Bildungsbauten realisierte. Die Anlage „Neues Wohnen an der Glan“, die sie mit Jürgen P. Wirnsberger plante, zeigt eindrucksvoll, dass leistbarer Wohnbau auch menschenfreundlich abgehandelt werden kann.
Ob sie mit einem Wunsch beginnen dürfe, startet Architektin Eva Rubin die Besichtigung ihres Sozialwohnbauprojekts in Klagenfurt: Der von Süden, über die Glan hinweg fotografierte Blick auf die Anlage sei wohl der beste Aufmacher. Nicht nur, dass die Bäume im Mittelgrund eine gewisse Maßstäblichkeit ins Bild brächten, die Aufnahme verdeutliche auch ganz zentrale Anliegen ihrer Planung: den starken Naturbezug etwa oder die starke Gliederung der Baukörper.
Susanne Zottl mit Daniel Kerbler – Brennhalle der Porzellanmanufaktur Augarten, Wien
Text: Isabella Marboe – Funktional und poetisch
Der Brennhalle der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten verpassten Architektin Susanne Zottl und Daniel Kerbler eine elegante, vorgesetzte Fassade aus Zinkblech, die sich hochklappen lässt. Sie verbessert Temperatur und Lichtverhältnisse radikal.
Der Ort ist magisch: Durchschreitet man das symmetrische Torgebäude an der Adresse Obere Augartenstraße 1 und folgt einem zentralen Weg durch eine barocke Gartenanlage, gelangt man direkt zur traditionsreichen Wirkungsstätte der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten.
LIQUIFER Systems Group: Prozessdesign für Weltraum und Erde
Text: Gudrun Hausegger
LIQUIFER Systems Group arbeitet in ungewöhnlich großen multidisziplinären Teams an Projekten für den Weltraum sowie an Technologien, die wachsenden Städten und steigenden Bevölkerungszahlen Rechnung tragen.
Intelligentes Material- und Ressourcenmanagement in geschlossenen Kreisläufen sind hier und dort lebensnotwendig. Man lernt gleichermaßen durch Spin-offs von Projekten außerhalb der Erdatmosphäre wie von den für die Erde geplanten. Für die Architektinnen selbst existiert diese Unterscheidung nicht – Erde, Mond oder Mars sind Teil des gleichen Sonnensystems.
Wettbewerbe weiblich gesehen
Über die Rolle der Frauen im Wettbewerbswesen
Text: Franziska Leeb
Von Halbe-Halbe sind wir in der Welt der Architektur noch weit entfernt. Wäre die Gleichstellung der Geschlechter aber bei nicht zumindest in Beurteilungsgremien angebracht? Die Entscheidungen, die dort getroffen werden, betreffen immerhin die gesamte Gesellschaft – und die besteht zu etwas mehr als der Hälfte aus Frauen.
Farshid Moussavi Architecture – Wohnturm Folie Divine, Montpellier
Text: Susanne Stacher – Ein göttliches Lustschloss
Eine Londoner Architektin interpretiert „Luxus“ im Geschosswohnbau: Eine spielerisch-elegante Übung in mediterranem Umfeld, die an Stimmungen des romantischen Landschaftsparks erinnert.
Der Name „Folie Divine“, der mit „göttliches Lustschloss“ übersetzt werden könnte, mag für einen kollektiven Wohnbau, der in einem ehemaligen Industrieviertel außerhalb von Montpellier liegt, etwas merkwürdig klingen. Er wurde aber ganz bewusst von den Stadtplanern so ausgewählt, um das zentrumsnahe, durch eine Straßenbahn gut angebundene und einem Stadtlabor gleichende östliche Neubaugebiet aufzuwerten.
SNE VESELINOVIĆ – Volksschule und Wohnheim Wagramer Straße, Wien
Text: Franziska Leeb – Kompakte Komposition
An einer sechsspurigen Straße eine Volksschule zu errichten, der man noch 112 Kleinwohnungen auf den Buckel schnallt, ist – wenn auch ökonomisch effizient – ein riskantes Unterfangen. Dass unter diesen Umständen dennoch ein Ort des Wohlbefindens entstehen konnte, ist dem Gespür der Architektin für Raum, Licht und Farbe zu verdanken.
„Die Wagramer Straße ist der Boulevard der Donaustadt“ sagt Sne Veselinović. Aufs Erste kling diese Bezeichnung für die neun Kilometer lange Ausfallsstraße reichlich schönmalerisch. Denn die Wagramer Straße ist eher eine Abfolge urbaner Durchgangsorte, die mehr zum Durchfahren als zum gemächlichen Flanieren einlädt.