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Im Zeichen des Experiments: das Birkenportal von Weimar

Ohne Zweifel, mit ihrem Entwurf für ein Erlebnisportal in Weimar ist Helga Blocksdorf ein bemerkenswertes Bauwerk gelungen. Dieses steht ganz im Zeichen eines baulichen Experiments, das durch seine besondere räumlich-materielle Präsenz weniger den Kontrast zu seiner Umgebung sucht, sondern dessen konstruktive Neuaneignung.

Die Fassade des Portalgebäudes aus natürlich gebogenen Borkenscheiben wurde vollflächig verlegt und durch eine vertikale Lattung fixiert. © Simon Menges

Ausgangspunkt für den temporären Portalbau sind die Torbögen des Architekten Clemens Wenzeslaus Coudray an den Holzställen des Roten Schlosses in Weimar. Diese bilden einen essenziellen typologischen Bezug für das Gebäude, welches unmittelbar auf der Coudray’schen Mauer aufsetzt und diese in einer Breite von 16 m überragt. Ein weiterer historischer Anknüpfungspunkt ergibt sich durch das mit Baumrinde verschalte „Borkenhäuschen“, das Johann Wolfgang von Goethe 1778 im unmittelbar angrenzenden Ilmpark errichten ließ. Dieses war ursprünglich als Bühnenarrangement gedacht und bietet einen weiteren, nunmehr konstruktiven Bezug zum lokalen baukulturellen Erbe. Und, in der Tat: Während das Pultdach des Erlebnisportals herkömmlich in Blech eingedeckt ist, besteht die komplette Fassade, ganz wie sein historisches Vorbild, aus natürlich gebogenen Birkenrinden. Diese wurden vollflächig verlegt und mittels vertikaler Lattung fixiert. Die 225 m2 große Fassadenfläche wirkt dadurch einerseits bildhaft moduliert, während sich andererseits bei genauerer Betrachtung ein natürliches, fast schon archaisches Erscheinungsbild abzeichnet. Das aus 16 bis 18 cm starken Massivholzelementen bestehende Gebäude ist für eine ganzjährige Nutzung ausgelegt und soll bis zu fünf Jahre am Standort verbleiben. Danach kann es verhältnismäßig einfach demontiert und wiederverwendet werden.


Konstruktiver Metabolismus


Im Inneren befindet sich ein rund 78 m2 großer Ausstellungsraum. Dieser wird von der eingeschobenen Aussichtplattform effektvoll durchdrungen und kann flexibel genutzt werden. Die Erschließung der Plattform erfolgt über eine große Freitreppe und eröffnet den Blick auf bisweilen unbekannte Sehenswürdigkeiten. So wird klar, dass es sich beim Portalgebäude um weitaus mehr als um ein „gewöhnliches“ Ausstellungsgebäude handelt...

Die weitläufige Treppe ins Obergeschoß „durchstößt“ den Innenraum im Erdgeschoß und stellt so einen räumlichen Bezug her. © Simon Menges

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