Jean-Christophe Quinton

Wohnbau rue Jean-Bart, Paris

Jean-Christophe Quinton, Wohnbau rue Jean-Bart, Paris © Jean-Christophe Quinton architecte

Mit drei eleganten Schwüngen schmiegt sich die Steinfassade des Wohnbaus sanft in die rue Jean-Bart ein, in einem sehr schicken Stadtviertel im Zentrum von Paris.


 

Dass es sich hier, in unmittelbarer Nähe des Jardin de Luxembourg, um einen sozialen Wohnbau handelt, ist in erster Linie an dessen auffallend hoher architektonischen Qualität sichtbar – schließlich ist die Stadt Paris sehr darauf bedacht, wesentlich mehr als private, gewinnorientierte Investoren.

Stein von nebenan

Die dreifach geschwungene Steinfassade erklärt sich aus dem Kontext, wie es Jean-Christophe Quinton erklärt:

Kalkstein, um die Pariser Materialität aufzunehmen, aber auch um ökologisch zu bauen – und zwar mit dem Material des am nächsten gelegenen Steinbruchs. Die Schwünge, um die Linien der Nachbargebäude, die unterschiedliche Rücksprünge von der Straßenflucht haben, diskret, ohne abrupten Versatz, aufzunehmen.

Auch die vertikalen Fenster mit faltbaren Metallstoren und Ziergeländern nehmen die Sprache der Pariser Bauten auf. Durch den geschickten Schachzug der drei nach oben hin sich theatralisch steigernden Kurven fügt sich der Wohnbau nicht nur materiell in das historische Pariser Stadtbild ein, sondern auch räumlich. Die gewählte Entwurfsstrategie führt zu einer neuen Ausdrucksform, wobei das Ornament hier nicht mehr im Stuck liegt, sondern in den form- und raumgenerierenden Schwüngen.

Die Schwünge nehmen die Linien der Nachbargebäude auf, die unterschiedliche Rücksprünge von der Straßenflucht haben, und zwar diskret, ohne abrupten Versatz.

Jean-Christophe Quinton

 

Jean-Christophe Quinton, Wohnbau rue Jean-Bart, Paris © Jean-Christophe Quinton architecte

Materiell sowie räumlich fügt sich der soziale Wohnbau homogen in das Stadtbild. © Jean-Christophe Quinton architecte

Klein, aber mit Charakter
 

Der Plan wird hier von einer Längsachse strukturiert, die die pittoreske Innenhofsituation mit dem homogenen Straßenbild verbindet. Die Achse selbst ist klassisch aufgebaut, wie zu Haussmanns Zeiten, in einer Raumsequenz von Treppenhaus, Podest, Vestibül und Zimmer. Nachdem die Parzelle eine konische, irreguläre Form hat, wie die meisten Grundstücke in Paris, ergab sich auf der einen Seite eine breitere Ausdehnung, in der Wohnraum und Küche angesiedelt sind, während auf der anderen das Schlafzimmer und das Bad liegen. Besonders schön ist, dass sich durch den axialen Aufbau beim Eintreten in das Vestibül plötzlich drei radiale Blickachsen zur Straße hin öffnen. Auch dies ist kein Zufall, schließlich sind Blickachsen ein wesentlicher Bestandteil in Quintons Werk, der es versteht, auf virtuose Weise mit gewissen Tricks kleinen Räumen große Qualität zu verleihen. Im obersten Geschoss gibt es wegen der drei von der Bauordnung vorgegeben Fassadenrücksprünge einen großen querliegenden Wohnraum, in dem alle drei Kurven erlebbar sind. Wohnen erhält in diesem Bauwerk eine spezifische Raumqualität, auch wenn die bescheidenen Raumgrößen den französischen Normen des sozialen Wohnbaus entsprechen. Haben aber die Räume einen besonderen Charakter, bilden sie ein liebevolles tektonisches, raumgebendes Ornament, das uns umfasst und in eine spezielle Atmosphäre einbettet, dann nähert sich Wohnen möglicherweise der Heideggerschen Auffassung an, die dem eigentlichen Sein entspricht.

 

 

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Der Grundriss wird von einer Längsachse strukturiert, die klassisch in einer Raumsequenz von Treppenhaus, Podest, Vestibül und Zimmer aufgebaut ist. © Jean-Christophe Quinton architecte

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