Sudetendeutsches Museum in München

Bis in die späte Nachkriegszeit hinein war der Münchner Stadtteil Au ein vernachlässigtes Quartier. Erst nach 1970 entwickelte er sich an seinem Nordrand zu einem prominenten Ort für kulturelle Einrichtungen. Jüngster Baustein ist das plastisch gestaltete Sudetendeutsche Museum, das rechts der Isar in den steil abfallenden Lilienberg eingebettet wurde.
Späte Anerkennung
Die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Sudetenland geflohenen oder von der tschechoslowakischen Regierung vertriebenen Deutschen fanden vor allem in Südbayern eine neue Heimat. Weil sie oftmals aus dem Handwerk oder der kleinen Industrie kamen, gründeten sie dort ganze Ortschaften mit neuen Produktionsstätten. So trugen sie in Neu-Gablonz, in Traunreut und in Waldkraiburg zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Bayerns bei. Auch wegen dieser Leistungen wurden die Sudetendeutschen bereits in den 1950er Jahren von den Ministerpräsidenten Hans Ehard (CSU) und Wilhelm Hoegner (SPD) als „vierter Stamm Bayerns“ anerkannt. Deshalb lag es nahe, das Sudetendeutsche Museum in München zu errichten – allerdings dauerte es Jahrzehnte, bis es schlussendlich eröffnet werden konnte. Davor war das einstige „Glasscherbenviertel“ Au schon zu einem Kulturort von nationaler Bedeutung geworden: durch das Haus des Deutschen Ostens, durch das Sudetendeutsche Haus sowie das städtische Kulturzentrum Gasteig, bis heute die größte Kultureinrichtung in ganz Europa. Das Sudetendeutsche Museum als Abschluss des Ensembles präsentiert sich unter einem versöhnlichen Wort von Václav Havel:

pmp Architekten, Sudetendeutsches Museum in München © Florian Holzherr
Nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat.
Das Museum entstammt einem 2014 ausgelobten Wettbewerb. Es verblüfft, wie hellsichtig das Preisgericht die Qualitäten des Siegerprojekts der Münchner pmp Architekten erkannt hat. Es lobt am Entwurf von Johannes Probst „das bescheidene und sich angenehm zurückhaltende Konzept mit dem subtilen Aufnehmen der Dachkanten und Traufhöhen“. Es betont den wirkungsvollen Auftritt und den städtebaulichen Maßstab: „Dieser eigenständige Ansatz nutzt vorteilhaft die Topgrafie des Areals und erschließt und öffnet sich ganz selbstverständlich in den Außenraum.“ Schließlich wird der Museumsrundgang durch die polygonal geformten Ausstellungsräume sehr positiv gewürdigt
Genius loci
Das Urteil der Jury bestätigt der fertige Bau auf einem vergleichsweise kleinen Grundstück mit einem zehn Meter tief abfallenden Hang. Probst hat auf die schwierige Situation in zweifacher Hinsicht geantwortet, jeweils im Sinne des Genius loci.
Architektonisch bestand die Aufgabe darin, der Suche nach Heimat eine Hülle zu geben, das Museum als Ort der Identität zu definieren - zur Verfügung stand dafür aber nur ein sehr kleines Baufenster an einem relativ heterogenen Standort.

Fels am Isarhang: Fünf Geschosse mit vertikalem Aussichts-Schlitz aus Glas. © Florian Holzherr
Zum einen nimmt er an der Hochstraße die Höhenlinie des Sudetendeutschen Hauses auf, steigert sie aber nach Süden hin durch einen skulptural gestalteten Kopfbau. Auch auf der Hangseite macht er aus der Not eine Tugend: Der mit fünf Geschossen im Hang sitzende Steinkörper umschließt einen verglasten vertikalen Schlitz, der auf allen Ebenen reizvolle Ausblicke bis in die weitere Stadtlandschaft gestattet.

Im Museumscafé reicht das Vorplatz-Pflaster bis ins Haus hinein. © Florian Holzherr
Sehr weise war seine Entscheidung, den Baukörper nicht in Sichtbeton auszuführen. Probst wählte für die Fassaden wie für die Dachfläche einen hellen Kalkstein, der an den Außenwänden händisch bearbeitet wurde und dadurch ...