Orchidea | Clemens Kirsch Architektur

Architektur als Unterstützerin

Orchidea © Hertha Hurnaus

Wohnbauten, die auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden ausgerichtet sind, stellen in Wien noch eine Rarität dar. Umso bedeutsamer für solche (noch) experimentellen und gleichzeitig dringend gebrauchten Wohnkonzepte sind Good-Practice-Beispiele wie das Projekt Orchidea – Wohnen für Alleinerziehende von Clemens Kirsch Architektur.


Im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags ist das brachliegende Grundstück eines ehemaligen Wiener Büroareals umgewidmet worden. Hier befindet sich das neu entstandene Wohnquartier Kennedy Garden, das sich aus sechs Bauteilen mit insgesamt 512 Wohnungen zusammensetzt. Der Wohnbau namens Orchidea – alle Bauteile des Areals sind nach Pflanzenarten benannt – wird zum sozialen Anker des Wohnquartiers und beherbergt im Unterschied zu den anderen Bauteilen keine freifinanzierten, sondern geförderte Wohnungen für AlleinerzieherInnen. Für sie werden im Bauteil Orchidea konkret 124 Wohneinheiten angeboten. Als stark armutsgefährdete Gruppe stehen Alleinerziehende unter Druck, Wohnkosten fallen für sie stark ins Gewicht. Eine Vorgabe war deshalb, die Wohnflächen möglichst klein zu halten: „Alleinerziehen heißt auch mit weniger Geld auskommen zu müssen. Eine kleine Wohnung bedeutet weniger Mietkosten zu zahlen. Mit der Gestaltung von kompakten und gleichzeitig funktionalen Wohnungen bieten wir Qualität und ein räumliches Angebot, das unterstützend und nicht einengend wirkt“, beschreibt Clemens Kirsch die seiner Architektur zugrundeliegenden Gedanken.

Orchidea © Hertha Hurnaus

Die Jokerzimmer bieten einen rundum verglasten Raum in den einzelnen Wohnungen.
© Hertha Hurnaus

Die planerische Herausforderung und die mit dieser einhergehende Motivation bestand darin, eine kleine Wohnung durch wohlüberlegte Gestaltung größer wirken zu lassen und flexibel nutzbar zu machen. Beim geladenen Wettbewerb überzeugten der Entwurf vor allem mit den sogenannten „Jokerzimmern“: Als rundum verglaster Raum bilden sie das Zentrum der einzelnen Wohnungen. Ursprünglich waren diese flexiblen Raumeinheiten als zugeordneter Freiraum in Form von Loggien geplant und entwickelten sich schließlich zu nutzungsoffenen Glasboxen mitten in der Wohneinheit. Der Gestaltungsidee der Jokerzimmer ist eine bürointerne Studie vorausgegangen, die den Mehrwert von solchen wohnungsbezogenen und nutzungsoffenen Freiflächen untersucht. Ausreichend Einfühlungsvermögen ist beim Planen an sich ohnehin gefordert, beim Gestalten für eine NutzerInnengruppe wie Alleinerziehende allerdings in noch stärkerem Ausmaß notwendig. Mit einem analytischen und gleichzeitig intuitiven Zugang schafft es das Team von Clemens Kirsch Architektur, Gestaltungsprinzipien herauszuarbeiten, die für das Wohnen dieser Bevölkerungsgruppe grundlegend sind: Übersichtlichkeit, Alltagstauglichkeit sowie Austausch- und Interaktionsförderung. Diese Motive prägen sowohl die einzelnen Wohnungen als auch das gesamte Wohngebäude.

Die Wohnungen sind durch die Transparenz des Jokerzimmers übersichtlich gestaltet, bei gleichzeitiger Möglichkeit des Rückzugs. Die meisten BewohnerInnen können direkt von ihrem privaten Wohnraum den gemeinschaftlichen Kleinkinderspielplatz im Hof einsehen. Auch der Weg zu den Wohnungen selbst wird durch Kinderwagen- und Fahrradräume in jedem Geschoss (ausgenommen das Dachgeschoss) alltagstauglich. In den Wohnungen sowie im gesamten Gebäude sind verschiedene Funktionen und Bereiche schlüssig zusammengelegt, so auch im großen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss: Zwischen der Waschküche und dem Leseraum befindet sich eine Glaswand. Neben dem Erledigen der Hausarbeit kann das Beaufsichtigen der Kinder stattfinden...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 5/2024. Der Volltext ist ab Seite 110 zu finden.


Orchidea – Wohnen für Alleinerziehende in Bildern:

Orchidea © Hertha Hurnaus

Der Baukörper von Orchidea wirkt durch die Loggien sehr kompakt...
© Hertha Hurnaus

Orchidea © Hertha Hurnaus

...ein außen liegender Sonnenschutz ist auch bei den Loggien in Form von Rollos vorziehbar.
© Hertha Hurnaus

Orchidea © Hertha Hurnaus

Die Fassadentextur entsteht teilweise durch keramische Platten.
© Hertha Hurnaus

Orchidea © Hertha Hurnaus

Das lichtdurchflutete Stiegenhaus ist ein Ort für Begegnung und Austausch der BewohnerInnen.
© Hertha Hurnaus


 


 

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