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Wiener Mainstream – Alltags- und Frauengerechtes Planen und Bauen

Eva Kail ist Raumplanerin und in der Baudirektion der Stadt Wien für gendergerechtes Planen und Bauen zuständig. Durch ihr Engagement seit den frühen 1990ern hat Kail das Gender Mainstreaming in der Städteplanung maßgeblich mitgeprägt und gilt deshalb als Vorreiterinnen in diesem Gebiet.

Eva Kail, Stadtbaudirektion der Leitstelle Alltags- und Frauengerechtes Planen und Bauen. © Jana Madzigon

Auf der Webseite der Stadt Wien steht, dass alle „Wohnbauvorhaben, die öffentliche Gelder beanspruchen wollen, auf die Anforderung des frauen- und alltagsgerechten Wohnens begutachtet“ werden. Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Die Stadt Wien hat 2013 ein Handbuch für "Gendermainstreaming in der Stadtplanung und Stadtentwicklung" publiziert. Diese Arbeitshilfe enthält die von der Stadt entwickelten Methoden, Bedarfsprofile und Qualitätskriterien für unterschiedliche NutzerInnengruppen und Planungsmaßstäbe. Die Inhalte basieren vor allem auf den gesammelten Erfahrungen einer Vielzahl an realisierten Pilotprozessen und Pilotprojekten in Wien. Die Entwicklung der Kriterien und die Umsetzung der ersten Projekte im Wohnbaubereich orientierte sich an Vorarbeiten wie die Qualitätskriterien der deutschen „Feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen“ – kurz FOPA – in den 80er Jahren. Seit des ersten Wiener Pilotprojektes, der Frauen-Werk-Stadt und der Erarbeitung einer Liste an Qualitätskriterien werden in Wien Projekte, die um Wohnbauförderung eingereicht werden, für die Beratung im sogenannten Grundstücksbeirat des Wohnfonds Wien vorgeprüft. Wir sprechen da von Kriterien wie Größe, Lage, Zuschnitt und Ausstattung von Gemeinschaftsräumen, Nebenräumen und Freiflächen, ob Eingangssituationen eine soziale Kontrolle ermöglichen oder wieviel Wohnungen von einem Hauseingang erschlossen werden. Auch die Wohnungsgrundrisse werden geprüft, wieweit sie auf unterschiedliche BewohnerInnen Bedürfnisse und die Erfordernisse von Care Arbeit eingehen. Im Grundstücksbeirat selbst wird dann jedes Projekt nach dem Vier Säulen Modell auf Grundlage von vier großen Themenbereichen (Ökonomie, Soziale Nachhaltigkeit, Architektur und Ökologie) bewertet.

Viele der Forderungen, Kriterien und Erkenntnisse der feministischen Planung von vor 30 Jahren sind heute Selbstverständlichkeit in der Stadtentwicklung.

Eva Kail

Welche Maßnahmen werden gesetzt, wenn ein Vorhaben nicht den geforderten Kriterien entspricht?

In welchem Maß ein Projekt den Anforderungen in der jeweiligen Säule entspricht wird mittels eines Punktesystems festgehalten. Es liegt an der Jury abzuwägen, ob die Anforderungen in allen vier Säulen ausreichend erfüllt werden. Ist dies nicht der Fall, kann ein Projekt mit konkreten Auflagen zur Wiedervorlage aufgefordert werden. Teilweise ist auch eine komplette Neukonzeption des Projektes erforderlich. Wenn sich die Kritik dann auf die Nichterfüllung der Gender Qualitätskriterien bezieht, hat das sicherlich auch zum Mainstreaming gendergerechter Planung beigetragen...

Wohnbauprojekt Wolfganggasse, Wien, mit Fokus auf Alleinerziehende. © Visualisierung: OLN, Architektur: Architekten Tillner & Willinger

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