Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Ein besonderes Ensemble ist im ehemaligen Berliner Arbeiterbezirk Neukölln am Entstehen. Es versucht nicht nur indigene Kunst und Kulturen sowie kritischen Journalismus stärker in unser Bewusstsein zu rücken, sondern möchte auch neue Wege der Vermittlung und Interaktion wagen.


Unser Verständnis von Kunst und Kultur befindet sich in einem rasanten Umbruch, wie nicht zuletzt die aktuell sehr leidenschaftlich geführten Kontroversen über Digitalisierung, künstliche Intelligenz sowie Kolonialismus, Diversität und Gender zeigen. Neue Netzwerke mit neuen Inhalten und Formen treten immer mehr an die Stelle der arrivierten Einrichtungen der Kulturvermittlung, die neue AkteurInnen und Kollektive in den Fokus rücken. Alte Orte und Gebäude werden hierfür nicht selten überraschend recodiert, deren Raumprogramme oft stärker multifunktional konzipiert werden, um diversen Aktivitäten eine attraktive Bühne bieten zu können. Ein schönes Beispiel dafür ist ein neues Ensemble von Gebäuden, das am südlichen Ende der Hermannstraße in Berlin-Neukölln im Entstehen ist. Visuell machtvoll, aber zugleich vielteilig gegliedert tritt es aus dem sehr grauen Straßenraum eines vormaligen Arbeiterbezirks hervor. Die private Schöpflin-Stiftung aus Lörrach ist Träger beider Häuser, die hier philanthropisch für gleich zwei brisante Themen der Gegenwart attraktive Räume schaffen will. Das im April eröffnete Haus der Spore Initiative widmet sich mit dem Schwerpunkt Mittelamerika dem weltweiten Dialog indigener Kulturen, während das Haus Publix ab 2024 kritischen, nicht-gewinnorientierten JournalistInnen sichere Arbeitsräume zur Verfügung stellen will.

Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Wo einst Friedhofsmauern scharfe Grenzen zum Stadtraum zogen, befindet sich nun die Spore Initiative.
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Auf drei aufgelassenen Friedhöfen und deren Zwischenräumen entstand ein neuer, halber Straßenzug, dessen Gebäude sehr unterschiedliche Nutzungen besitzen und auch unterschiedlich durchlässig bzw. öffentlich sind. Während der Schutz vor physischen Bedrohungen bei Publix überwiegt, soll Spore Initiative eventuelle Schwellenängste reduzieren und dezidiert die Öffentlichkeit zum Betreten einladen. Aus einem kooperativen Wettbewerbsverfahren ging 2018 das Büro AFF Architekten aus Berlin als Sieger hervor, die zwei eng verwandte, aber dennoch räumlich sehr unterschiedliche Bauvolumina konzipierten: zwei abgestaffelte, terrassierte Backstein-Monolithe mit zahlreichen Rück- und Vorsprüngen sowie einem vielgestaltigen Vorplatz. Wo einst Friedhofsmauern scharfe Grenzen zum Stadtraum zogen, tänzelt nun insbesondere der Baukörper der Spore Initiative vor und zurück und bietet tiefe Einschnitte und Einblicke, die ganz auf Ort und Raumprogramm zugeschnitten wurden. Das Haus Spore Initiative scheint eher in seinem Raumkontext verwoben zu sein und nicht einfach nur implantiert. Es rahmt die unter Denkmalschutz stehenden Leuchtfeuermasten des nahen ehemaligen Flughafens Tempelhof effektvoll und sensibel ein und gewinnt so deutlich an Dynamik. Mit seiner Materialität knüpft es unmissverständlich an die Berliner Backsteintradition an – dies jedoch mit viel Hintersinn und lebendiger Textur...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 9/2023. Der Volltext ist ab Seite 120 zu finden.


Die Spore Initiative in Bildern:

Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Die Leuchtfeuermasten waren Auslöser für die Formfindung.
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Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Im Innenraum dominiert grauer Sichtbeton mit hölzernen Wandverkleidungen.
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Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

BesucherInnen sind augenblicklich von der großen Eingangshalle fasziniert.
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Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Die Rippen der Decke orientieren sich am Kräfteverlauf und erinnern an ein großes Blatt.
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Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Die Inneneinrichtung der Bibliothek wurde mit gebrauchten Möbeln ergänzt.
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Spore Initiative, Berlin © Tjark Spille

Holzeinbauten vervollständigen die Innenräume und vermitteln eine gemütliche Atmosphäre.
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