Wraxall Yard © Lorenzo Zandri

Architektur kann Dinge ermöglichen oder Personen behindern, sie kann Menschen willkommen heißen oder aber ausgrenzen. Dies gilt nicht nur für Ferienunterkünfte, sondern für jede Art von Raum. In Wraxall Yard – einem Komplex aus fünf Ferienhäusern in der grünen Landschaft von Dorset in Südengland – wurde ein ehrgeiziges Restaurierungsprojekt harmonisch mit der Vision in Einklang gebracht, barrierefreie Räume zu schaffen, die sowohl schön als auch integrativ sind.


Die eingeschossigen Cottages in Wraxall Yard präsentieren sich als landwirtschaftliche Ziegel- und Steinbauten aus dem 19. Jahrhundert. Sie sind umgeben von einem gemeinsamen Innenhof, einer Promenade durch die Landschaft und einem Gemeinschaftsraum für Veranstaltungen und Mahlzeiten. Bis auf die Haltegriffe in den Badezimmern gibt es hier nichts im Design, das Wraxall Yard als behindertengerecht ausweisen würde – und genau so sollte es auch sein. Denn oftmals wird barrierefreies Design als unattraktive, aber notwendige gesetzliche Vorschrift angesehen, die mehr der Einhaltung von Bauvorschriften als der ästhetischen Gestaltung dient. Nick Read, der Eigentümer von Wraxall Yard, kritisiert, dass Reisende, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, oft von ihren Unterkünften enttäuscht werden. Diese sind bestenfalls funktional, in der Regel allerdings nicht besonders schön – und sie können oft aktiv ausgrenzend wirken. Sein Ziel war, dies gemeinsam mit der in London ansässigen Architektin Clementine Blakemore zu ändern und etwas Neues zu schaffen. „Während meiner Architekturausbildung wurde mir nichts über barrierefreies Design beigebracht“, bemängelt Blakemore, die dank umfangreicher Recherchen in Dorset ein integratives Projekt entwickeln konnte.

Wraxall Yard © Lorenzo Zandri

Die Originalstruktur lässt sich auch nach den Renovierungsarbeiten noch immer erkennen.
© Lorenzo Zandri

Nick Read, der nicht weit entfernt von Wraxall Yard auf einem Bauernhof lebt, erwarb das Gelände, auf dem sich mehrere verfallene landwirtschaftliche Gebäude befanden, im Jahr 2018. Trotz ihres Zustands war er entschlossen, sie zu restaurieren, getrieben vom Bewusstsein, etwas „mit sozialem Zweck“ zu schaffen. Der Fokus auf Barrierefreiheit geht auf seine persönliche Erfahrungen bei der Suche nach einer Ferienunterkunft für seine Mutter zurück, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist. „Es hat sich als unmöglich herausgestellt, gut gestaltete und praktische Unterkünfte für Menschen mit Behinderungen zu finden“, berichtet er. „In den seltenen Fällen, in denen es dann doch gelingt, ist die architektonische Umsetzung nicht gut.“ Die Architektin Clementine Blakemore entdeckte er über Bekannte. „Sie ist ein Genie“, schwärmt er. Zusätzlich holte er weitere wichtige Partner an Bord, wie das Center for Accessible Environments und den Statiker Structure Workshop. Gemeinsam haben sie sowohl die Zugänglichkeit als auch die grundlegende Renovierung erfolgreich umgesetzt.

Wraxall Yard © Emma Lewis

Das Areal um die Ferienunterkünfte wurde mit rollstuhlgerechten Wegen geplant.
© Emma Lewis

Kommt man in Wraxall Yard an, führt ein breiter, leicht geneigter und geschwungener Weg durch hohes Gras und Wildblumen – rollstuhlgerecht und beruhigend. Dieser Weg leitet durch einen sogenannten „Breezeway“, einen geschützten, aber hohen, offenen Raum in einer umgebauten Scheune. Hier erhebt sich eine Wand aus gesägtem sibirischem Lärchenholz mit einer eingelassenen Sitzbank zum Satteldach aus freiliegenden Holzbalken, in denen Vögel nisten. Dieses Ensemble gibt den Ton für die natürliche und handwerkliche Materialität des gesamten Projekts an. Der Durchgang führt zum gemeinsamen Hofgarten, der vom Landschaftsarchitekten Mark Rogers entworfen und bepflanzt wurde und von den Cottages – jeweils zwei in L-förmigen Gebäuden und eines in der umgebauten Scheune – umgeben ist.

Im Inneren reagiert jedes Cottage auf ganz eigene Art und Weise auf die Beschaffenheit der ursprünglichen Gebäude, während sie gleichzeitig durch Blakemores Ansatz und Designsprache vereint sind: minimalistischer Luxus, viel Tageslicht, breite Korridore und Türen, natürliche Materialien und offene, anpassbare Küchen. „Die Vorgabe, die wir entwickelt haben, war, dass die Räume wirklich schön sein sollten und die Zugänglichkeitsmerkmale sich dem Raumgefüge so diskret wie möglich anpassen sollten – wir wollten nicht, dass es sich institutionell anfühlt“, so Blakemore. Die Cottages strahlen eine geräumige und ruhige Atmosphäre aus und werden mittels einer Materialpalette definiert, in deren Mittelpunkt Holz, Stein und Ziegel stehen...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 7-8/2023. Der Volltext ist ab Seite 96 zu finden.

Wraxall Yard © Lorenzo Zandri

Eine eingelassene Sitzbank in der Wand lädt zum Verweilen ein.
© Lorenzo Zandri

Wraxall Yard © Lorenzo Zandri

Die Zugänglichkeitsmerkmale passen sich dem Raumgefüge so diskret wie möglich an.
© Lorenzo Zandri

Wraxall Yard © Emma Lewis

Die geräumige und ruhige Atmosphäre wird zusätzlich mittels der Materialpalette definiert.
© Emma Lewis

Wraxall Yard © Lorenzo Zandri

Großzügige Fenster erlauben ein Verschmelzen von Innen- und Außenraum.
© Lorenzo Zandri


 


 

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