10K House © José Hevia

An der Schnittstelle zwischen dem aufstrebenden lokalen Immobilienmarkt und der globalen Umweltkrise gilt das 10K House von TAKK als ein materielles Manifest, das sich an eine ganz neue Generation von HausbesitzerInnen wendet, die nach der Krise von 2008 zum ersten Mal wieder Zugang zu Wohnraum haben. Mit einer Reihe technischer Details, die zuvor in ephemeren Installationen erprobt wurden, wollen die ArchitektInnen die politischen Vorstellungen rund um das Thema Wohnen grundlegend verändern.


TAKK hat seinen Sitz in Barcelona und gehört zu den jungen spanischen Architekturbüros, die genau zu dem Zeitpunkt gegründet wurden, als die Immobilienblase nach der globalen Finanzkrise 2008 platzte. Das Büro wurde 2010 eröffnet, nur ein Jahr vor dem Zusammenbruch des Immobilien- und Bausektors in Spanien, als diese Wirtschaftssparte ganze 10,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes ausmachte. In Südeuropa haben das weltweite Scheitern des neoliberalen Systems im Jahr 2008 und die Beschleunigung der Klimakrise die sozio-politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Strukturprobleme verschärft und die jüngere Generation in prekäre Lebensverhältnisse getrieben.

In diesem beruflichen Umfeld, das in Spanien durch das Fehlen großer öffentlicher und privater Projekte gekennzeichnet war, hat TAKK seine Arbeit aufgenommen. Das Team hat architektonische Aufträge wie temporäre Interventionen oder Möbelentwürfe mit Hilfe von programmatischen, formalen und vor allem materiellen Experimenten aufgewertet, ergänzt durch Online-Tutorials in modischer und videografischer Ästhetik und ausgeführt mit klassischen Produkten aus Baumärkten oder 99-Cent-Läden. Daraus entwickelte TAKK ein charakteristisches Repertoire an technischen Details, Materialverarbeitungen und Konstruktionsstrategien, die darauf abzielten, rohe Materialität und kostengünstige Massenprodukte von Prekarität und Knappheit zu entkoppeln. Im Jahr 2020, als sich die Wirtschaft in Spanien zu erholen begann, waren Mireia Luzárraga und Aljandro Muiño bereit, ihre Erfahrungen in anderen Bereichen als dem Hausbau umzusetzen.

Die verschiedenen Wohnräume sind vom kältesten zum wärmsten ineinander verschachtelt.
© José Hevia

Nach dem Besuch einer ihrer Vorträge beschloss der junge Designer Martí Delclòs, sich an die ArchitektInnen von TAKK zu wenden, um mit ihnen die Renovierung eines kleinen Appartements zu besprechen, die er kurz zuvor gekauft hatte. Die knapp 50 Quadratmeter große Wohnung befindet sich in einem Block aus den 1970er Jahren im Stadtteil El Coll, nördlich von einem der wichtigsten architektonischen und touristischen Hotspots der Stadt: Antoni Gaudís Park Güell. In der Vergangenheit war das hier gelegene ArbeiterInnenviertel aufgrund seiner Topographie vom Rest der Stadt abgeschnitten.

Infolge eines massiven Mangels an öffentlichen Dienstleistungen konnte auch die Verkehrsinfrastruktur nicht wie gewünscht umgesetzt werden. Ungeachtet dieser Probleme drängen allerdings angesichts der steigenden Wohnungspreise im Rest der Stadt immer mehr einheimische und ausländische junge ArbeitnehmerInnen in dieses Viertel. Hier leben sie nun zusammen mit der überwiegend aus MigrantInnen und älteren Einheimischen bestehenden Bevölkerung. Die Wohnung, die Martí nach einer längeren Suche hier für sich gefunden hatte, war nicht unbedingt die, von der er geträumt hatte. Dafür eine, die er sich leisten konnte.

Auch die Küche wurde in einem minimalen Design umgesetzt und beinhaltet nur das Nötigste.
© José Hevia

Um zu verdeutlichen, wie begrenzt sein Budget war, zeigte Martí Delclòs beim ersten Treffen mit den ArchitektInnen von TAKK seinen Kontoauszug. Die drei beschlossen, gemeinsam eine Online-Tabelle zu verwenden, die ihnen half, Design-Entscheidungen zu treffen und die damit verbundenen Kosten im Blick zu haben. Die begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen wurden zum Schlüssel für die Konzeption des Projekts mit dem Namen „10K House“. Wie TAKK betont, bezieht sich diese Zahl nur auf das Budget für die materielle Ausführung, also Material und Bauarbeiten, und umfasst nicht den Arbeitsaufwand für das Design, das die Ideenfindung, das Zeichnen und die technische Ausarbeitung beinhaltet. Während die wirtschaftlichen Bedingungen also eine unglaublich knappe Gewinnspanne implizierten, sahen Luzárraga und Muiño diesen Auftrag als Gelegenheit, erschwinglichere Varianten einiger der nachhaltigen Strategien zu entwickeln, die sie in ihrem ersten Wohnauftrag erprobt hatten: eine mittelklasseorientierte, 110 Quadratmeter große Wohnung, die sie The Day After House nannten und die 2021 in Madrid fertiggestellt wurde.

10K House, Barcelona © José Hevia

Die Wände wurden absichtlich von den ArchitektInnen im rauen Ist-Zustand gelassen.
© José Hevia

10K House, Barcelona © José Hevia

Die Holzfaserplatten konnten nach einem Do-It-Yourself Prinzip eingebaut werden.
© José Hevia

10K House, Barcelona © José Hevia

Der Raum wurde entsprechend der Umweltanforderungen der täglichen Aktivitäten unterteilt.
© José Hevia

10K House, Barcelona © José Hevia

Außerhalb der zentral angeordneten Box wurden das Bad und die Küche untergebracht.
© José Hevia

Zunächst entschied TAKK, alle Innenwände abzureißen und die Beschichtungen – von der Farbe über den Putz bis hin zu den Fliesen – zu entfernen, die die Wände bedeckten. Nachdem alle Reste beseitigt waren, beließen die ArchitektInnen die entkernten Oberflächen im rauen Ist-Zustand, ohne jegliche Verschönerung oder Behandlung. Anstatt der entstandenen Leere mit standardisierten programmatischen Vorgehensweisen zu begegnen, beschlossen sie, mit dem zu arbeiten, was sie „thermische Gradienten“ nennen. Dabei wird der Gesamtraum entsprechend den Umweltanforderungen der täglichen Aktivitäten unterteilt. Das Ergebnis dieser Strategie ist, so TAKK, mit den verschiedenen Schichten einer Zwiebel vergleichbar: Die Räume des Hauses sind vom kältesten bis zum wärmsten ineinander verschachtelt, wobei jede Luft- und Materialschicht genutzt wird, ohne dass zusätzliche Energie zugeführt werden muss. Dieser konzeptionelle Ansatz führt zu einem zentralen, gut isolierten System, ... mehr Details in der Ausgabe!


 


 

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