Hotel Kai 36, Graz
Ein neues Hotel erweitert das Portfolio der Helmut Marko Kunsthotels. Es liegt in einem revitalisierten Gebäudekomplex am Grazer Kaiser-Franz-Josef-Kai. Architektin Nicole Lam zeigt, wie beim Bauen im Bestand der Spagat von zeitgemäßer Intervention und Denkmalschutz auch in besonders sensiblen Bereichen gelingen kann.
Vierhundert Jahre am Ort
Es ist bereits das zweite Hotel, das Architektin Nicole Lam für Kunstsammler, Rennsportlegende und Investor Helmut Marko in Graz gebaut hat. Das 2017 fertiggestellte Lendhotel (architektur.aktuell 4/2018) setzte einen neuen städtebaulichen Akzent im Grazer Lendviertel und schloss den Zwickel zwischen Wiener Straße und Zeilergasse nach Norden ab. Nun bereichert es den urbanen Raum nicht nur um einen attraktiven Blickpunkt, sondern definiert ihn innerhalb einer seiner wandlungsfreudigsten Regionen neu. Das eben umgesetzte Projekt am Kaiser-Franz-Josef Kai verzichtet hingegen auf jeden Eingriff in das Stadtbild. Es revitalisiert ein zusammengesetztes Ensemble aus Haupthaus, Hofflügel und einem Stöckl, das 1596 erstmals urkundlich erwähnt ist. Dank zweigeschossigem Schopfwalmgiebel ist es leicht im bekannten Stich aufzuspüren, den Andreas Trost hundert Jahre später von der Grazer Ostseite aus gefertigt hat. Das Haus liegt in einer nördlich an das Zentrum anschließenden und dabei an den Felsen des Grazer Schlossbergs geschmiegten Häuserzeile. Damals fehlte ihm noch die markante Schleppgaupe.
Mir war es ein Anliegen das denkmalgeschützte Gebäude mit dem Heute zu verbinden und damit wieder erlebbar zu machen. Das braucht Zeit und Disziplin in der Planung sowie Konsequenz in der Umsetzung.
Verbindung des Gegensätzlichen
Schon diese Lage bringt eine Verschränkung mit sich. Und nun entstand ein janusköpfiger, gut gestalteter Zusammenschluss eines städtischen, selbstredend straßenseitig orientierten, viergeschossigen Haupthauses mit einem zum Schlossbergfelsen hinauf terrassierten Außenraum samt Grünflächen, Pool und den in Graz früher weit häufigeren Feigenbäumen.
Der Um- und Zubau bietet zeitgemäßen Komfort. © Dietmar Reinbacher, Helmut Marko Hotels
Dies bringt aus dem Zweierlei durchaus disparater, einander prinzipiell wesensfremder Teile ein Alleinstellungsmerkmal, das dem Gast sowohl Zentrumsnähe als auch Rückzugsmöglichkeiten bietet. Und all das vor felsiger, dem Habitat eines Eremiten ähnelnder Kulisse. Die Bruchlinien, die sich aus dem zweiten hier wirksamen Gegensatz ergeben – jenem von alt und neu –, markieren keine Opposition an sich unversöhnlicher Teile. Sondern viel eher eine Synthese unterschiedlicher, aber friedlich koexistierender Aspekte. Dies liegt zum einen natürlich an der Sensibilität, mit der hier auf den Bestand denkmalpflegerisch eingegangen wurde.
Zum anderen ...