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Ein Raumschneider außerhalb der Schwerkraft

„Ich bin ein Schneider, der Kleider macht, in denen er wohnt“, sagt der 86-jährige Hans-Walter Müller über seine Arbeit. Das aut. Architektur und tirol zeigt den charismatischen Architekten, Ingenieur, Künstler und Zauberer, der dem Bauen mit Luft fast sein ganzes Leben gewidmet hat.

Hans-Walter Müller in seiner pneumatischen Atelierblase in La Ferté-Alais, nahe Paris. © Lukas Schaller

Dass er, in Anlehnung an den Ausstellungstitel, die Schwerkraft schon verlassen hat, glaubt man dem verschmitzten Mann mit der roten Brille gern, wenn er zur Musik von Paolo Conte durch seine pneumatische Atelierblase tanzt, auf den beweglichen Podesten und Raumstrukturen herumklettert, und durch den dschungelartigen Garten streift, der Teil seiner seit 1971 in La Ferté-Alais nahe Paris erschaffenen Welt aus Pflanzen, Teichen und pneumatischen Gebilden ist. Dieses Gesamtkunstwerk ist Wohnort, Laboratorium und Werkstatt in einem, hier entwickelt der in Deutschland geborene Hans-Walter Müller seine von Luft getragenen Architekturen, die mittlerweile in der ganzen Welt zu finden sind. Zugleich bemerkt er grinsend, dass man schon ein wenig verrückt sein müsse, um 40 Jahre in einem aufblasbaren Haus zu leben.


Von Pneumatik und realen Luftschlössern


Der Film, den Lukas Schaller in diesem verzauberten Reich gedreht hat, ist ein zentrales Element der Ausstellung im Tiroler Haus der Architektur und er fängt den Witz und die Leidenschaft dieses großen alten Herrn der Luft-Architektur auf ruhige, fast elegische Weise ein. Als Filmmusik fungiert dabei Müllers den Alltag begleitende Soundauswahl und das meditative Dauerbrummen des Ventilators, der den Druck im Inneren der Pneus aufrechterhält. „Was mich fasziniert“, meint aut-Leiter Arno Ritter, „ist die Konsequenz mit der Hans-Walter Müller das Prinzip der einwandigen pneumatischen Strukturen perfektioniert hat. Er ist weit über ein utopisches Experiment hinausgegangen, und hat sich ein weltweit einmaliges technisches Knowhow erarbeitet.“ Diese Entwicklung zeigen die zwei im aut präsentierten Pneus hautnah: ein Modell aus Müllers Archiv vermittelt das Prinzip und in ein zweites eigens produziertes, über zwei Geschoße ragendes Volumen, können die Besucher – eingehüllt von Projektionen und Sound – selbst einsteigen...

„Klangstruktur mit Resonanzkugel“ auf dem Gelände von La Ferté-Alais 2019. © Hans-Walter Müller

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