Forum am Seebogen
Aus dem bekannten Erscheinungsbild des Vollwärmeschutzes, wie es für den Wiener Wohnbau typisch ist, sticht dieses Gebäude deutlich heraus: Das Forum am Seebogen in der Seestadt Aspern ist ein Holzbau, und das kann man von außen sehen.
Das Quartier am Seebogen ist die dritte Bauphase des größten Wiener Stadtentwicklungsgebiets, in dem heute etwa 10.000 Menschen leben. Die Flächen im Areal waren vorwiegend dem geförderten Wohnbau vorbehalten und wurden mittels Bauträgerwettbewerb vergeben. Hier galt für alle Grundstücke die Vorgabe, 20 Prozent der vorhandenen Flächen für Nichtwohnnutzungen vorzusehen. Die Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 Aspern Development AG wollte mit einem kleinen Bauplatz in besonderer Lage, direkt beim Ausgang der U-Bahnstation und am Ufer des Sees, ein Experiment wagen. Aspern ist mittlerweile bekannt dafür, Innovationen zu testen und diese anschließend im Normalbetrieb zu übernehmen, weswegen hier nun ein Versuchsbau für industrielle Vorfertigung entstehen sollte. Er zeigt, dass Systembauweisen preiswert, schnell und nachhaltig sein können. Ein weiterer Grund für das Experiment war die Tatsache, dass das Quartier Präsentationsort der Internationalen Bauausstellung IBA_Wien 2022 sein sollte, für die der Versuchsbau als Ausstellungsobjekt vorgesehen war.
Für das Grundstück wurde deshalb im Jahr 2018 ein Konzeptverfahren ausgeschrieben. Das heißt der Kaufpreis war fixiert und die potenziellen KäuferInnen bewarben sich mit einem Baukonzept. Antreten durften ausschließlich Teams aus Bauträgern, Architekturbüros und Bauunternehmen. Eine maximale Bauzeit von sechs Monaten war vorgegeben und die im Verfahren angebotenen Baukosten, etwa 2.100 Euro pro Quadratmeter, mussten eingehalten werden. Die Bedingungen waren somit streng, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass bald danach die Baukosten in ganz Europa massiv zu steigen begannen. An dem Verfahren nahmen zehn Teams teil. Die Jury unter dem Vorsitzenden Johannes Kaufmann wählte das Projekt des Architekturbüros heri&salli, des gemeinnützigen Wohnbauträgers Familienwohnbau und eines slowenischen Holzbauunternehmens. Somit war das Siegerprojekt ein Holzmodulbau. Derartige Gebäude gewinnen ihre Effizienz durch die Addition vieler identischer Raummodule und wirken deshalb oft monoton. Das prämierte Projekt konnte dies allerdings vermeiden, indem es sechs unterschiedliche Module hergestellt hat: ein kurzes und langes Eingangsmodul; zwei kurze und ein langes Zimmermodul; und ein Minilabmodul, das für in die Geschosse integrierte Kleinbüros genutzt wurde.
Die Besonderheit des Entwurfs liegt in der vielfältigen Kombinierbarkeit dieser Module. Sie können beispielsweise ausgelassen und durch eine Terrasse ersetzt werden. Wenn man sie um 90 Grad dreht und in der Gebäudetiefe verschiebt, verläuft die Erschließung entweder über einen Laubengang oder einen Mittelgang und variiert so von Geschoss zu Geschoss. Die Module wurden in einem Raster von 3,40×3,40 Metern positioniert. Dort, wo die Module einen Leerraum ließen, wurden sie statisch durch hölzerne Stützen und Träger ersetzt. Diese Vielfalt macht den architektonischen Charme des Projekts aus, wie es an dieser Adresse, Ecke Eileen-Gray-Gasse und Lina-Bo-Bardi-Platz, durchaus angemessen ist. Allerdings brachte dieser Vorteil auch Probleme mit sich: ... mehr Details in der Ausgabe!