Fabrik 1230, Wien © BOKEH designstudio

Wohnungen allein machen noch keine Stadt, und auch wenn die soziale Infrastruktur in Wien durch eine Vielzahl neuer, anspruchsvoller Schulbauten mit dem Wohnbau mitwächst, ist das für andere wichtige Nutzungen nicht automatisch der Fall. Umso bedeutungsvoller ist ein Projekt wie die Fabrik 1230, die als neues kulturelles und kommerzielles Stadtteilzentrum für den Bezirk entwickelt wird.


Im Areal Gastgebgasse entstanden in den letzten Jahren geförderte Wohnbauten aus einem Bauträgerwettbewerb sowie ein neuer Bildungscampus. Die ca. 740 Wohnungen wurden von Schenker Salvi Weber mit Dietrich Untertrifaller sowie Sne Veselinovic entworfen, während Baumschlager Eberle den Bildungscampus plante. Gleich neben diesem befand sich der Bestandsbau einer ehemaligen Maschinen- und Kistenfabrik, errichtet 1913–1916 von Hubert Gessner, einem der erfolgreichsten Schüler Otto Wagners und Planer vieler wichtiger Gemeindebauten des Roten Wien. Es handelt sich zweifellos um ein architektonisch herausragendes Beispiel des Wiener Industriebaus, daher steht das Objekt auch unter Denkmalschutz. Das Äußere des Baus wirkt wie eine helle Klinkerfassade, doch was wie Backstein aussieht, besteht tatsächlich aus Beton. Die Fabrik wurde 1966 vom Bestattungsunternehmen der Stadt Wien übernommen, das bis 2013 hier Särge produzierte. Bereits kurz danach, im Jahr 2015, wurde dieser Ort erstmals kulturell markiert: Für die Wiener Festwochen inszenierte Frank Castorf hier die „Brüder Karamasow“ und das Junge Theater Basel produzierte „Noise“. Erich Sperger, Künstler und Bühnenbildner sowie Mitbegründer des nahegelegenen Kulturzentrums im Kabelwerk, übernahm nach der Produktionseinstellung das nun leerstehende Gebäude, um darin das F23 zu gründen, ein Kulturzentrum, das sich durch Förderungen und Vermietungen etwa für Film- und Musikproduktionen finanziert, aber auch für Yogagruppen und Jungfamilienverbände offensteht.

Fabrik 1230, Wien © David Dissauer, Soravia

Die helle Klinkerfassade, die wie Backstein aussieht, besteht aus Beton.
© David Dissauer, Soravia

Der Wohnfonds erwarb das Gesamtareal und führte 2017 ein Auswahlverfahren durch, um einen Investor für Sanierung und Umbau der Sargfabrik unter Beibehaltung der kulturellen Nutzung zu finden. Bei diesem Verfahren setzte sich Soravia mit einem Konzept durch, das Kultur mit Gastronomie und Gewerbe verband. Im gleichen Jahr lief der Wettbewerb für den angrenzenden Bildungscampus, wenig später folgte ein Bauträgerwettbewerb für die beiden benachbarten Wohnbauplätze. Direkt neben der Sargfabrik werden im Erdgeschoss des Wohnbaus der Bauträger Heimbau und Altmannsdorf-Hetzendorf Ateliers, Werkstätten und eine Musikschule untergebracht, um Synergien mit dem Kulturzentrum zu schaffen. 2019 zog das F23 in ein temporäres Ersatzquartier in einem Gemeindebau in der Breitenfurter Straße, sodass Umbau und Erweiterung der ehemaligen Sargfabrik in ein Kulturzentrum starten konnten. Die Anlage ist längst nicht mehr nur ein temporär genutzter Kulturraum – um eine solche Nutzung an einem solchen Ort zu ermöglichen, sind scheinbar private Investitionen notwendig, und das bedeutet, Kultur muss mit Gewerbe, Büroflächen und Gastronomie kombiniert werden, damit sich das Gesamtprojekt trägt. Deshalb ist eine Ergänzung durch Zubauten nötig, die Teile jener Nutzungen aufnehmen werden und über die Kultur hinausgehen...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 10/2023. Der Volltext ist ab Seite 124 zu finden.


 


 

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