Ein Nachruf zum Tod von Wilhelm Holzbauer am 15. Juni 2019

Wilhelm, der Erbauer

Wilhelm Holzbauer bei der Präsentation seines Entwurfs für das Rathaus von Amsterdam

Wilhelm Holzbauer, Jahrgang 1930, Mitglied der legendären Arbeitsgruppe 4, der Architektengruppe U-Bahn, Kopf des sehr produktiven Büros Holzbauer & Partner, Rektor und Professor an der Universtität für Angewandte Kunst, hat österreichische Baugeschichte gemacht. Zu seinen Werken zählten unter anderem die Parscher Pfarrkirche Zum Kostbaren Blut (1953-56), das bahnrechende Design für die Wiener U-Bahnen, das Bildungshaut St. Virgil in Salzburg (1976), die Wohnhausanlage Wohnen morgen in Wien, Rathaus und Oper in Amsterdam, Wohnungen im Wiener Gasometer D, sowie die Gestaltung der vier neuen Säle für den Wiener Musikverein. Am 15. Juni starb Wilhelm Holzbauer in Wien. Ein Nachruf unserer Autorin Isabella Marboe aus der Furche.

Wilhelm Holzbauer und Cees Dam mit dem Modell von Rathaus und Oper in Amsterdam (1981) Photo: Hans van Dijk/Anefo

Mit neun wollte er Baumeister werden, als Architekt machte er österreichische Baugeschichte. Musik und guten Whisky liebte er. Am 15. Juni starb Wilhelm Holzbauer. Über 500 Bauten realisierte sein Büro. Mit Friedrich Achleitner, Friedrich Kurrent und Otto Leitner besuchte er die Höhere Bundesgewerbeschule in Salzburg, später an der Wiener Akademie der Bildenden Künste die Meisterklasse Clemens Holzmeister. 1950 gründeten Holzbauer, Kurrent, Leitner und Spalt die legendäre Arbeitsgruppe 4. Schon der Erstling ein Wurf: Holzmeister vermittelte ihnen den Entwurf einer Kapelle in einem Bauernhof. Sie beließen das niedere, alte Gewölbe mit seinen mächtigen Pfeilern als Andachtsraum und schufen mit einem Glockenturm über einer gläsernen Satteldachhälfte einen atmosphärischen Raum über der Altarinsel: 1953-56 nahm diese Kirche in Salzburg Parsch das 2. Vatikanum vorweg. Auch die mit Johann Gsteu im Systembau aus Sichtbeton gebaute Kirche Steyr-Ennsleiten war absolut Avantgarde. 1956 schiffte sich Holzbauer als Fullbright-Stipendiat am renommierten Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) in Boston an Bord der „Andrea Doria“ ein, die vor New York sank: dramatischer Auftakt seiner Zeit in Amerika, die in Briefen an Freund Achleitner dokumentiert ist. Nachzulesen im Buch „myself in bosdn“. 1964 gründete er das eigene Büro, das ein enormes Arbeitspensum umsetzte. Darunter das Bildungshaus St. Virgil und die Naturwissenschaftliche Fakultät in Salzburg, die Anlage „Wohnen Morgen“ in Wien, die vier neuen Säle für den Wiener Musikverein und die Gestaltung der Wiener U-Bahn mit der Arbeitsgruppe U-Bahn (Marschalek, Holzbauer, Ladstätter, Gantar). Von 1977 bis 1998 war Holzbauer Professor an der Hochschule für Angewandte Kunst, von 1987 – 91 ihr Rektor. „Er war ein exzellenter Lehrer“, erinnert sich Hannes Traupmann, sein Schüler und Assistent, der mit Christoph Pichler das erfolgreiche Büro pxt führt. „Er vermittelte uns nachhaltig, wie wichtig eine tragende Idee ist – und dass man sie mit tollen Zeichnungen kommunizieren muss.“ Berüchtigt die Schlusskorrekturen, rauschend die Feste. Holzbauer war großzügig: Auf einer Exkursion nach Amsterdam, wo er Oper und Rathaus baute, übernachteten alle Studenten in seinem schmalen Grachtenhaus. Plündern der Weinkeller inklusive.

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