Wien Museum Neu
Ein Museum zu planen ist für die meisten ArchitektInnen keine alltägliche Bauaufgabe und in dieser Hinsicht etwas Besonderes. Häufig werden die gesellschaftlich relevanten Institutionen nicht von Grund auf neu gebaut, sondern Bestandsgebäude werden weitergebaut und erweitert. Dies lässt sie zu einer spannenden Aufgabe für ArchitektInnen werden. In einem solchen Kontext ist das Wien Museum Neu entstanden, das nach den Ideen des ArchitektInnenteams Čertov/Winkler+Ruck saniert und erweitert wurde.
Das Wien Museum ist eines der meistbesuchten Museen der österreichischen Hauptstadt und befindet sich in prominenter Lage neben der barocken Karlskirche von Johann Bernhard Fischer von Erlach. Der davor liegende Karlsplatz mit seinem Wasserbecken ist ein beliebter Treffpunkt bei Einheimischen und TouristInnen sowie auch ein gefragter Veranstaltungsort. Das denkmalgeschützte Gebäude des Wien Museums schließt direkt an diesen Platz an. Als erstes Museum der Nachkriegszeit in Österreich war es mittlerweile in die Jahre gekommen: Wasserschäden und Risse tauchten immer häufiger auf, die technische Ausstattung entsprach nicht den Anforderungen eines zeitgemäßen Museumsbaus und die verfügbare Fläche für Ausstellungen war nicht ausreichend. So ist 2013 im Wiener Gemeinderat der Beschluss gefasst worden, das Gebäude des Wien Museums zu sanieren und im Zuge dessen auch zu erweitern. Der dazu ausgeschriebene zweistufige Wettbewerb ist mit 274 Einreichungen international auf große Resonanz gestoßen, wobei der Entwurf des heimischen ArchitektInnenteams Čertov/Winkler+Ruck gewonnen hat. Das vertikale Erweitern des vorhandenen Museumsgebäudes hat dabei als prägendes Entwurfsmotiv überzeugt und das, obwohl aus Sicht des Denkmalschutzes ein Aufstocken kritisch beurteilt wurde.
Der vorhandene denkmalgeschützte Museumsbau ist 1959 eröffnet und vom Wiener Architekten Oswald Haerdtl gestaltet worden, dessen Nachkriegsarchitektur das Stadtbild Wiens bis heute prägt. Angrenzend befand sich ein Bürogebäude, das im Laufe der Zeit mittels zweier Bauteile, ähnlich einer Brücke, miteinander verbunden wurde. Im Zuge des Umbaus wurden diese zwei Verbindungselemente entfernt und das Wien Museum hat sich wieder zu einem freistehenden Gebäude am Platz entwickelt. Die vertikale Erweiterung reagiert mit ihrer Größe und Proportion auf den Bestandsbau. Altes und Neues sind mit Blick auf die Erdbebensicherheit so geplant, dass beide Baukörper im Falle eines Erdbebens unabhängig voneinander schwingen können. So wurde der aufgesetzte Neubau im ehemaligen Atrium des Museums statisch verankert, ohne den Bestand zu berühren. Durch die architektonische Entwurfsentscheidung der Aufstockung bleibt die Fläche des davorliegenden Platzes weitgehend erhalten. Einzig ein neuer kubischer Bauteil schiebt sich quer zum Bestandsbau auf den Platz und markiert die veränderte Eingangssituation zum Museum. So entsteht ein neuer Vorplatz, der dem Wien Museum zugeordnet ist und dem Karlsplatz gleichzeitig eine weitere stadträumliche Facette hinzufügt. Das architektonische Motiv der vertikalen Erweiterung und das Interagieren mit dem Vorhandenen macht das Museumsgebäude selbst zu einem architektonischen Exponat, das einen respektvollen Umgang mit einem Bestandsgebäude vermittelt.
Die ArchitektInnen reagierten auf das, was der bestehende Haerdtl-Bau vorgegeben hat. So kontrastiert das aufgesetzte Geschoss in seinem äußeren Erscheinungsbild mit diesem. Die Vielteiligkeit des Bestandsbaus trifft auf den monolithischen Charakter der Aufstockung...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 9/2023. Der Volltext ist ab Seite 80 zu finden.
Das Wien Museum in Bildern: