Generationenhaus mit Blick, Dornbirn © Adolf Bereuter

Tiefliegende Nebelschleier ziehen sachte über grüne Hänge, die kantigen Bergspitzen der Alpen wirken zum Greifen nah. In der Ferne funkelt die glatte Wasseroberfläche des Bodensees im Morgenlicht, während die ersten Sonnenstrahlen bereits beginnen, die Szenerie des Stilllebens langsam aufzulösen. Ein neuer Tag bricht an und das Generationenhaus mit Blick scheint für alles gewappnet, was er bringen mag.


Als sich Lukas Peter Mähr vor die Aufgabe gestellt sah, für die privaten Bauherren ein bestehendes Einfamilienhaus aus den 1980er Jahren in ein zukunftsfähiges Mehrgenerationenhaus zu verwandeln, konnte sich der Architekt mit einer simplen Sanierung wenig anfreunden. Die Erkenntnis, dass es eines radikalen Facelifts bedurfte, um weitsichtig und umsichtig zu agieren, brachte den entscheidenden Schritt zur Lösung: eine Sanierung und Erweiterung des über die Jahre in Eigenregie mehrfach inhomogen adaptierten Baus im Geiste der ursprünglichen Gebäudecharakteristik des Vorarlberger Ortsbildes. So steht nun auf dem massiven erdberührenden Geschoss eine klare und schlichte Kubatur aus Holz mit Öffnungen dort, wo sie Sinn ergeben: ein Haus, das sich demütig in die historisch gewachsenen Gebäudestrukturen einfügt und – an der Hangkante des Rheintals gelegen – herrliche Blicke auf den Bodensee und bis tief in die Alpen eröffnet. Das Projekt beweist aber auch hinsichtlich zahlreicher weiterer Aspekte wahren Weitblick.

Generationenhaus mit Blick, Dornbirn © Adolf Bereuter

Das Haus fügt sich durch seine Materialwahl und Ausführung dezent in die historisch gewachsene Umgebung ein.
© Adolf Bereuter

„Wenn schon Geld in die Hand nehmen, dann etwas Handfestes, Bleibendes für die Zukunft schaffen.“ So wie die Bauherren des Generationenhauses mit Blick denken heute viele, nicht zuletzt, weil Energie stetig teurer wird und Ressourcen stetig knapper werden. Auch bezüglich der ungebremsten Bodenversiegelung und Zersiedelung scheint langsam ein Umdenken einzusetzen. Die Sharing Economy gewinnt zunehmend an Attraktivität und ihre Vorteile rücken für viele in den Fokus. Auch wenn das Mehrgenerationenwohnen in diesem Geiste einen scheinbaren Hype erlebt, ist das Konzept doch nichts Neues: Bis vor einem Jahrhundert war es vollkommen normal, dass Familien über Generationen hinweg in einem Haus lebten. Einzig die Gebäudetypologien waren damals auf eine entsprechende Nutzung von vornherein ausgerichtet – auch wenn die Architektur hier allein nicht das Mittel zum Zweck sein kann. Um im weiteren Familienkreis harmonisch unter einem Dach leben zu können, bedarf es eben auch eines gewissen Mindsets.

Generationenhaus mit Blick © Adolf Bereuter

Die Gestaltung der Fassade erlaubt diskrete Ein- und Durchblicke.
© Adolf Bereuter

Generationenhaus mit Blick © Adolf Bereuter

Die Material- und Farbpalette zieht sich wie ein roter Faden durch die Innenräume.
© Adolf Bereuter

Generationenhaus mit Blick © Adolf Bereuter

In diesem Haus können Familien über Generationen leben.
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Generationenhaus mit Blick © Adolf Bereuter

Optisch wie funktional findet eine starke Verflechtung der Innen- und Außenbereiche statt.
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Mähr versteht das Konzept des Mehrparteienwohnens allerdings nicht nur als familiäre Angelegenheit: „Unabhängig davon, ob es sich um Familienmitglieder oder Gleichgesinnte handelt – den Beteiligten muss klar sein, dass sie zukünftig einen Eingang, Garten oder gar ein Auto teilen möchten.“ Neben dem baulichen Wandel muss also auch ein Umdenken stattfinden, damit das Zusammenleben unter einem Dach reibungslos vonstattengehen kann. Auf lange Sicht werden wir darum wohl ohnehin nicht herumkommen: Während es im urbanen Raum oder für Gutbetuchte oftmals ausreichend Angebote gibt, der Einsamkeit im Alter oder den Ansprüchen junger Familien zu begegnen, bietet das Mehrgenerationenmodell gerade im ländlichen Raum erhebliche Vorteile. Dabei geht es neben dem praktischen Babysitterdienst oder dem miterledigten Einkauf vor allem um den gegenseitigen Respekt, ein gewisses Maß an Privatsphäre und um ehrliche Kommunikation.

Auch wenn die Zersiedelung und die Ballung in den Großstädten rund um den Globus ähnliche Herausforderungen mit sich bringt, gibt es nie die eine bauliche Lösung...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 7-8/2023. Der Volltext ist ab Seite 72 zu finden.


 


 

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