Baupiloten, SOS-Kinderdorf © Jan Bitter

Inklusives Bauen bedeutet, dass alle TeilnehmerInnen unserer Gesellschaft berücksichtigt werden. Dies schließt auch einen bedeutenden Teil unserer Gesellschaft ein, der oft wenig Mitspracherecht im Baugeschehen hat: die Kinder. Wie kann man eine Architektur schaffen, die die Bedürfnisse von Kindern widerspiegelt? Das Architekturbüro Baupiloten demonstriert mit seinem Sanierungs- und Erweiterungsbau des SOS-Kinderdorfs in Brandenburg an der Havel eine nachhaltige Art des Entwerfens, das auf partizipativen Beteiligungsverfahren basiert.


Weit ab vom hektischen Treiben der Großstadt Berlin liegt in Brandenburg an der Havel ein SOS-Kinderdorf, dessen Gebäude sich behutsam in die Landschaft schmiegen. Wie bei einem kleinen Dorf sind die einzelnen Häuser kreisförmig um einen zentralen Platz angeordnet. Ein Dorf, das schutzbedürftige Kinder und Jugendliche auffängt und ihnen ein neues Zuhause bietet. Ein grundlegendes Konzept der Kinderrechtsorganisation ist es, dass die Kinder in familienähnlichen Gemeinschaften mit ihren BetreuerInnen zusammenleben. Somit sind die Gebäude keine gewöhnlichen Wohnhäuser, sondern sogenannte Familienhäuser, die jeweils Raum für sechs Kinder und zwei BetreuerInnen bieten. Um weitere Kinder und Jugendliche aufnehmen zu können, entstand der Wunsch nach einer Sanierung und Erweiterung der acht Bestandsbauten aus den 1990iger Jahren. Von Beginn an war den BauherrInnen bewusst, dass sie ein Architekturbüro suchen, das die Wünsche und Bedürfnisse von Kindern versteht und räumlich umsetzten kann. Da es für partizipative Projektentwicklung bekannt ist, fiel die Wahl schnell auf das Berliner Architekturbüro Baupiloten.

„Bau’ deine Welt“ ist einer der Workshops, die zur Ermittlung der Wunschvorstellungen der Kinder im SOS-Kinderdorf eingesetzt wurden, bei dem diese mit Hilfe von selbstgebauten Modellen ihre Wunschräume gestalten konnten. Die reichten von einem Sonnenuntergangsraum über einen kreativen Toberaum bis hin zu einer Weltraumwelt. Lichtblicke und Raum zum Träumen waren zentrale Themen in der Beteiligung, die anschließend in einem konkreten Narrativ zusammengefasst wurden. So erzählt eines der Kinder namens Melissa: „Am liebsten mag ich die Zeit kurz vor der Dunkelheit. […] Vom Bett kann ich den Sonnenuntergang sehen, die Sonne ist noch halb da und ihre letzten Glitzerstrahlen kommen bei mir an.“ Doch geht es nicht nur um die Wünsche der Kinder. Anhand von atmosphärischen Collagen entwickelten auch die BetreuerInnen des Kinderdorfes ihre Wunschvorstellungen und Anforderungen. Aus diesem partizipativen Beteiligungsprozess konnten Baupiloten erkennen, dass räumlich und sozial differenzierte Bereiche zwischen Gemeinschaft und Rückzug notwendig waren. Außerdem wurde der Wunsch nach eigenen individuellen Zimmern und mehr klar definierten Gemeinschaftsräumen deutlich.

Baupiloten, SOS-Kinderdorf © Jan Bitter

Zwischen dichtem Baumbestand reihen sich die acht zweistöckigen Gebäude bogenförmig aneinander.
© Jan Bitter

Von Weitem ist das SOS-Kinderdorf kaum erkennbar zwischen dem dichten Baumbestand, der es umgibt. Die acht zweistöckigen Gebäude reihen sich bogenförmig aneinander, wie umschließende Arme. Schnell wird deutlich, wie viel Freiraum es hier gibt: zum Toben, Entspannen und Lernen. Das Dorf soll ein in sich geschlossener Rückzugsort sein, der ein Gefühl von Schutz vermittelt und den Kindern die Möglichkeit der freien Entfaltung gibt, abseits von oftmals schwierigen Familiensituationen. Beim Betreten der Familienhäuser wird man von einer klaren und hellen Formsprache empfangen. Durch die offene Galerie werden Sichtachsen geschaffen, die Offenheit vermitteln...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 5/2024. Der Volltext ist ab Seite 64 zu finden.


Das SOS-Kinderdorf in Bildern:

Baupiloten, SOS-Kinderdorf © Jan Bitter

Das SOS-Kinderdorf ist ein in sich geschlossener Rückzugsort der viel Freiraum ermöglicht.
© Jan Bitter

Baupiloten, SOS-Kinderdorf © Jan Bitter

Das Logo des SOS-Kinderdorfes wurde in der Gestaltung der Putzfassade aufgegriffen.
© Jan Bitter


 


 

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