München

Wohnhochhaus von Sep Ruf wird Siebzig

Wohnhochhaus Theresien-/Ecke Türkenstraße, 1950/51 © Josef Grillmeier

Vom 7. bis 15 April 1951 konnten in dem von Sep Ruf geplanten Wohnhochhaus an der Ecke zwischen Theresien- und Türkenstraße Musterwohnungen mit Einrichtung besichtigt werden. Die Münchner Bürgerinnen und Bürger standen damals Schlange.


 

Vergleicht man das Gebäude mit dem massenhaft geplanten sozialen Wohnungsbau in Zeilenform, sowie der eher konservativen Münchner Nachkriegsarchitektur setzte der Architekt mit seinem Sep Ruf Haus ein markantes Zeichen und damit auf eine völlig neue Wohnform. Der Architekturkritiker Hans Eckstein schrieb zur Eröffnung: „Das achtgeschossige Wohnhochhaus, das der Architekt Sep Ruf für den Verein zur Behebung der Wohnungsnot e.V. Nürnberg an der Theresienstraße errichtete, hat für das so stark von konservativem Lokalgeist beherrschte Planen und Bauen in München größte Bedeutung. Es ist der erste vollendete Neubau in - von Befangenheiten in historischen Reminiszenzen - völlig freien Formen.“

Die schmale, von der Grundstücksgrenze zurückgesetzte Wohnscheibe mit Läden im Erdgeschoss und 42 nach Süden orientierten Wohnungen blieb mit acht Geschossen knapp unter der Hochhausgrenze. 

Das Thema Wohnhochhaus ist heute wie damals brisant, brandaktuell und hochexplosiv. Trotz der kleinen Grundfläche von fünfzig bis siebzig Quadratmetern wirken die Wohnungen aufgrund der verglasten Südseite, den schlanken Fenstertüren und den durchlaufenden Balkonplatten großzügig, hell und luftig. Die raumhohen Fensterelemente ohne Sturz, Brüstung oder Schwelle, die zum Charakter von Sep Rufs Architektur beitragen sind Zeichen eines - wie Ruf erklärte - „sozialen Wollens“. Durch „den geöffneten Raum, der mit der Natur in Verbindung steht“, wird auch im sozialen Wohnungsbau „das Menschenwürdige“ architektonisch vermittelt.  

Theresienstraße Neue Revue

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Die Sep Ruf Gesellschaft gibt anlässlich des Jubiläums eine Dokumentation mit Zeichnungen und Fotografien sowie Stimmen der Bewohner heraus. Architekt Dietrich Fink, Vorstandsmitglied der Sep Ruf Gesellschaft und Inhaber des Lehrstuhls für städtische Architektur an der Münchner TU, regte vor kurzem an das Haus „aus der zweiten Reihe“ zu holen und den Vorbereich vom „Abstandsgrün“ zu befreien. Diesen Vorschlag unterstützt auch ein weiteres Kuratoriumsmitglied der Gesellschaft, der ehemalige Leiter des Architekturmuseums Winfried Nerdinger. Die Umgestaltung des Vorplatzes würde dem ursprünglichen Städtebau entsprechen, zusätzlich einen attraktiven neuen Raum im Münchner Museumsareal generieren und nicht zuletzt der im Erdgeschoss befindlichen Eisdiele noch mehr Zulauf ermöglichen. Sogar die sich davor bildende Schlange entspräche damit wieder dem Bild von April 1951.

Sep Ruf, Wohnhochhaus Theresien-/Ecke Türkenstraße 1950/51

Sep Ruf, Wohnhochhaus Theresien-/Ecke Türkenstraße 1950/51

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