Med Campus, Johannes Kepler Universität Linz
Ungehorsam zu sein, ist manchmal gar nicht so schlecht. Davon kann Peter Lorenz ein Lied singen, der sich beim 2015 EU-weit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb für den Med Campus Linz bezüglich des vorgegebenen Raumprogramms nicht an die Vorgaben gehalten und letztlich doch gesiegt hat.
Urbane Qualitäten
Durch ihren „Ungehorsam“ schieden Lorenzateliers bereits nach der ersten Juryrunde aus dem Rennen, um allerdings in einer der nächsten zurückgeholt und schließlich mit dem Bau beauftragt zu werden. Mit Beginn des Wintersemesters 2021/22 wurde die neue medizinische Fakultät bezogen, und Lehrende wie Lernende sind begeistert von den räumlichen und atmosphärischen Qualitäten dieses neuen Quartiers, das dem pavillonartig diffus angelegten Areal des nun zur Universitätsklinik aufgewerteten Linzer Allgemeinen Krankenhauses ein „Herz“ von hoher urbaner Qualität verpasst. Durch eine rechteckige, rund 8750 Quadratmeter große betonierte Platte wird der Campus räumlich definiert. Ihre vier Ränder sind jeweils durch ein Gebäude besetzt. Die in jeder Weise komplett unterschiedlich wirken, um trotzdem so etwas wie vier ungleiche Geschwister mit ausgeprägten Charakteren zu sein.
Wobei sich bei genauem Hinschauen eine gewisse Verwandtschaft offenbart. Tauchen doch immer wieder häuserübergreifend Parallelen auf, etwa in dem von Peter Lorenz’ Büropartnerin, Giulia Decorti, mit viel Gespür für sinnliche Qualitäten entwickelten Farbkonzept.
Zweites Wohnzimmer
Die vertikale hölzerne Verkleidung der Stirnseite der Hörsäle mit unterschiedlich breiten und tiefen sägerauen, grau geölten Fichtenlatten ist wiederum eine Referenz an das Bibliotheksgebäude gleich nebenan. Dessen Fassaden sind oben dichter, unten lichter mit einem Vorhang aus Lärchenlatten verhüllt. Wobei in dem schmalen und langen, im ersten Geschoss ...