Interview: Susanne Ramel
Marge Arkitekter haben in Zusammenarbeit mit Foster + Partners kürzlich den Wettbewerb für die Umgestaltung des Areals um den Hauptbahnhofs in Stockholm gewonnen. Mit Susanne Ramel, einer der Gründungspartnerinnen, sprachen wir über die Pläne für den neuen Centralstaden (redevelopment of Stockholm Central Station) und über aktuelle Tendenzen in der schwedischen Architektur:
Wie würden Sie die heutige Architekturlandschaft Schwedens beschreiben und wohin wird sie sich Ihrer Meinung nach in Zukunft entwickeln?
Die schwedische Herangehensweise an die Architektur ist heute sehr vorsichtig und überlegt, vielleicht sogar ein wenig zurückhaltend, aber man könnte zumindest sagen, dass sie nicht kühn ist. Das liegt vor allem an der Frage „Was ist Architektur?“ oder vielmehr „Was ist gute Architektur?“, die derzeit an ihrem Wert für die Gesellschaft gemessen wird, zum Beispiel daran, ob sie angenehme Orte in der Stadt schafft oder die Umgebung ergänzt, indem sie sich in das Straßenbild einfügt. Doch es ist auch ein klassischer Ansatz, was die Proportionen angeht. In einigen Fällen wird sogar darüber diskutiert, mit einem klassischen Designansatz zur Ästhetik vergangener Zeiten zurückzukehren. Diese Tendenz ist auch beim "Kasper-Salin-Preis", Schwedens wichtigstem Architekturpreis, zu beobachten, der letztes Jahr Projekte der eher zurückhaltenden Art auszeichnete. Auch bei unserem Siegerprojekt "Centralstaden" für den neuen Stockholmer Hauptbahnhof geht es um eine behutsame Einbeziehung des Kontextes und nicht darum, etwas revolutionär Anderes zu schaffen - man kann also deutlich eine Tendenz zu bescheidenen und durchdachten Ansätzen in der schwedischen Architekturlandschaft erkennen. Das ist natürlich sowohl gut als auch schlecht, da es auf der einen Seite ein durchdachtes Design hervorbringt, auf der anderen Seite aber keine revolutionäre oder expressive Architektur zu fördern scheint. In Anbetracht des Einflusses, den der Klimawandel auf unsere Umwelt und damit auch auf unsere Architektur hat, sehe ich gute Chancen, dass die zukünftige Architekturlandschaft wieder mutiger und sogar experimenteller wird, da diese neue und nachhaltige Art des Bauens einen anderen Umgang mit Materialien erfordert.
Wo sehen Sie Marge Arkitekter im schwedischen Architekturdiskurs?
Es ist für uns sehr wichtig, anpassungsfähig zu arbeiten, aber innerhalb der aktuellen Zeit und im Kontext zum Maßstab oder dem Straßenbild. Wir suchen nach einem Mittelweg zwischen einem durchdachten und gleichzeitig ausdrucksstarken Ansatz und versuchen, programmatische Standards herauszufordern. Als Büro sind wir hauptsächlich in Stockholm, aber auch in anderen Teilen Schwedens tätig und verfolgen mit unseren Projekten immer eine soziale Agenda...