Biomasseheizwerk Baumgartenberg, Oberösterreich
Die kleine Marktgemeinde Baumgartenberg im oberösterreichischen Machland ist ein schönes Beispiel maximaler Ambivalenz: wohl in Würdigung günstiger Grundstückspreise bei gleichzeitig guter Verkehrsanbindung an den Linzer Ballungsraum haben sich hier einige Industrie- und Gewerbebetriebe beträchtlicher Größe angesiedelt, deren Lage im nach wie vor landwirtschaftlich geprägten Umfeld nicht unmittelbar auf eine starke (raum)ordnende Hand schließen lässt
Moderate Maßnahmen
Wo gearbeitet wird, wird Energie verbraucht. Dieser Umstand hat wesentlich dazu beigetragen, Baumgartenberg ein weiteres Mal in den Blickwinkel der an Architektur interessierten Öffentlichkeit zu rücken. Erst 2003 wurde der ortsansässige Arzt, Dr. Jörg Königseder für die von Helmut Richter durchgeführte Aufstockung seines Hauses mit dem Bauherrenpreis geehrt.
Auch diesmal spielt die Bereitschaft eines Bauherren, Architektur nicht nur zuzulassen sondern ihre Entstehung tatkräftig zu unterstützen, eine wesentliche Rolle. Einer der Partner der Bioenergie Baumgartenberg GmbH, die mit ihrem unweit vom Stift Baumgartenberg errichteten Biomasseheizwerk nun dazu beiträgt, den Energiehunger des Ortes zu stillen, hat bereits Erfahrungen in der Errichtung und dem Betrieb von Heizwerken gesammelt.
Er wusste also, wie weit er den starren Rahmen des Industriebaues auf Anregung seines Architekten, des in Linz ansässigen Gerald Anton Steiner, lockern konnte, ohne die Funktionstüchtigkeit oder den wirtschaftlichen Erfolg der neuen Anlage aufs Spiel zu setzen. Im Grunde waren es zunächst moderate Maßnahmen, wie die Beschränkung des Volumens auf zwei Körper oder das Verlegen der vertikal dominierenden Bauelemente: Schlot und Pufferspeicher möglichst weit in die Mitte des Gebäudes, die den Unterschied zu vergleichbaren Objekten bewirkt haben.
Im zweiten Schritt machte sich Gerald Anton Steiner daran, eine plausible Hülle für die einmal gewonnene Form zu finden. Die Umgebung bietet hier nur wenig Hilfe. Ein kleines Wäldchen entlang der nordöstlichen Kante des Bauplatzes wurde schließlich zum Anfangspunkt einer Gedankenkette, die vom Holz als Grundstoff der Bäume zum Holz als Brennstoff des Heizwerkes bis zum Foto eines Baumes als Vorlage der Fassadenstruktur führt. Für die Umsetzung dieses letzten Endes stark abstrahierten Bildes hat Gerald Anton Steiner ein Metallkassetten-System gewählt, dessen weiße Beschichtung und präzise Modularität dem Heizwerk einen ästhetischen Anspruch verleiht, den sich die Branche selbst nur selten zuzutrauen scheint. Gleichzeitig bietet es aber auch genau jenen Grad an Robustheit, die angesichts der Nutzung erforderlich ist: der Staub, den allein die Anlieferung der Hackschnitzel aufwirbelt, hat der schimmernden Glätte der Fassade bisher nichts
Klare Lesbarkeit der Kubatur
Das Heizwerk erhebt sich nun, etwas abgerückt, an einer von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Straße hinter jener Baumgruppe, die den inspirierenden Funken für seine Hülle gezündet hat. Eine im rechten Winkel von der Straße abzweigende Zufahrt erschließt das Grundstück von Südosten her und schlägt dann den Bogen zurück zur Straße. Auch im Nordosten des Bauplatzes findet sich einer jenen kleinen Wälder, die den Wechsel der Felder im flachen Schwemmland unterbrechen. Auf der anderen Seite der Straße liegt ein Konglomerat von Baukörpern: die Hauptschule von Baumgartenberg. In dieses an einen reichlich bunten Flickenteppich gemahnende Umfeld setzt das Heizwerk allein durch die klare Lesbarkeit seiner Kubatur ein beruhigendes Element. Die funktionsbedingte Zweiteilung der Anlage in ein offenes Hackschnitzellager und die geschlossene Maschinenhalle hat in zwei ineinander verschränkten Körpern Ausdruck gefunden, wobei das knapp an die Zufahrt gerückte Heizhaus die eindeutig prominentere Rolle spielt.
Auf die Architektur des Hackschnitzellagers hat Gerald Anton Steiner nur insofern Einfluss genommen, als er darauf geachtet hat, dass es sich dem Heizhaus gestalterisch unterordnet: sein flaches Satteldach bleibt mit seiner Traufe unter der Attika des Heizhauses; das aus Betonfertigteilen gebildete Tragwerk wirkt einfach und robust; auch die Ausfachungen der Wandfelder aus massiven, horizontal geschichteten Hölzern lässt eher den Willen erkenne, ihre Erscheinung dem gelagerten Hackgut anzupassen, als Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Diese Aufgabe kommt dem Heizhaus zu, das als weithin sichtbares Kopfgebäude der Gesamtanlage ausgebildet ist. Seine Sichtbarkeit wird tagsüber durch die weiße Farbe seiner Haut gewährleistet, der ein fein austariertes Muster aus Linien und Flächen in Grautönen unterschiedlicher Intensität graphische Ausdruckskraft verleiht.