17. Internationale Architekturbiennale

We Like – Der Österreich-Pavillon

Kaum ein Beitrag passt besser zum Biennale-Thema „How Will We Live Together?“ und zur aktuellen gesellschaftlichen Situation als der österreichische. Denn er thematisiert konsequent die Transformation unserer realen Welt durch die Digitalisierung. Und die lebenswichtige Frage, wer diesen Prozess kontrolliert. Architekten sind es nicht.


 

Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer thematisieren die Stadt als baulich-architektonischer Ausdruck der umfassenden Digitalisierung. Dieser Zusammenhang leuchtet ein, da ja real gebaute Strukturen zunehmend mit virtuellen Plattformen verschmelzen. Im Österreich-Pavillon geht es daher auch um den Zugang zu digitalen Leistungen, die wir alltäglich brauchen, und um dessen Kontrolle. Die Kuratoren bringen das auf die griffige Formel „Access Is The New Capital“. Etwa beim Eintritt in öffentliche Veranstaltungen mittels digitaler Tickets. Oder – etwas komplexer – bei der digitalen Steuerung von Verkehrsflüssen oder sogar jener des eigenen „Smart Home“ aus der Cloud.

Wer kann, wer darf hier steuern? Zu welchen Zweck? Wer entscheidet darüber? Mit welcher Legitimation?

Zumindest zur letzten Frage deutet sich im Titel des Beitrags eine ambivalent „demokratische“ Antwort an: „We like“. Plattform-Präsenz und damit auch Dominanz im digitalen und realen öffentlichen Raum erhält das, was die meisten User „liken“. Das lässt sich praktischerweise auch unmittelbar monetarisieren: Digitalunternehmen bewirtschaften die gratis hochgeladenen Inhalte naiver Nutzer. Der kostbare „Rohstoff“ der Digitalwirtschaft, nämlich die Daten, ist durch Ausbeutung menschlicher Schwächen kostenlos zu haben. Nur das Produktionsmittel, der Algorithmus, muss bezahlt werden. Im nächsten Schritt wird der reale Städtebau zur passend eingerichteten Bühne dieser Aktivitäten transformiert. Professionelle Planer und gewählte Politiker haben kaum mehr Einfluss auf diesen Prozess. Andere als hedonistische und umsatzträchtige Zwecke urbanen Zusammenlebens geraten ins Hintertreffen. Kritisch fragen die Kuratoren: „Wir machen hier alle mit – aber ist dies tatsächlich das, was wir wollen?“

Die Installation ist asketisch und zeigt neben großformatigen Slogans, Bilder und Texte von Bloggern. © Ugo Carmeni

Der österreichische Biennale-Beitrag 2021 ging erstmals aus einem Bewerbungsverfahren hervor – seit Beginn der Internationalen Kunstbiennale 1895 waren die Kuratoren stets direkt vom zuständigen Bundesministerium ernannt worden. Eine weitere Innovation: Es wird kein einziges Bauwerk als genuine nationale Leistung der Baukultur gezeigt. Sondern meist anonyme Bau-Beispiele aus aller Welt, die keinen individualkreativen Planungsleistungen geschuldet sind und meist aus unkontrollierbaren politisch-wirtschaftlichen und digital angetriebenen Entwicklungen entstanden. Sie wurden von eingeladenen Bloggern nominiert und werden im Pavillon mit je einem Bild sowie kurzen Texten vorgestellt. Zusätzlich gibt es Videos. Die Installation in den beiden Hauptgalerien des Pavillons von Robert Kramreiter und Josef Hoffmann (1934) ist asketisch.

Auch die rückseitigen Räume mit den piktogrammartigen Verdichtungen neuer, für das digitale Zeitalter typischer Bautypen (Data Centre, Co-Living Apartment, Concentration Pod…) sowie den beiden großen Collagen mit der glitzernden Oberfläche des Plattform-Urbanismus und seiner realen Kehrseite treten extra-trocken auf. Etwas spielerischer wird es im Gartenhof des Pavillons, wo Lounge-Möbel zum Verweilen, Videoschauen und – erraten! – zum Kommentieren, Diskutieren und Online-Bloggen einladen.

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