BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

Maison Molaire ist die Umwandlung einer ehemaligen Zahnarztpraxis in eine Wohnung, die dem „Lebensfluss“ gewidmet ist und verschiedene Möglichkeiten für eine Vielfalt von Haushaltsformen eröffnet. Der Entwurf reagiert auf eine bekannte Tatsache: Familien und Haushalte lassen sich nicht einfach in bestimmte Typen einteilen. Und ihre Bedürfnisse verändern sich im Lauf der Zeit.


Eine der wichtigsten Aufgaben von ArchitektInnen ist in den meisten Fällen der Umgang mit Vorschriften. Viele, sowohl in der Fachwelt als auch in der Wissenschaft, behaupten, dass sich die hochgradig mystifizierte Kreativität der ArchitektInnen gerade darauf konzentrieren sollte, die Vorschriften, die unsere Städte und Landschaften prägen, zu dehnen und zu umgehen. Das ist in der Tat von entscheidender Bedeutung, aber dieser Zustand ist auch sehr bezeichnend: Es muss eine enorme kreative Anstrengung unternommen werden, um etwas nicht so zu machen, wie es vorgeschrieben ist. Wenn es um Wohnen geht, diktieren (das Wort ist stark, das muss an dieser Stelle sein) gesetzliche Normen weitgehend die Form unserer Wohn- und Lebensräume. DesignerInnen geben sich in der Regel große Mühe, hier und da kleine Risse zu finden, um die Möglichkeiten dessen, was wir Typologien nennen, subtil zu verändern. In einem „Latour’schen“ Ansatz würde ich vorschlagen, dass man, wenn man ein Problem entdeckt, den AkteurInnen folgen sollte, die an der Entstehung und Entwicklung dieses Problems beteiligt sind.

Wer ist für die Formulierung der Vorschriften zuständig? In welchen Kontexten und durch welche Art von Gemeinschaften werden diese Vorschriften ausgearbeitet? Welche Kriterien werden angewandt?

BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

Der Grundriss wurde offen gestaltet, um zukünftig räumliche Veränderungen zu ermöglichen.
© Dylan Perrenoud

Mit Ausnahme der Wohnbaugenossenschaften – Initiativen, die weltweit in einigen Regionen zunehmen – riskiere ich wohl nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass der größte Teil der Wohnbauregelungen in Europa auf der Grundlage der heterosexuellen Kernfamilie erfolgt. Ich weiß, dass dies in Portugal und der Schweiz der Fall ist, wo wir arbeiten, aber auch in Frankreich, Spanien und Italien und wahrscheinlich in den meisten anderen europäischen Ländern. Die Frage ist: Welcher Realität entspricht das? In Anlehnung an einen Titel von Rebecca Solnit: „Whose Story Is This?“ Maison Molaire fügt unserer Erkundung häuslicher Räume einen kleinen Beitrag hinzu, in dem es versucht, sich von diesem administrativen Kontext zu lösen. Seltsamerweise scheint die Innenarchitektur ein besserer Ort zu sein, um außerhalb von allzu normativen Strukturen zu arbeiten, als das, was normalerweise als Architektur gilt.

Der Eingriff im Maison Molaire sollte nicht als Ausnahme betrachtet werden, sondern im Gegenteil als realistische Antwort auf den Alltag vieler Menschen. Wenn es so etwas wie eine Standardfamilie gibt, dann ist es statistisch gesehen diese: BewohnerInnen eines bestimmten Raums, die nicht unbedingt dieselben Eltern haben. Sie haben unterschiedliche Rhythmen, unterschiedliche Lebensformen und -inhalte...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 4/2024. Der Volltext ist ab Seite 120 zu finden.


Maison Molaire in Bildern:

BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

Maison Molaire hinterfragt das irreführende Konzept der „Standardfamilie“.
© Dylan Perrenoud

BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

Möbel, Objekte und Teppiche können zu jeder Zeit bewegt und verschoben werden.
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BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

Vorhänge und verglaste Flächen erlauben unterschiedliche Möglichkeiten des Wahrnehmens...
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BUREAU, Haus Molaire © Dylan Perrenoud

...von Privatsphäre, des Öffnens, Schließens und anderer Zwischensituationen.
© Dylan Perrenoud


 


 

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